Korruption in Unternehmen – auch in der Schweiz ein Thema

Korruption assoziieren wir gemeinhin vor allem mit Ländern in der „Dritten Welt“ und nur ganz am Rande mit dem öffentlichen und privaten Sektor in der Schweiz. Allerdings kann Korruption vor allem bei Auslandsgeschäften auch für Schweizer Firmen zu einem relevanten Thema werden.

Im jährlichen Korruptionsindex der NGO „Transparency International“ erhält die Schweiz regelmässig gute Noten. Im Ranking der am wenigsten korrupten Länder belegte sie im vergangenen Jahr Platz 6, noch besser schnitten lediglich Dänemark, Neuseeland sowie mit Finnland, Schweden und Norwegen drei weitere skandinavische Länder ab.

Im öffentlichen Sektor sind in der Schweiz nach übereinstimmender Meinung des Bundes und internationaler Organisationen wenig bis keine Korruptionsrisiken gegeben. Anders sieht es zum Teil in den Unternehmen aus. Problematisch wird es immer dann, wenn sie sich in Ländern engagieren, in denen korrupte Praktiken mehr oder weniger stark zum Tagesgeschäft gehören.

Das Schweizer Korruptionsstrafrecht – strikt und wirkungsvoll

Das strikte Korruptionsstrafrecht der Schweiz hat sich im internationalen Vergleich als äusserst wirkungsvoll erwiesen. Bestätigt wird dies regelmässig nicht nur durch Schweizer Stellen, sondern auch durch internationale Organisationen wie den Europarat, die OECD sowie die UNO. Umfragen zeigen zwar, dass auch in der Eidgenossenschaft Schmiergeldzahlungen nicht völlig ausgeschlossen sind – die Akteure finden sich jedoch vor allem in privaten Unternehmen und nur sehr selten im politischen Bereich, in den Medien oder bei Behörden.


Grundlage dieses Rankings ist der sogenannte Korruptionswahrnehmungsindex (CPI). (Quelle: Statista.de)

Ihre Antikorruptionsgesetzgebung hat die Schweiz vor allem seit der Jahrtausendwende ausgebaut. Im Jahr 2000 stellte der Gesetzgeber die Bestechung sowie Bestechungsversuche ausländischer Amtsträger unter Strafe. Die Schweiz setzte damit die OECD-Konvention zur Auslandsbestechung um, die 1999 erlassen wurde. In den Jahren 2003 und 2006 folgten zwei weitere Revisionen, die vor allem für Unternehmen Änderungen brachten. Im ersten Schritt wurde eine erweiterte Haftung deklariert, so dass nicht nur korrupte Angestellte, sondern auch die Firmen selbst mit einem Strafverfahren rechnen müssen, wenn Bestechungsfälle aktenkundig werden. Seit 2006 können die Unternehmen auch zur Verantwortung gezogen werden, wenn ein Mitarbeiter eine Privatperson besticht.

Gleichzeitig wurden strafrechtliche Unterschiede im Hinblick auf Beamtenbestechung in der Schweiz oder im Ausland aufgehoben. Ausnahmen gelten jedoch weiterhin in Bezug auf die sogenannte „Vorteilsgewährung“. Diese ist immer dann gegeben, wenn jemand einen Beamten mit einem Geschenk – in der Regel Geld – bedenkt, um sich das Wohlwollen des Amtsträgers zu sichern oder eine behördliche Handlung zu beschleunigen, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Im Inland greift bei solchen „Facility Payments“ heute ebenfalls das Strafrecht, im Ausland sind sie weiterhin erlaubt.

Korruption kann auch in anderen Auslandsgeschäften Folgen haben

Daneben müssen Schweizer Unternehmen damit rechnen, dass sie durch Korruption auch in den USA und Grossbritannien in rechtliche Schwierigkeiten geraten. So ist die FCPA (Foreign Corrupt Practices Act) ein seit 1977 gültiges US-Bundesgesetz, dessen Anwendung im Prinzip zwar auf das Territorium der USA und an den dortigen Börsen notierte Unternehmen beschränkt ist – in der Praxis ist der Territorialbezug nach US-amerikanischem Recht jedoch grosszügig auslegbar. Da alle US-Dollar-Transfers über das US-amerikanische Zentralbanksystem abgewickelt werden, könnte für eine Anklage in den USA theoretisch reichen, dass Bestechungsgelder aus der Schweiz in ein beliebiges anderes Land in US-Dollar geflossen sind. Die Bribery Act aus dem Jahr 2010 räumt der britischen Justiz einen ähnlich grossen Spielraum ein, spielt jedoch im Vergleich zur FCPA bisher eine geringere Rolle.


Schweizer Unternehmen müssen damit rechnen, dass sie durch Korruption auch in den USA in rechtliche Schwierigkeiten geraten können. (Bild: © Maryna Pleshkun – shutterstock.com)

Compliance in Unternehmen – vor allem Überzeugungsarbeit

Generell gilt, dass unternehmensinterne Massnahmen gegen Korruption nur dann tatsächlich greifen, wenn die Firmenleitung entsprechende Praktiken grundsätzlich nicht toleriert. In grösseren Unternehmen sorgen sogenannte Compliance Officers dafür, dass die gesetzlichen Vorschriften gegen Korruption sowie diverse wettbewerbsrechtliche Vorschriften eingehalten werden. Eine leichte Aufgabe ist dies in vielen Fällen nicht, am wichtigsten – und am schwierigsten – ist die Überzeugungsarbeit, die sie in den Unternehmen leisten müssen. Letztlich geht es darum, Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen davon zu überzeugen, dass Compliance und die entsprechenden Kontrollen wichtig sind, um die Reputation und damit auch den geschäftlichen Erfolg der Firma nachhaltig zu sichern.

