Wenn das "Experiment" Frauenvorstand schiefgeht

Frauen im Vorstand oder in ähnlichen Führungspositionen – warum nicht? Wir haben bereits in früheren Artikeln erläutert, dass das problemlos funktionieren kann. Aber nicht immer kann dieser Kurs gehalten werden, wie ein aktuelles Ereignis aus der deutschen Continental AG zeigt, welches als Beispiel für die Probleme der Frauen in der Führungsetage angesehen werden kann.

Alles muss anders werden?

Elke Strathmann, 56 Jahre alt, war und ist eine der führenden Managerinnen in Deutschland, wenn es um die Automobilbranche geht. Traditionell ist dieser Bereich international eine Männerdomäne, Frauen sind in den Technikbranchen selten anzutreffen. Strathmann wollte das ändern: Ihr Ziel als Personalchefin von Continental war es nach eigenen Aussagen, mehr Frauen für dieses Unternehmen und ähnliche Konzerne zu begeistern. Die Unternehmenskultur sollte davon langfristig profitieren. Allerdings lief nicht alles so glatt, wie es sich Strathmann in ihren Vorstellungen ausgemalt hatte.

So schlug sie laut Angaben des Konzerns einen „eigenwilligen Kurs“ ein, der im Vorstand nicht immer auf Akzeptanz stiess. Die Quittung bekam sie jetzt: Zwei Jahre nach Amtsantritt wird sie von Ariane Reinhart, Personalchefin bei Bentley, ersetzt. Ihre letzte grosse Bühne, die Continental-Hauptversammlung mitsamt Frage-und-Antwort-Stunde zum Wechsel an der Spitze des Konzerns, hatte Strathmann ausgelassen. Sie war freiwillig nicht erschienen. Antworten auf die drängenden Fragen bekamen die anwesenden Gäste des Events dennoch zu hören.

Der Kulturwandel in Unternehmen

Dabei waren die Motive der bisherigen Leiterin durchaus edel: Ein Kulturwandel sollte bei Continental stattfinden; Strathmann hatte dazu im Blick, die weibliche Perspektive im Unternehmen verbessern zu wollen. Es ist auch erst acht Wochen her, dass sie der deutschen Zeitung „Tagesspiegel“ ein Interview gab. Darin befand Strathmann selbst, dass das Unternehmen sich auf einem guten Weg befinde, die Unternehmenskultur nachhaltig zu ändern. Werte wie Gewinnermentalität, Freiheit und Macht – Eigenschaften, die eher Männer ansprechen würden –, sollten durch Vertrauen oder auch Verbundenheit – traditionelle „Frauenwerte“ – erweitert werden.

Dabei dürfte es vor allem die Art und Weise, wie sie diesen Kurswechsel durchsetzen wollte, gewesen sein, welche dem Rest des Vorstands sauer aufstiess. Eine Präsenzpflicht im Büro lehnte Strathmann beispielsweise ab: Ein familienfreundlicherer Konzern sollte entstehen, das Geld allein sei kein Anreiz mehr für junge Fachkräfte. Die Kultur des Unternehmens und die Freiheiten, welche es den Mitarbeitern gewährt, seien von deutlich grösserem Interesse für neue Facharbeiter bei Continental.

Ob das stimmt oder nicht, sei dahingestellt. Klar ist aber, dass daraus Reibereien mit dem Rest des Vorstands resultierten.

Warum es nicht funktioniert hat

Gründe für den Wechsel gibt es viele. Unter anderem soll Strathmann einfach nicht „auf ganzer Linie“ überzeugt haben. Ihr eigenwilliger Führungsstil liess sie bei den anderen Managern ausserdem immer wieder anecken. Angeblich habe sie eine Art Planwirtschaft angestrebt, welche in einem dezentral organisierten Unternehmen, wie es die Continental AG ist, keinen Platz habe. Aber: Streit – oder ein „Hauen und Stechen“, wie es aus dem Mund eines Top-Managers heisst – habe es nicht gegeben. Auch sagte der Chef des Aufsichtsrats, Wolfgang Reitzle, dass die Entscheidung niemandem leichtgefallen sei. Es habe nur „einfach nicht mehr gereicht“.

Mit Ariane Reinhart gibt es nun also die nächste Chefin im Vorstand der Continental AG. In Europa ist das aber noch immer eine Seltenheit: Gerade einmal 6 % der Führungskräfte sind weiblich, in den Technikbranchen fällt der Wert noch geringer aus. Eine deutliche Bewegung – nach oben oder unten – sei derzeit nicht zu erkennen, was auch die Länder mit einer bereits etablierten Frauenquote einschliesst. Es scheint also nicht der richtige Weg zu sein, mit Zwangsverordnungen die Frauen mit Macht in den Vorstand zu drücken.


Licht am Ende des Tunnels. (Bild: Knorre / Shutterstock.com)
Licht am Ende des Tunnels. (Bild: Knorre / Shutterstock.com)


Licht am Ende des Tunnels

Komplett düster sieht die Zukunft aber nicht aus: Allein die Diskussion um Frauen in Führungspositionen in zahlreichen Ländern Europas habe bereits dazu geführt, dass zumindest ein Problembewusstsein bei den meisten Menschen geweckt wurde, lässt Elke Holst – Direktorin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsordnung – verlauten. Auch sie sieht die Frauenquote aber nicht als Allheilmittel an. Diese sei nur einer von vielen Wegen, aber schnelle Fortschritte seien dadurch nicht zu erwarten. Stattdessen vertraut auch Holst – wie Strathmann – auf einen Wechsel in der gesamten Unternehmenskultur.

Unter anderem begründet Holst diesen Umstand damit, dass Frauen einfach ein sehr dickes Fell benötigen würden, um sich in den Top-Positionen in Unternehmen jeglicher Art halten zu können. Gleichzeitig sieht sie jedoch, dass die Akzeptanz für Frauen in Führungspositionen steige und gemischte Teams langsam bessere Resultate erzielen würden als reine Männer-Vorstände. Dennoch bleibe die Umsetzung all dieser Vorteile noch zu weit hinter den Ansprüchen beider Seiten zurück. Es liegt in Zukunft also an Frauen wie Elke Strathmann, sich für einen Kulturwandel in Unternehmen weiterhin stark zu machen – denn sonst wird sich an der derzeitigen, stagnierenden Lage nichts ändern.

 

Oberstes Bild: © Frauenvorstand – Shutterstock.com

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