Sechs Strategien für langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Werkplatzes

In Zusammenarbeit mit der Swissmem haben Deloitte und BAKBASEL knapp 400 Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie-(MEM)-Unternehmen zu ihren aktuellen Herausforderungen und Wachstumschancen befragt. Praktisch alle (89%) der Unternehmen beurteilen die Aussichten für den Werkplatz in den nächsten zwölf Monaten negativ.  

Dr. Ralf C. Schlaepfer, Leiter Manufacturing bei Deloitte in der Schweiz, zu den aktuellen Risikofaktoren der MEM-Industrie: „Die stabile Periode zwischen der Einführung der Euro- Franken-Untergrenze im September 2011 bis zu deren Aufhebung im Januar 2015 hat vielen MEM-Unternehmen Luft verschafft und zwischenzeitlich Arbeitsplätze auf dem Schweizer Werkplatz gesichert. Die Frankenstärke sowie das volatile globale Wirtschaftsumfeld zwingen dieses Jahr viele MEM-Unternehmen zu weiteren betrieblichen Anpassungen, um so Margeneinbussen aufzufangen. Auf Umsatzseite müssen langfristig neue und deutlich erweiterte strategische Massnahmen getroffen werden.“

Vorkehrungen gegen die Frankenstärke und darüber hinaus

Seit Januar 2015 haben Schweizer MEM-Unternehmen verschiedene operative Vorkehrungen getroffen, um der andauernden Frankenstärke sowie anderen Risiken zu begegnen. Das Sourcing im Ausland (77%) gewinnt stark an Bedeutung, und auch Effizienzsteigerungen, rigoroses Produktkostenmanagement (beide 70%) sowie Preissenkungen (69%) erweisen sich als bedeutende Massnahmen.

„Massnahmen wie Preissenkungen sind kurzfristig erfolgreich um konkurrenzfähig zu bleiben, doch auf Dauer reduzieren sie die Margen und gefährden die Investitionsfähigkeit. Langfristig ist eine ausgewogene Strategie für Innovation zu finden. Erfolgreiche Unternehmen forcieren in schwierigen Zeiten die langfristige Veränderung des Unternehmens und sichern somit künftiges Potential “, so Ralf Schlaepfer.

Was die angedachten/geplanten Massnahmen angeht, dominiert an erster Stelle die Verlagerung in den Euroraum von gesamten oder einzelnen Wertschöpfungsschritten (24%). Zusammen mit den 22% von MEM-Unternehmen, die diese Massnahme seit Anfang des Jahres bereits umgesetzt haben, ist dies ein beachtlicher Verlagerungstrend im Zeichen der Frankenstärke. Hinzu kommt, dass sich als zweitwichtigste geplante Massnahmen die Investition in und der Aufbau neuer Geschäfte im Ausland erweist (22%).

Michael Grass, Geschäftsleitung und Bereichsleitung Branchen, BAKBASEL, kommt zum Schluss: „Die gesamte Industrie bewegt sich zurzeit seitwärts. Jedoch sind die Rahmenbedingungen im Hinblick auf die mittlere und längerfristige Entwicklung in der kommenden Dekade günstiger. Die Chancen für den Schweizer Werkplatz sind also intakt. Um allerdings auch langfristig international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Schweizer Industrieunternehmen die richtigen langfristigen Wachstumsstrategien verfolgen.“


Seit Januar 2015 haben Schweizer Unternehmen verschiedene operative Vorkehrungen getroffen, um der andauernden Frankenstärke zu begegnen. (Bild: © Vladimir Wrangel – shutterstock.com)

Strategien für nachhaltiges Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit

Basierend auf den Umfrageergebnissen, Expertengespräche und ökonomischen Analysen haben Deloitte und BAKBASEL sechs Wachstumsstrategien identifiziert, mit denen Schweizer Industrieunternehmen im aktuellen Umfeld nachhaltig weiter wachsen können:

  1. Kundeneinbindung vorantreiben: Die Ausschöpfung bestehender Kunden bleibt zentral, wobei Neukundengewinnung über Individualisierung immer wichtiger wird. Mehr als ein Drittel der Befragten (67%) wollen mit ihren bestehenden Kunden in den nächsten drei Jahren wachsen. 83% wollen die Neukundengewinnung intensivieren. 63% sehen in der Kundeneinbindung über Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen eine neue Wachstumschance.
  2. Global gehen: Das Wachstumspotenzial in den Stammmärkten der Schweizer MEM-Industrie – allen voran Deutschland, USA und China – ist weiterhin gegeben. Jedoch  denken über die Hälfte der Befragten (57%), dass die Expansion in neue geografische Märkte stark zu ihrem Wachstum beitragen wird.
  3. Neue Dienstleistungen entwickeln – Knapp die Hälfte der Befragten (47%) gibt die Weiterentwicklung des Dienstleistungsgeschäfts als wichtige Wachstumsstrategie an. Das Bündeln höhermargiger Dienstleistungen mit Industrieprodukten und/oder die Einführung neuer, exklusiver Dienstleistungen sind ein Wettbewerbsvorteil. Grosses Potential haben Industrie 4.0 Lösungen.
  4. Über das Produkt hinaus innovieren: Knapp die Hälfte (45%) der Befragten denkt, dass die Entwicklung neuer Wertangebote stark zu ihrem Wachstum beitragen wird. Produkt- und Prozessinnovation stehen an erster Stelle. Jedoch hat sich der Innovationsfokus noch nicht in Richtung Industrie 4.0 und exponentielle Technologien verschoben.
  5. Anorganisch wachsen: Ein Viertel der Befragten (25%) sieht das Wachstum mittels Fusionen und Übernahmen zukünftig als wichtig an; weitere 40% setzten auf Allianzen und Partnerschaften. M&A-Aktivitäten dienen vor allem verpasste Innovation aufzuholen und in angrenzenden Geschäftsbereichen zu wachsen.
  6. Operative Exzellenz nutzen: Die Optimierung von betrieblichen Prozessen erweist sich in einem schwierigen Wirtschaftsumfeld, in dem es sehr teuer ist lokal in der Schweiz zu produzieren, als unabdingbare Notwendigkeit um weiteres Wachstum zu ermöglichen.


Die vollständige Studie „Wachstumschancen – Strategien für Schweizer Industrieunternehmen“ finden Sie online: BAKBASEL und Deloitte.

 

Artikel von: BAKBASEL / Deloitte AG
Artikelbild: © PHOTOCREO Michal Bednarek – shutterstock.com

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