„Naturalvergütungen“ sind ein klassisches Szenario

Offizielle Anklagen gegen Unternehmen wegen „Privatbestechungen“ seitens ihrer Mitarbeiter spielen in der Schweiz so gut wie keine Rolle. Allerdings dürfte die Dunkelziffer erheblich grösser sein. Natürlich sind die Firmenleitungen daran interessiert, solche Probleme intern und unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu lösen. Die staatlichen Ermittlungsbehörden werden nur dann eingeschaltet, wenn es gar nicht anders geht. Zur Aufdeckung solcher Fälle werden stattdessen oft Unternehmensberater engagiert.

Eine klassische Konstellation in diesem Bereich ist beispielsweise, dass der Chefeinkäufer eines Unternehmens sich eine Auftragsvergabe durch „Naturalvergütungen“ honorieren lässt. Der Preis dafür besteht dann vielleicht in handwerklichen Dienstleistungen oder einem neuen privaten Swimmingpool. Rechtlich wird diese Praxis einerseits als unlauterer Wettbewerb gewertet, auch den Unternehmen selbst dürften daraus jedoch finanzielle Nachteile entstehen, da der Aufwand für die „Naturalvergütung“ sehr wahrscheinlich auch in der Offerte des Lieferanten verrechnet wird.

In anderen Fällen wurden als zusätzliche Gegenleistung für eine Auftragsvergabe Sponsorenbeiträge an Sportclubs und andere Einrichtungen gefordert, in denen der jeweilige Einkäufer eine wichtige Rolle spielte. Aus Sicht der Unternehmensberatungen kommen solche Praktiken oft nur ans Licht, wenn einer der Beteiligten sein Schweigen bricht. Nach geltendem Schweizer Recht dürfen der Firmenpatron respektive die Geschäftsleitung entscheiden, ob sie den Bestechungsfall zur Anzeige bringen oder mit internen Sanktionen reagieren. Die involvierten Mitarbeiter können in der Regel damit rechnen, dass ihnen eine Abfindungszahlung die Kündigung versüsst.


Offizielle Anklagen gegen Unternehmen wegen „Privatbestechungen“ seitens ihrer Mitarbeiter spielen in der Schweiz so gut wie keine Rolle. (Bild: © igor.stevanovic – shutterstock.com)

Ein grosses Problem: Korruptionsorientierte Geschäftskulturen anderer Länder

In vielen Ländern treffen Schweizer Unternehmen allerdings auf eine Geschäftskultur, in der vor allem bei Behörden ohne Schmiergeld – respektive „Erleichterungszahlungen“ – gar nichts geht. Das Problem fängt bei den Zollformalitäten für die Importe Schweizer Firmen an und setzt sich bei der Vergabe von Lizenzen und anderen Genehmigungen fort. Strafbar sind solche „Präsente“ an ausländische Amtspersonen auch nach Schweizer Recht, das Gleiche gilt für illegale „Provisionen“, die an Privatpersonen fliessen. Viele Unternehmen finden sich hier in einem echten Dilemma wieder – nicht selten ist Korruption der Preis dafür, um überhaupt den Fuss in einen solchen Markt zu setzen.

Kleinere Firmen, die als Zulieferer für internationale Grosskonzerne tätig sind, müssen oft Vereinbarungen zu ethischen Geschäftspraktiken unterzeichnen, die Schmiergeldzahlungen ausdrücklich und auch ausserhalb der konkreten Geschäftsbeziehungen mit diesem Kunden untersagen. Bei Verstössen verlieren die betreffenden Unternehmen nicht nur einen Auftraggeber, sondern kommen oft auf eine schwarze Liste, die ihnen den Zugang zur Konzernwelt künftig unmöglich macht. Die Vorgaben solcher „Codes of Supplier Conduct“ sind oft strikter als die Schweizer Rechtsvorschriften. Beispielsweise kann schon eine minimale Zahlung an einen ausländischen Beamten, die diesen vielleicht motivieren soll, ein Dokument zu stempeln, zu Sanktionen führen – im Schweizer Recht wäre dieser Vorgang tolerabel, solange keine eidgenössischen Beamten involviert sind.

Druck der Grosskonzerne zu ethischen Geschäften

Das „Basel Institute of Governance“ – ein auf Compliance-Fragen spezialisiertes Beratungsunternehmen – rät seinen Kunden aus solchen Gründen, aber auch der Kollisionsgefahr mit dem jeweiligen nationalen Recht von der Zahlung von Bestechungsgeldern grundsätzlich ab. Vor allem für kleine Unternehmen kann es allerdings schwierig sein, entsprechende Praktiken sofort zu stoppen.



Das Institut begleitet seine Klienten daher bei der schrittweisen Etablierung von Prozessen, die Korruption unmöglich machen – inklusive der Analyse der Gründe, die zu fragwürdigen Zahlungen führen, der Sensibilisierung der Mitarbeiter sowie der Entwicklung entsprechender Kommunikationsstrategien gegenüber den Empfängern von Bestechungsgeldern. Dass kleinere Betriebe sich hier in die Pflicht genommen sehen, ist nicht nur der Gesetzeslage, sondern auch dem Druck der Grosskunden geschuldet, die ihre eigene Reputation auch vor den Folgen „unsauberer“ Geschäftspraktiken ihrer Partner schützen wollen und angesichts der „Macht der Öffentlichkeit“ auch schützen müssen.

 

Oberstes Bild: © alexandrum01 – shutterstock.com

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