Karriere-Turbo Mittelstand

Die absolute Mehrzahl junger Akademiker zieht es nach dem Uniabschluss in die Grosskonzerne. Die High Potentials erwarten sich davon spannende Aufgaben, hervorragende Karrierechancen inklusive internationaler Mobilität, einen attraktiven und zumeist urbanen Standort und selbstverständlich auch ein wettbewerbsfähiges Gehalt.

Viele von ihnen stellen einige Jahre später fest, dass ihr Karrieretraum im mittleren Management versandet ist und dass sie es zumindest in absehbarer Zeit nicht in die Chefetage schaffen werden. Hervorragende Alternativen hierzu bieten oft die „Hidden Champions“ des Mittelstands. Die Entscheidung für ein mittelständisches Unternehmen als Arbeitgeber kann trotz des eventuell nötigen Umzugs in die Provinz zum Karriere-Turbo werden.

Qualifizierte und engagierte Berufsanfänger können in vielen mittelständischen Unternehmen damit rechnen, auf flache Hierarchien, grossen Freiraum bei der Arbeit und vor allem auf exzellente Entwicklungsmöglichkeiten zu treffen. Was sich bei vielen Absolventen ebenfalls noch nicht herumgesprochen hat: Viele Mittelständler besetzen mit ihren Produkten attraktive Nischen und sind damit oft sogar Weltmarktführer – was unter anderem für Raum für Kreativität sowie für die Innovationskraft dieser Unternehmen spricht.

Berufseinstieg im Mittelstand – ein hervorragendes Karrieresprungbrett

Neueinsteiger können in den Firmen ihre Expertise voll entfalten und erweitern. Eigene Entscheidungsspielräume erhalten sie oft von Anfang an, Führungsverantwortung spätestens nach bestandener Probezeit. Einem Aufstieg in die Geschäftsleitung im Zeitraum von zehn Jahren steht oft nichts entgegen – der gleiche Mitarbeiter kann sich in einem Konzern darüber freuen, wenn er im Verlauf eines Jahrzehnts zum Abteilungsleiter aufgestiegen ist.

Timo Kracht, Geschäftsführer von „Kienbaum Executive Consultants“ und in der renommierten Personalberatung Experte für den Mittelstand, fasst zusammen, dass ein solcher Einstiegs-Job sehr gut als persönliches Karrieresprungbrett dienen kann – und zwar nicht nur im Unternehmen selbst, sondern auch bei externen Arbeitgebern. Auch grosse Firmen wissen inzwischen um das personelle Kapital der Mittelständler. Während letztere noch vor einigen Jahren versuchten, Führungskräfte aus Konzernen abzuwerben, geht es heute oft um das exakte Gegenteil: Konzerne suchen bei Mittelständlern gezielt nach jüngeren Führungskräften, die eigenverantwortlich handeln können und – in Krachts Formulierung – nicht „matrixverdorben“ sind.


MIttelständische Unternehmen bieten beste Karrierechancen – oft sind sie auch global aufgestellt. (Bild: goldencow-images – Fotolia.com)


Generell gilt: Der Mittelstand präsentiert sich heute als der eigentliche Motor der wirtschaftlichen Entwicklung, wächst dynamisch und ist zudem weniger verkrustet als die klassische Konzernwelt. Viele Unternehmen sind zudem gross genug, dass sie ihren Mitarbeitern auch zeitgemässe Managementmethoden sowie internationale oder sogar globale Perspektiven bieten können. Hochschulabsolventen erwartet beim Berufsstart in deutschen mittelständischen Unternehmen zwar ein um rund zehn Prozent geringeres Einstiegsgehalt als bei einem Grosskonzern – durch die oft deutlich schnelleren Beförderungsroutinen verkehrt sich dieses scheinbare Manko jedoch meist schon nach wenigen Jahren in sein Gegenteil.

