Linkaufbau oder Content Marketing? Paradigmenwechsel in der SEO-Welt

Die SEO (Search Engine Optimization)-Branche war viele Jahre lang ein Wachstumszweig der Internetwirtschaft. Zu ihrem Kerngeschäft gehörte vor allem der Aufbau von Backlinks.

Im vergangenen Jahr baute der Hype um das Content Marketing jedoch einen nicht unerheblichen Druck auf, diesen klassischen Aufgabenbereich immer mehr durch die Erstellung von hochwertigen Inhalten und Branding zu ersetzen. Doch kann SEO das überhaupt leisten? Der SEO-Experte Olaf Kopp, geschäftsführender Gesellschafter der Aufgesang Inbound Online Marketing GbR und Gründer von SEM Deutschland, hat sich in einem hervorragenden Artikel der Frage gewidmet. Seine Gedanken, zusammengefasst – auf den Punkt gebracht.

Die SEO-Landschaft hat sich in den letzten zwei Jahren massiv verändert. Massgeblich daran beteiligt war Google mit Updates seiner Suchmaschinenalgorithmen. Auf einmal hing das Ranking in den Suchergebnissen nicht mehr nur von – oftmals künstlich aufgebauten – Backlinks ab, sondern vielmehr von „organischen“ Vernetzungen. Auch die Bedeutung hochwertiger Inhalte hat deutlich zugenommen.

Viele SEO-Firmen sehen sich dadurch in ihrer Existenz bedroht. Man muss dazu wissen, dass sich SEO-Massnahmen grundsätzlich in Onpage- und Offpage-Optimierungen gliedern. Unter Onpage-Optimierungen versteht man beispielsweise die Erhöhung der Keyworddichte, das Setzen von Keywords in Relation zueinander oder der bestimmter Überschriften-Formatierungen in Texte. Offpage hingegen ist alles, was eben ausserhalb der eigenen Seite stattfindet: im Grunde genommen der Aufbau von Links auf anderen Webseiten auf die eigene, sogenannte Backlinks. Während der Onpage-Bereich nach wie vor Zukunft haben wird, steht es um den Offpage-Bereich aus oben genannten Gründen schlecht bestellt – Tendenz sinkend.

SEOs zu Content-Marketern umtaufen?

Die Frage ist, ob SEOs und SEO-Agenturen nun komplett umsatteln müssen – auf Content Marketing, versteht sich. Oder, um noch weiter zu gehen: hat SEO überhaupt noch eine Zukunft, oder wird es bald nur noch webtechnisch geschulte Marketer und PR-Profis geben?

Nicht wenige Autoren sehen SEOs im Zeitalter der „semantischen Suche“ in der Pflicht, ihren Leistungskatalog um einige Punkte zu erweitern. David Amerland etwa fordert in seinem Buch „Google Semantic Search “, dass SEO-Tätigkeiten künftig auch

  • das Erstellen ausführlicher Inhalte erstellen, die alles innerhalb des Unternehmens in sinnstiftender Weise verbinden,
  • die Leitung der Konversationen in den Sozialen Medien innerhalb der Grenzen des eigenen Unternehmens und der eigenen Marken sowie
  • die Nutzung  von Profilen in Sozialen Netzwerken, um auf Inhalte zu verweisen, die Mehrwert bieten,

umfassen sollen.

Konkret nennt Amerland folgende Messparameter für das „New SEO“:

  • Qualitativ hochwertige Inhalte, die Nutzern Merhwerte bieten
  • Websites, die eine exzellente Nutzererfahrung hinsichtlich Inhalt und Navigierbarkeit bieten
  • Reputation mit monetären Werten messbar machen
  • Den Bedarf und Wert von Vertrauen verstehen

Im Grunde genommen sollen SEOs also bei Nutzern Vertrauen (Trust) in die eigene Marke wecken, das Ansehen (Reputation) des Unternehmens steigern und auch dessen fachliche Autorität (Authority) wahrnehmbar machen. Schön und gut – doch hier liegt eine klare Überforderung der Branche in der Luft. Ausserdem stellt sich die Frage, wenn SEOs all diese Kompetenzen abdecken, wozu dann noch PR- und Marketing-Leute einstellen?


