Abnicker erwünscht? Wie Chefs Eigeninitiative und Querdenkertum abwürgen

Mitarbeiter, die innerlich gekündigt haben – leider keine Seltenheit in Unternehmen, wie Studien herausgefunden haben. Die Gründe dafür liegen meistens auf Seiten der direkten Vorgesetzten. Wir stellen ihnen die wichtigsten vor – und wie Sie ein motivierendes Arbeitsklima herstellen können.

Von resigniertem Personal sind weder Innovationen noch Kreativität zu erwarten. Das scheinen viele Führungskräfte in Deutschland nicht zu realisieren; in der Schweiz jedoch bewerten Arbeitnehmer die Unternehmenskultur überwiegend positiv. Ein Vergleich der beiden Länder bringt lehrreiche Aufschlüsse.

Wie erkenne ich, ob ich zum Abnicker geworden bin?

Wer innerlich resigniert hat, lehnt sich nicht mehr gegen Fehlentwicklungen im Unternehmen auf, sondern sagt zu allem Ja, was ihm kredenzt wird. Doch wie erkennt man, ob man diese Stufe bereits erreicht hat?

Das wichtigste Merkmal ist eine krasse Diskrepanz zwischen dem Reden über den Chef und dem Reden mit ihm. Wer sich in dessen Abwesenheit über den Vorgesetzten bei anderen ausheult oder über ihn lästert, ihm gegenüber aber wie ein bauchpinselnder Befehlsempfänger auftritt, erfährt eine innere Zerrissenheit zwischen eigenen Werten und denen des Unternehmens. Das bedeutet: Null Identifikation mit der Firma, null emotionale Bindung.

Woher kommen resignierte Mitarbeiter?

Schuld sind die Firmen, die ihre Mitarbeiter durch unternehmerische Unkultur zu Abnickern machen. Eigene Meinungen? Uninteressant. Individuelle Ansprachen und Förderung? Ein Fall für die Waldorfschule, nicht für die Wirtschaft.

Dieses Denken ist in Deutschlands Unternehmen offensichtlich flächendeckend. In unserem Nachbarland haben sich mehr als 60 % der Mitarbeiter innerlich von ihrer Firma verabschiedet, wie eine Untersuchung von Gallup Anfang 2013 herausbrachte. Nur 15 Prozent der Befragten deutschen Arbeitnehmer haben demnach ein hohes engagement – damit wird im Englischen die emotionale Bindung von Mitarbeitern an ihr Unternehmen sowie die daraus resultierende Einsatzbereitschaft bezeichnet.

Schlüsselfiguren in diesem Drama sind stets die direkten Vorgesetzten. Durch fehlendes Lob oder zum Teil überhaupt nicht vorhandenes Feedback sowie Nicht-Einbeziehen der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse sorgen die Chefs für eine Abstumpfung ihres Personals. Die Misere fängt oft schon bei den Einstellungsverfahren an, wo nur akademische Titel, nicht aber gewisse Softskills oder ungewöhnliche Lebensläufe zählen – Querdenker könnten am Ende noch frischen Wind in den gewohnten Alltagstrott bringen.


Motivierte Mitarbeiter wünscht sich jedes Unternehmen. Dafür muss man Menschen jedoch Mitspracherecht und Entfaltungsmöglichkeiten geben. (Bild: Nick Freund – fotolia.com)


Wer so mit seinen Mitarbeitern umgeht, erstickt Innovationen im Keim. Denn wenn Menschen permanent gegen Wände laufen oder in ihrer Persönlichkeit und Eigenart nicht wahrgenommen werden, schalten sie auf Resignation. Sie ziehen sich zurück, scheuen jede Konfrontation mit dem Vorgesetzten. Damit geht diesem eine wichtige Quelle für Rückmeldungen und Einschätzungen verloren. Die Folge sind Fehlentwicklungen im Unternehmen sowie fehlende Innovationskraft. Denn Innovationen leben davon, dass laut gedacht, diskutiert und auch verworfen werden kann..

Die Schweiz als Vorbild

Ganz anders sieht es in der Schweiz aus. Obwohl viele Parallelen zu deutschen Tugenden bestehen, darunter Fleiss, Präzision und Innovationskraft, schneiden die beiden Nachbarn in Sachen engagement so unterschiedlich ab wie nur möglich. Die Schweiz sticht seit Jahren bei der Zufriedenheit der Arbeitnehmer hervor. Laut einer Towers Watson-Studie von 2010 sehen sich 76 Prozent der Schweizer Befragten emotional stark oder sehr stark an ihr Unternehmen gebunden – einer der besten Werte im Europa-Vergleich.

Bei der Frage der emotionalen Bindung geht es nicht um Fragen der Sympathie oder Sentimentalität, sondern, wie es der englische Begriff engagement gut ausdrückt, um den Einsatz der Mitarbeiter. Nur wer emotional eine Verbindung zum Unternehmen hat, kann auch Höchstleistungen bringen. Das haben Schweizer Unternehmen offenbar realisiert: Gemäss der Towers Watson-Studie haben Schweizer Arbeitnehmer eine weit überdurchschnittliche Autonomie bei der Gestaltung ihrer Arbeit sowie hohe Partizipationsmöglichkeiten. Sie verfügen zudem über sehr gute Weiterbildungsmöglichkeiten. Am wichtigsten jedoch erscheint, dass sehr viele den Umgang der Führungsetage mit Mitarbeitern als respekt- und vertrauensvoll bezeichnen.

Einzelmassnahmen kreieren noch keine Unternehmenskultur

Als ob sie es spüren würden, dass Menschen doch keine androiden Roboter sind, investieren manche Unternehmen aus einem vagen schlechten Gewissen heraus in Einzel-Gimmicks für ihre Mitarbeiter. Doch ein resignierter Arbeitnehmer braucht weder Tischkicker noch Massagestuhl. Er braucht Anerkennung. Teamwork. Gestaltungsmöglichkeiten. Und natürlich auch ein angemessenes Gehalt. Doch das sollte einen Lohn für getane Arbeit und kein Schmerzensgeld darstellen.



Die vernachlässigte Mitarbeiterförderung macht sich übrigens – um beim Geld zu bleiben – auch monetär schmerzlich bemerkbar. Wer seine Internen vergrault, muss bald für teures Geld extern einkaufen. Eine ganze Industrie verdient mit zugekauftem Know-How Abermillionen. Von Nachhaltigkeit für die ordernden Unternehmen kann jedoch keine Rede sein. Externes Expertenwissen muss immer wieder für bare Münze erneuert werden und kann nicht dauerhaft in die Unternehmensabläufe integriert werden.

Einige Tipps zur Verbesserung der Unternehmenskultur

• Nehmen Sie sich bewusst Zeit für Mitarbeitergespräche. Vereinbaren Sie rechtzeitig einen Termin. Strukturieren Sie das Gespräch vor. Eine Hilfe dazu finden Sie hier.
• Binden Sie Mitarbeiter bewusst in Entscheidungs- und Veränderungsprozesse ein.
• Nehmen Sie Kritik bereitwillig auf. Fordern Sie Ihre Mitarbeiter regelrecht dazu heraus. Nur so können Sie als Führungskraft richtungsweisende Korrekturen erhalten.
• Loben Sie so viel wie möglich.
• Legen Sie für Ihr Unternehmen grundlegende Werte fest und kommunizieren Sie diese. Werte verbinden.

 

Oberstes Bild: Zsoltan Gergeli – fotolia.com

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