Wie BMW vormacht, was Mercedes gerne erreichen würde

Fährt BMW dem Konkurrenten Mercedes-Benz davon? An den Autos beider Unternehmen lässt sich qualitativ sicherlich nicht viel aussetzen, aber dennoch hat Mercedes langfristig vielleicht ein Problem – trotz guter Zahlen und Erfolgsmeldungen. Warum das so ist und ob der Konzern dagegen etwas plant, zeigt der Artikel.

Glänzende Zahlen – oder?

Daimler-Chef Dieter Zetsche drückte es so aus: Man habe „Appetit auf mehr“. Die ersten Zahlen, die er jetzt nach der Neuausrichtung der Strategie inklusive zahlreicher Alleinstellungsmerkmale präsentierte, waren tatsächlich gelungen: Es wurden so viele Autos verkauft wie nie zuvor, ausserdem wurde die Dividende mehr als nur messbar erhöht. Der Aktienkurs des Unternehmens stieg in der Folge und sogar in der Formel 1 läuft es wieder wie am Schnürchen – alles gut im Land des Silbersterns?

Nein, zumindest nicht hundertprozentig. Im Vergleich zu BMW, dem neben Audi einzigen ernst zu nehmenden Konkurrenten in der Premiumklasse der Automobile, zeigt sich vor allem, dass Mercedes zwar etwas vom Bau hochklassiger Fahrzeuge versteht. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass BMW das auch kann – bei höheren Gewinnen und einer vergleichbaren Qualität. Das ist verwunderlich und Anlass genug, die Zahlen der beiden Konkurrenten zu vergleichen.

Wie BMW aus wenig viel macht

Durchschnittlich kostet ein Auto von Mercedes-Benz 49’000 Franken, wobei es sich natürlich um den Neupreis handelt. BMW hingegen verkauft seine Fahrzeuge für 43’000 Franken – ein deutlicher Unterschied. BMW verkauft sehr viele seiner Wagen in der unteren Klasse. Vom 1er, 3er oder auch dem relativ jungen Mini werden zahlreiche Modelle an den Mann und die Frau gebracht, der noch recht frische M5 verkauft sich ebenfalls gut. Im Oberklassesegment hat aber Mercedes die Nase vorn: Die S-Klasse verkauft sich besser als je zuvor und hat ausschliesslich gutbetuchte Käufer im Visier.

Eigentlich sollte das Anlass zur Freude geben. Ein altes Sprichwort in der Automobilbranche lautet: grosses Auto, grosser Gewinn. Insgesamt müsste Mercedes also trotz der geringeren Verkäufe im niedrigen Preissegment höhere Profite einfahren (im wahrsten Sinne des Wortes) als BMW. Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass das nicht der Fall ist: Mercedes erzielt „nur“ eine Rendite von 6,2 %, der Konkurrent aus Bayern bringt es auf 9,4 %. Natürlich sind Gewinne immer gut, und von einer solchen Rendite können andere Unternehmen nur träumen. Merkwürdig ist es aber dennoch – und die Lösung des Rätsels ist in den Kosten zu finden.

Hohe Kosten als Bremsklotz für Mercedes

Mercedes stellt vornehmlich ebenso hochpreisige wie hochklassige Autos her. Der eigene Werbeslogan lautet nicht umsonst: „Das Beste oder nichts“. Die neue C-Klasse beispielsweise sollte leichter werden, um damit Benzin zu sparen. Das hätte sowohl den Verbrauch gesenkt als auch die Herstellung des Fahrzeugs vereinfacht. Aber: Allein die Karosserie besteht aus Aluminium, kohlefaserverstärkten Kunststoffen und Stahl. Die Produktion dieser Materialien allein ist teuer genug, zusammen mit dem Einbau neuer Technologien wurde die C-Klasse im Schnitt für 1200 Franken mehr hergestellt als ursprünglich vorgesehen. Pro verkauftem Auto sank die Rendite dadurch auf nur noch 4 %.

Zwar kommt diese hohe Materialgüte und Qualität letztendlich dem Kunden zugute, doch auf Dauer wird BMW seinem Konkurrenten wahrlich davonfahren. Ein zu starker Fokus auf die Kundschaft der Oberklasse wird über kurz oder lang dazu führen, dass nicht nur BMW Mercedes überholen kann. Dies war kein Mercedes-exklusives Problem, nur reagierte BMW deutlich schneller – indem man sich externe Berater ins Haus holte. Eine Strategie, welche auch Mercedes überdenken sollte.


Gegen die Kostenexplosion. (Bild: Svinkin / Shutterstock.com)


Gegen die Kostenexplosion

BMW-Chef Norbert Reithofer holte Berater des renommierten Unternehmens McKinsey nach München. Als Grund reichte die Meldung einiger Bereiche aus, dass die Kostenvorgaben nicht eingehalten werden konnten. Konzernintern gilt das Ordern externer Berater praktisch als Höchststrafe: Sie haben versagt, also stellen wir Ihnen „Problemlöser“ zur Seite. Und die „Strafe“ wirkte, denn die Kosten wurden umgehend auf ein akzeptables Niveau gesenkt. Danach sorgten einige weitere Feinheiten dafür, dass BMW profitabler arbeiten konnte als Mercedes, darunter etwa ein besseres Baukastensystem für die verschiedenen Automodelle, um nicht zu viele Einzelelemente herstellen zu müssen.

Ob Mercedes daher das selbst gesteckte Ziel erreichen kann, dürfte fraglich sein: Bis 2020 möchte man mehr Autos als BMW und auch Audi verkaufen. Beide platzieren sich derzeit vor Mercedes. BMW verkaufte letztes Jahr 1,9 Millionen Fahrzeuge, Mercedes brachte es „nur“ auf 1,5 Millionen Einheiten. 2013 konnte BMW sogar 4000 Autos mehr verkaufen als Mercedes. Ob sich daran langfristig etwas ändern wird, bleibt abzuwarten.

Jammern auf hohem Niveau?

Selbstverständlich könnte all die Kritik überzogen wirken: Höherer Absatz und Gewinn, Mercedes erzielt Rekordwerte – all das ist einen Glückwunsch wert. Angesichts der vielleicht etwas zu hochnäsig gesteckten Ziele muss sich der Autokonzern diese Kritik jedoch gefallen lassen. Die führende Premiummarke ist Mercedes nach wie vor nicht – und das wird sie auch in diesem Jahr nicht werden. Aber bis 2020 ist ja auch noch etwas Zeit …

 

 

Oberstes Bild: © sippakorn / Shutterstock.com

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