„Altes“ und „neues“ SEO im Vergleich – Klick auf das Bild zeigt die ganze Infografik an. (Quelle: marketingblog.com)


Onpage-SEO: Nach wie vor gefragt

Die Antwort lautet ganz einfach, um es mit einem alten Sprichwort zu sagen: „Schuster, bleib bei deinen Leisten!“ SEOs sollten weiterhin das tun, was sie am besten können, nämlich Suchmaschinenoptimierung. In Bezug auf textuelle Inhalte ist dies nach wie vor wichtig und gefragt. Olaf Kopp hat auf sem-deutschland.de eine umfangreiche Auflistung von Tätigkeiten zusammengetragen, die von SEOs immer noch am besten erledigt werden können:

  • Indexierungssteuerung und -Management
  • Keyword-Recherchen und -Analysen für die Themen-Identifikation
  • Themen-Mapping zur Erstellung und Optimierung der Navigations- und Informationsstruktur
  • Monitoring und Beseitigung von 404-Fehlern und Duplicate-Content
  • Optimierung der Seitenladezeiten
  • Optimierung von Seitentiteln und Descriptions
  • Optimierung der Inhalte mit Hilfe von strukturierten Daten durch Formatierung gemäss zum Beispiel schema.org
  • Optimierung der internen Verlinkung
  • Zuordnung der dem Unternehmen zugehörigen Google+-Profile
  • Anlage und Optimierung von Google-Unternehmensseiten und Google+-Local-Seiten
  • Eintragung der Website in relevante Branchenkataloge
  • Monitoring von Suchmaschinen-Traffic, Suchmaschinen-Umsatz,  Rankings und Sichtbarkeit
  • Backlinkprofil-Analysen der eigenen Website(s) und die der Wettbewerber für Themenideen
  • Optimierung für unterschiedliche Enderäte
  • Content-Optimierung
  • Analyse des Nutzerverhaltens

Offpage-Optimierung: so gut wie tot

Diese radikale These vertritt Kopp in seinem Artikel in Ausgabe 45 des Suchradar. „Nach meiner Meinung neigt sich die Ära Linkaufbau dem Ende zu. Warum? Ich bin der Meinung, dass das Thema Linkaufbau oder besser Online-Reputations-Optimierung eine Kernkompetenz von PR und Unternehmenskommunikation, weniger von SEO ist.“ Einen wesentlichen Grund dafür sieht er in der wachsenden Bedeutung von Google+, die stark mit Googles Bemühen um eine immer humanoidere Internetsuche einhergeht.

Will Reynolds von Seer Interactive behauptete in seiner Keynote auf der SMX2013 sogar, dass das Internet SEOs hasse. Er begründete dies mit der Flut von Spam-Links, die der Backlink-Aufbau aus der Retorte nach sich zog – zum Unmut vieler Forenbetreiber und Webmaster. Sie alle spürten, dass hier etwas ziemlich schief lief. Das Internet soll nämlich für die Menschen da sein, nicht für maschinelle Algorithmen, und schon gar nicht für Seitenbetreiber, die bei Google mit schlechten Webpages gut rankten, weil sie eine Menge Backlinks aufgebaut hatten.

Fazit: SEO-Agenturen müssen umdenken – oder sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren

Wer im SEO-Geschäft aktiv ist, hat nun die Wahl: entweder im Kernbereich Onpage-Optimierung bleiben und weiterhin das „SEO“ im Namen tragen, oder auf den Content Marketing-Zug aufspringen und das Geschäftsmodell ändern. Denn in Sachen Inhaltskonzeption und Unternehmenskommunikation haben die traditionellen „Offline“-Fachleute einen enormen Wissensvorsprung. Wer hier als SEO Erfolg haben will, muss zunächst einmal demütig anerkennen, dass er wenig weiss – und langsam, aber sicher die eigenen Firmenschwerpunkte anpassen. Mit halbgarem Wissen in eine Welt einzutauchen, die man durch die falsche Brille, nämlich die der technischen Analytik, sieht, könnte fatal sein.

 

Oberstes Bild: © Ivelin Radkov – Fotolia.com

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