Schweizerisches Abgabensystem: Das sind die zehn grössten Vorteile

Nach dem Beitrag „Die zehn gravierendsten Nachteile des Schweizerischen Abgabensystems“ ist es wohl angebracht, die Vorteile des Schweizerischen Abgabensystems in den Blick zu nehmen.

Hier sind die 10 grössten Vorteile.

1. Tiefe Mehrwertsteuer

Die Schweizerische Mehrwertsteuer mit dem Normalsatz von 7.7% ist im Vergleich zum Ausland und der EU mit Sätzen über 20% sehr tief. Die Mehrwertsteuer gehört zu den indirekten Steuern. Als Konsumsteuer ist sie für alle gleich und berechnet sich ohne individuelle Bemessung. Für einen Arbeitnehmer, der den Medianlohn von CHF 6‘502 pro Monat verdient, ist eine Steuer von 7.7% auf dem Konsum für Waren und Dienstleistungen somit sehr viel höher, als für einen Besserverdienenden mit wesentlich höherem Lohn. Aufgrund der tiefen Mehrwertsteuersätze und der hohen Steuersätze bei den direkten Steuern auf Einkommen und Vermögen besteht eine sehr hohe Steuergerechtigkeit. Im Vergleich sind die hohen EU-Mehrwertsteuern eine Konsumbürde, welche die tieferen Einkommen sehr viel mehr belastet, als dies in der Schweiz der Fall ist.

Höhere indirekte Steuern gibt es für Energie. Beim Benzin sind rund 50% des Literpreises öffentliche Abgaben. Die Stromrechnung im Kanton Basel-Stadt ist mit Abgaben von 50% belastet.

2. Hohe Progression

Wir haben eine sehr hohe Progression bei den Einkommens- und Vermögenssteuern. Sehr viele Steuerpflichtige mit tiefen Einkommen zahlen keine oder kaum Einkommenssteuer, während Besserverdienende mit Steuersätzen von bis zu 50% belastet sind (mehr dazu hier). Was für die Gutverdienenden mit hohen Steuersätzen ein Nachteil ist, ist für das soziale Steuersystem ein Vorteil. Etwa 20% der Steuerpflichtigen zahlen 80% des gesamten Steuersubstrates. Damit haben wir in der Schweiz ein extrem soziales Steuersystem. Im Vergleich zu anderen Ländern gehört das Schweizerische Abgabensystem zu den sozialsten der Welt.

3. Umfassendes Steuersystem

Besteuert werden Einkommen, Vermögen, Gewinn, Kapital, Wertschriften, Versicherungen, Gewinnausschüttungen, Immobiliengewinne, Immobilien, Schenkungen, Erbschaften, Glaube (aber nicht alle Religionen), Motorfahrzeuge, Hunde, Alkohol, Bier, Wein, Tabak, Energie, Benzin, Mineralöl, Handänderung von Immobilien, Feuerwehrersatzabgaben, Militärpflichtersatz, Zölle, Lotteriegewinne, Kurtaxe, Tourismusabgaben, Spielkarten und noch weitere.

Im Steuersystem ist nichts ausgenommen und es ist lückenlos. Es gibt keine Möglichkeit, Einkommen oder Mehrwerte zu schaffen, welche von der Besteuerung ausgenommen sind.

Die Gerüchte, wonach Präsident Trump und andere Grossverdiener in den USA mit Steuersätzen von    10 – 15% Mehrwerte schaffen konnten, während normale Arbeitnehmer auch dort 30 – 40% zahlen, sind in der Schweiz unvorstellbar. Besserverdiener zahlen bis zu 50% Steuern und Lücken gibt es nicht.

4. Steuerrulings

Die Steuerverwaltungen sind offen für Steuerrulings und der Steuerpflichtige kann bei aufwändigen oder komplizierten zukünftigen Sachverhalten die Steuerfolgen mit der Steuerverwaltung „rulen“. Das führt zu erheblicher Rechtssicherheit. Als Steuerberater mit 30-jähriger Berufserfahrung wertet der Autor diese Möglichkeit als eines der wertvollsten Steuervorteile des Schweizerischen Steuersystems. Wenige andere Länder bieten diese Möglichkeit an. Die USA bieten ebenfalls Steuerrulings an, aber erst beginnend mit USD 50‘000 Gebühren. In der Schweiz sind die Steuerrulings (noch) kostenfrei! Andere Länder lassen steuerliche Vorbescheide gar nicht zu.

5. Berufliche Vorsorge

Einlagen in die Berufliche Vorsorge können vom Einkommen abgezogen werden und die Vermögen in der beruflichen Vorsorge bilden kein steuerbares Vermögen. Auszahlungen aus der beruflichen Vorsorge sind steuerbar und sie geniessen einen reduzierten Steuersatz, werden sie als Kapitalauszahlungen bezogen.

