Persönlichkeitstests im Internet - top oder Flop?

Bei der Berufswahl oder der Karriereplanung spielen Persönlichkeitstests häufig eine Rolle. Im Internet kursieren zahlreiche Tests zu unterschiedlichen Themen: Hier können Teilnehmer nicht nur prüfen, ob sie ein guter Kollege sind, sondern auch ihre emotionale Intelligenz checken. Doch sind die Tests wirklich aussagekräftig und was sollten Testkandidaten bei der Auswahl des richtigen Tests beachten?

Gerade im Hinblick auf einen Jobwechsel oder den Einstieg ins Berufsleben wollen viele Menschen eine Einschätzung ihrer Eigenschaften und Fähigkeiten vornehmen. In der Regel bekommen die Teilnehmer im Internet bereits nach wenigen Mausklicks ein Ergebnis. Einer Untersuchung der Stiftung Warentest zufolge liegen hier die grössten Mängel der Tests, denn die Darstellung der Ergebnisse ist oft sehr schwammig und wenig aussagekräftig. Zudem basieren viele Tests nicht auf wissenschaftlichen Konzepten und haben keine fundierte Grundlage.

Als wissenschaftliche Grundlage für Persönlichkeitstest dienen in der Regel die sogenannten „Big Five-Eigenschaften“:

  • Extraversion: Die Suche nach Geselligkeit und Kontakten
  • Offenheit für neue Erfahrungen: Beschäftigung mit neuen Themen
  • Verträglichkeit: Pflege der Beziehungen zu anderen
  • Gewissenhaftigkeit: Verhalten und Disziplin
  • Neurotizismus: Anfälligkeit für Negatives

Einige Forscher bemängeln inzwischen den Ansatz, dass der Mensch in seiner Persönlichkeit grundsätzlich stabil sei. Wer sich gerade in einer schlechten Stimmung befindet, erhält nach Ansicht der Psychologen ein anderes Ergebnis, als würde der Test bei guter Laune durchgeführt. Einem Bericht des „Tagesspiegel“ zufolge erforscht der Psychologe Jan Querengässer an der Universität Konstanz den Einfluss von bestimmten Stimmungen auf Persönlichkeitstests. Ein Test mit 100 Probanden ergab, dass die Teilnehmer mit trauriger Stimmung schlechter bei den Persönlichkeitstests abschnitten.

Schlechtere Testergebnisse bei trauriger Stimmung

Gerade im Hinblick auf Tests in Assessment Centern ist dieses Ergebnis relevant: So werden einem Teilnehmer mit einer hohen Anfälligkeit für Negatives eventuell Eigenschaften wie Unsicherheit oder Labilität zugeschrieben, obwohl er während der Testdurchführung vielleicht einfach nur wegen eines bestimmten Ereignisses in trauriger Stimmung war. Grundsätzlich ist daher fraglich, ob die durchgeführten Tests tatsächlich die Persönlichkeit des Menschen darstellen.

Doch um einen Einblick in die eigene Persönlichkeit zu wagen, sind Tests im Internet keine schlechte Wahl: Wer sich Gedanken um seinen weiteren beruflichen Werdegang macht, kann mit einem Test zunächst einmal eine Einschätzung seiner Potentiale vornehmen. Im Netz gibt es zahlreiche Angebote für kostenlose Persönlichkeitstests. Für eine erste grobe Einordnung können die Tests im Netz durchaus sinnvoll sein. Zudem können Sie den Teilnehmer zum Nachdenken über bestimmte Verhaltensweisen anregen. Gibt der Persönlichkeitstest an, dass der Teilnehmer durchaus Führungspotential besitzt, könnte er über Weiterbildungen oder ein Management-Training nachdenken – der erste Schritt ist also getan!