Im Arbeitsalltag kommen viele weitere Vorteile zum Tragen: Frühe Verantwortung und kurze Entscheidungswege, überschaubare Strukturen und ein kollegiales Arbeitsklima. In einer Studie von Kienbaum und dem Ruhrunternehmen Haniel aus dem Jahr 2010 erteilten die 300 befragten Studenten der Wirtschaftswissenschaften dem Mittelstand respektive Familienunternehmen als potenziellem Arbeitgeber durchaus hervorragende Noten: 60 Prozent von ihnen konnten sich vorstellen, dass die Arbeit in einem mittelständischen Betrieb attraktiver ist als in einem Grosskonzern. Allerdings: Die Sache mit dem Mittelstand hat auch einen Haken – nicht jeder Absolvent erfüllt die Erwartungen der Unternehmen.

Andere Anforderungsprofile als Konzerne – Flexibilität und Risikofreude sind gefragt

Die Anforderungsprofile von Mittelständlern an erfolgreiche Bewerber weichen oft stark von den Vorstellungen der Konzerne ab. Der ideale Bewerber für den Mittelstand ist risikofreudig und traut sich selber etwas zu. Er verfügt über hohe Flexibilität, die ihm erlaubt, verschiedene Aufgaben im Unternehmen zu erfüllen – nicht alle Mittelständler leisten sich eine stark differenzierte Struktur von Fachabteilungen, bei neuen Anforderungen stehen oft gerade die Nachwuchskräfte im Fokus.

Kommunikationsfähigkeit und emotionale Intelligenz sind ebenso gefragt. In mittelständischen Unternehmen werden auch Berufseinsteiger oft sehr bald vor dem Firmeninhaber präsentieren oder eine eigene Abteilung führen. Im Tagesgeschäft muss eine Führungskraft im Mittelstand in der Lage sein, mit einem Grosskunden aus der Industrie ebenso auf Augenhöhe zu kommunizieren wie mit den Arbeitern in der heimischen Produktionsanlage. Und: Viele Eigentümer mittelständischer Unternehmen verlassen sich bei Business-Entscheidungen gern weniger auf „gesicherte Daten“ als auf ihr Bauchgefühl – ihr Management hat diese Vorgaben dann sowohl auf strategischer als auch auf operativer Ebene zu realisieren.

Aktives Employer Branding und Familienfreundlichkeit

Im Gegenzug tun viele Mittelständler heute viel dafür, sich als attraktive Arbeitgeber respektive Employer-Marke zu positionieren. Der demografische Wandel zwingt sie schon heute dazu stärker als die Grosskonzerne. Individuelle Entwicklungspläne mit internationalen Stationen und persönlichen Mentoren aus der Führungsebene sind in vielen Firmen heute Standard. In Bezug auf persönliche Karriereaussichten liegen viele Mittelständler heute gleichauf mit den Konzernen, im Hinblick auf die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen, besetzen sie oft sogar die bessere Position. Personalberater Thiemo Kracht findet, dass es in den grossen Unternehmen zu viele „Klassensprecher“ gibt, die in Meetings und Gremien geschickt agieren, ihre Karriere-Optionen systembedingt jedoch vorwiegend darauf gründen. Im Mittelstand zählten dagegen in deutlich höherem Masse persönliche Fähigkeiten, Tatkraft sowie Eigeninitiative.

Ein weiteres Plus besteht darin, dass Mittelständler oft weniger auf Spezialisten als auf Allrounder setzen. Hiervon und von den flachen Hierarchien können auch karriereorientierte Frauen profitieren, die hier – in den Worten einer mittelständischen Einkaufsleiterin auf internationaler Position – ihre „multidimensionalen“ Fähigkeiten oft wesentlich besser zu Geltung bringen können. Oft bieten die Unternehmen ihnen zusätzlich ein dezidiert familienfreundliches Arbeitsumfeld an. Standorte in der Provinz können zudem gerade für Familien durch kurze Wege, genügend Kinderbetreuungsmöglichkeiten und funktionierende Strukturen eine attraktive Option für die Kombination von Arbeit und Privatem sein.

 

Oberstes Bild: © Kirill Kedrinski – Fotolia.com

jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-22').gslider({groupid:22,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});