Bei internationalen Vergleichen über das Vermögen pro Einwohner rangiert die Schweiz regelmässig weit oben. Dies liegt an den erheblichen Vermögen angespart in der zweiten Säule.

Die steuerlichen Anreize zum Sparen sind sehr positiv und führen dazu, dass ein hoher Anteil der Bevölkerung seinen Lebensabend eigenverantwortlich mit gespartem Vermögen bezahlen kann.

6. Steuerprüfungen

Steuerrevisionen oder Steuerprüfungen halten sich in der Schweiz im Rahmen. Währendem andere Länder intensive bis permanente Steuerprüfungen pflegen, sind die Schweizer Behörden zurückhaltend. Die Selbstverantwortung der Steuerpflichtigen wird hoch gehalten und die Schweizerischen Steuerpflichtigen sind in hohem Masse ordentliche Steuerbürger. Diese Grundeinstellung bei Behörden und Steuerpflichtigen sorgt für ein einvernehmliches Steuerklima.

7. Fristen

Die Steuerverwaltungen sind kulant und gewähren angemessene Fristen, welche bis zum Ende des Kalenderjahres gehen können. Andere Länder sind rigoros, was zu erheblichen Problemen führt.

In Frankreich wird von französischen Steuerberatern im ersten Halbjahr bis zu 80% der Jahresarbeit erledigt, weil die Behörden streng auf die Einhaltung der Fristen achten. Verspätetes Einreichen wird mit drakonischen Zuschlägen bestraft. Sinnvoll ist das sicher nicht.

8. Steuerzahlungen

Solange die exakte Steuerschuld nicht feststeht, existiert in der Schweiz eine grosszügige Handhabung mit Steuerzahlungen. Abzahlungspläne, Zahlungsfristen, Ratenzahlungen und vieles Weitere werden unter der Prämisse einer vernünftigen Zahlung der Steuerschulden, soweit möglich und soweit gut begründet, gewährt. Während in anderen Ländern der laufende provisorische Steuerbezug schon existenzbedrohend sein kann, gewährt man in der Schweiz dem Steuerpflichtigen angemessene Freiheit zur Erfüllung der steuerlichen Bürgerpflichten.

9. Spesen und Berufsunkosten

Auch in diesem Bereich gewährt die Steuerverwaltung ein faires Augenmass. Mit Spesenreglementen und effektiv nachgewiesenen Berufsunkosten ermöglicht die Steuerverwaltung eine Reduktion des steuerbaren Einkommens. Soweit Unkosten und Einkommen in einem angemessenen Verhältnis stehen, wird Hand zu einer einvernehmlichen Steuerbemessung geboten. Übertreibungen werden aber sanktioniert.

10. Umstrukturierungen

Die Steuerverwaltungen sind äussert kulant, was Umstrukturierungen anbelangt. Upstream oder Downstream Mergers, Absorptionsfusionen oder Abspaltungen; die Steuerverwaltung ist offen für Veränderungen, soweit betrieblich notwendig, soweit dokumentiert und soweit in den steuerlichen Rahmenbedingungen möglich. Speziell hier empfiehlt es sich, vor den Umstrukturierungen Steuerrulings einzuholen. Auf diesem Weg können Umstrukturierungen geplant und mit hoher Steuersicherheit angegangen werden.

Schlussbemerkung

Wir haben sowohl Steuervorteile und Steuernachteile, doch insgesamt ist das schweizerische Steuersystem attraktiv. Der Steuerzahler ist in anderen Staaten nicht wesentlich schlechter oder besser gestellt als in der Schweiz. Aufgrund der hohen Steuerprogression ist die Schweiz für Besserverdienende eine markante Steuerhürde. Die Schweiz wird vom Ausland, zu Unrecht, immer noch als Steuerparadies angesehen. Für die Gesamtheit der Bevölkerung ist das Steuersystem Schweiz im hohen Masse sozialgerecht, da 20% der Steuerpflichtigen 80% des Steueraufkommens abgelten. Eine Quote, welche sehr wenige Länder der Welt erreichen.

 

Quelle: artax Fide Consult, Mitglied von Morison KSi, www.artax.ch
Titelbild: PORTRAIT IMAGES ASIA BY NONWARIT – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. iur. Bernhard Madörin

Seit 2000 ist Dr. iur. Madörin Partner und langjähriges Mitglied des Verwaltungsrates der artax Fide Consult AG. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer hat er als Steuer- und Treuhandexperte die Gesamtverantwortung für die Bereiche Steuern, Recht und Unternehmungsberatung inne und kann heute auf rund 30 Jahre Berufserfahrung als Treuhänder und selbständiger Unternehmer zurückblicken.

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