Im Internet gibt es zahlreiche Persönlichkeitstests, doch nicht alle Ergebnisse taugen etwas. (Bild: Mikko Lemola / Shutterstock.com)
Im Internet gibt es zahlreiche Persönlichkeitstests, doch nicht alle Ergebnisse taugen etwas. (Bild: Mikko Lemola / Shutterstock.com)


Die Warentester raten, den Test vor Durchführung etwas genauer unter die Lupe zu nehmen:

  • Werden alle Abläufe beschrieben und wird die Testkandidat über alle Abläufe informiert?
  • Basiert der Test auf einem wissenschaftlichen Modell? Als Standard dienen in der Regel die Big Five. Mit dem Myers-Briggs-Indicator MBTI und dem RIASEC gibt es zwei weitere anerkannte Modelle.
  • Gibt es Angaben über die Dauer des Tests und wird der Teilnehmer laufend über seinen Fortschritt informiert?
  • Sind Fragen und Anweisungen verständlich formuliert?
  • Wie ist die technische Bedienbarkeit der Webseite?
  • Wie wird die Auswertung präsentiert?
  • Die Präsentation der Ergebnisse

Das Ergebnis sieht der Teilnehmer in der Regel erst am Ende des Tests. Bei kostenpflichtigen Tests erhält der Testkandidat die Auswertung erst nach Zahlung der Kosten. Seitens der Experten gab es bei der Ergebnisdarstellung einige Kritikpunkte: Häufig sind die Aussagen über die Persönlichkeit sehr allgemein gehalten und die Ergebnisse werden nicht verständlich genug präsentiert. Bei einigen Tests fielen die Auswertungen sehr knapp aus. Anbieter, die Nachfragen zu den Testergebnissen gestatten, liegen in diesem Bereich vorn. Basiert der Test auf dem Modell der Big Five, sollten in der Auswertung zu jeder Eigenschaft greifbare Ergebnisse für den Teilnehmer enthalten sein.

Viele Anbieter ermöglichen nach Abschluss des Tests einen Vergleich zu anderen Teilnehmern: Auf diese Weise hat der Testkandidat die Möglichkeit, sein Ergebnis einzuordnen – der Vergleich zu bekannten Persönlichkeiten, wie einige Tests bieten, ist zwar nett zu lesen, aber wenig hilfreich. Wem hilft es bei der persönlichen Einschätzung weiter, dass er die gleichen positiven Eigenschaften wie Tom Cruise besitzt?

Weitere Karriereplanung nur mit einem Profi

Mit der Interpretation des Testergebnisses bleibt der Teilnehmer in der Regel allein: Experten raten dazu, den Test lediglich für eine erste Selbsteinschätzung zu nutzen. Wer sich beruflich verändern will und seine Zukunft auf die Ergebnisse des Persönlichkeitstests stützt, sollte unbedingt mit einem professionellen Karriereberater zusammenarbeiten. Ein guter Coach hat zahlreiche weitere Möglichkeiten, dem Teilnehmer „auf den Zahn zu fühlen“ und seine positiven und negativen Eigenschaften zu bestimmen.

Fazit: Wer die Tests im Internet durchführt, sollte sich unbedingt genug Zeit nehmen und die Fragen ehrlich beantworten- nur dann gibt es ein transparentes Ergebnis, das wirklich den Eigenschaften des Kandidaten entspricht. Wichtig ist ein solide wissenschaftliche Grundlage des Tests, zudem sollte ein nachvollziehbares Konzept erkennbar sein. Als Basis für die weitere Karriereplanung können die Tests durchaus hilfreich sein. Für eine weitergehende Beratung sollte unbedingt ein Profi hinzugezogen werden.

 

Oberstes Bild: © Syda Productions – Shutterstock.com

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Mehr zu Andrea Hauser

Aus meinem langjährigen Hobby, dem Schreiben, ist im Jahr 2010 ein echter Job geworden - seitdem arbeite ich als selbständige Texterin. Davor war ich als gelernte Bankkauffrau im klassischen Kreditgeschäft einer Hypothekenbank tätig. Immobilien und Baufinanzierungen zählen noch immer zu meinen Steckenpferden. Angetrieben durch die Lust, Neues zu entdecken, arbeite ich mich gern in unbekannte Themengebiete ein und lasse mich schnell begeistern.

Aus meinem langjährigen Hobby, dem Schreiben, ist im Jahr 2010 ein echter Job geworden - seitdem arbeite ich als selbständige Texterin. Davor war ich als gelernte Bankkauffrau im klassischen Kreditgeschäft einer Hypothekenbank tätig. Immobilien und Baufinanzierungen zählen noch immer zu meinen Steckenpferden. Angetrieben durch die Lust, Neues zu entdecken, arbeite ich mich gern in unbekannte Themengebiete ein und lasse mich schnell begeistern.

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