5 Strategien, wie distanzierte Kollegen zu echten Partnern werden

Ein vergiftetes Arbeitsklima, subtiles oder offensichtliches Mobbing, ungewollt oder beabsichtigt lückenhafte Kommunikationsprozesse – alle Symptome einer gestörten Kollegenbeziehung können das Leben am Arbeitsplatz vergiften. Sie gehören zu den am häufigsten genannten Stressfaktoren bei beruflich bedingten Burn-Out Fällen und sind nicht selten massgebliche Kausalfaktoren von Kündigungen.

Dabei muss nicht jede Unfreundlichkeit Ihnen gegenüber auf einer tatsächlichen Antipathie beruhen. Sie kann sich auch einfach aus situativem Stress entwickeln. In jeder Situation, in der mehrere Menschen an einer gemeinsamen Aufgabe mit Deadline arbeiten, die sie sich vielleicht selber nicht ausgesucht hätten, wird es früher oder später Spannungen geben. Diese entladen sich nicht selten in interpersonellen Aggressionen. Allerdings können Sie selber viel dafür tun, sich Ihre Kollegen gewogen zu machen und dabei doch ehrlich, authentisch und erfolgsorientiert zu bleiben. Wir stellen Ihnen fünf Strategien vor.

1. Betrachten Sie Ihre kollegiales Miteinander als Beziehungsarbeit

Viele Menschen machen sich nicht klar, dass sie mehr Stunden mit ihren Mitarbeitern verbringen als mit ihren Partnern – und dennoch keine Energie für eine nachhaltige Gestaltung dieser gemeinsam verbrachten Zeit aufbringen. Konflikte gibt es immer in intensiven Beziehungen; und eine Beziehung besteht in jedem Fall zwischen Ihnen und Ihren Kollegen. Die Frage ist, ob Sie sie gezielt ausformen oder den Alltagstrott diese Aufgabe erledigen lassen. In letzterem Fall allerdings leiden alle, denn eine ertragene Beziehung, in die keiner der Beteiligten Arbeit zu investieren bereit ist, wird zwangsläufig zu einem Albtraum.

Sie müssen nicht mit demselben Enthusiasmus in das Miteinander mit Ihrem Team gehen wie in die gemeinsame Zeit mit Familie und Freunden. Aber seien Sie bereit, Ihr kollegiales Miteinander bewusst positiv zu gestalten, selbst und gerade wenn Sie sich Ihren Schreibtischnachbarn privat nicht als Freund vorstellen können. Stichworte sind also nicht rückhaltloses Vertrauen, Liebe und Zuneigung, Mitgefühl und Loyalität, wie sie in einer persönlichen Beziehung entwickelt werden sollten, sondern Respekt, Offenheit, Dialogbereitschaft, Geduld, Höflichkeit und Ehrlichkeit.

Nehmen Sie sich etwas Zeit, um Ihre Kollegen beim Lunch kennenzulernen – gerade diejenigen, von denen Sie eigentlich eine Auszeit brauchen. Manchmal werden Sie bei Pausengesprächen persönliche Details über Interessen und Ansichten erfahren, die Ihnen bei der Perspektivverschiebung gegenüber diesen Kollegen hilft.

2. Beginnen Sie immer bei sich selbst

Bevor Sie die Schuld an einer gestörten Kollegenbeziehung dem anderen zuschreiben, beginnen Sie bei sich selbst nach Gründen zu suchen. Gehen Sie davon aus, dass es höchst unwahrscheinlich ist, dass Ihr Gegenüber allein verantwortlich ist für die Funkstille oder die sublimierte Aggression, die zwischen Ihnen herrscht. Versuchen Sie, sich selbst aus den Augen der anderen Partei zu sehen (eine Übung in Empathie). Formulieren Sie, was an Ihnen schwierig für die spezifische Person sein könnte. Dies ist eine gute Grundlage für ein folgendes Konfliktgespräch. Wenn Sie mit dem Satz beginnen „Ich kann mir gut vorstellen, dass es Sie stört, dass ich …“, kommunizieren Sie sofort, dass es nicht um eine Schuldzuschreibung, sondern um eine Verbesserung des Klimas für alle gehen soll.

3. Hören Sie gut zu

Vor allem, wenn Sie ein eher extrovertierter Typ und schneller Denker sind und naturgemäss dazu tendieren, in Gesprächen die Führung zu übernehmen – halten Sie sich etwas zurück. Lernen Sie zuzuhören. Geben Sie Ihren Kollegen bewusst den Vortritt in Gesprächen, wenn Sie spüren, dass diese etwas zu sagen haben – auch wenn Sie Ihnen dem Timing nach und inhaltlich vielleicht einen Schritt voraus sind.

Zeigen Sie Ihren Mitarbeitern, dass Sie ihre Meinung und Ideen wertschätzen, ganz egal, ob Sie selber zu den gleichen Ergebnissen gekommen wären. Gehen Sie von sich pro-aktiv auf Ihre Kollegen zu und bitten Sie um deren Einschätzungen zu einem Problem oder Projekt. Lassen Sie sie aussprechen und zeigen Sie deutlich, dass Sie sich mit dem auseinandersetzen, was Sie gehört haben. Versuchen Sie, eine gemeinsame Zusammenarbeit an einer Aufgabe dialogisch und nicht kompetitiv zu gestalten.

4. Seien Sie höflich, dankbar und hilfsbereit

Dies wird vor allem zu Beginn manchmal schwierig sein, besonders, wenn Ihnen selbst wenig Freundlichkeit entgegengebracht wird. Manchmal allerdings spiegelt Ihr Team Sie auch nur, ohne dass Sie sich dessen bewusst wären. In der Hektik des Arbeitsalltags vergessen wir oft die simpelsten Höflichkeitsregeln, wie ein bewusstes „Guten Morgen“ oder die Ansprache des Anderen mit seinem Namen. Wenn Sie selbst her ein pragmatischer und sehr ergebnisorientierter Mensch sind, mag Ihnen selbst dieses Verhalten nicht negativ aufstossen, aber es gibt viele Menschen, die fehlende Begrüssungen oder ausbleibende Frage nach ihrem Wohlbefinden persönlich nehmen und zum Anlass, ein insgesamt negatives Bild von Ihnen zu formen.

Sie können es sich vielleicht selbst nicht vorstellen, aber nur die Erinnerung von Geburtstagen oder den Familienumständen Ihrer Kollegen kann schon dazu führen, dass diese sich komplett anders Ihnen gegenüber verhalten.


Eine einfache Nachfrage per Mail oder eine Glückwunschkarte, solche simple Gesten können bereits ausreichen. (Bild: Wilhelmine Wulff / pixelio.de)


Eine einfache Nachfrage per Mail oder eine Glückwunschkarte, solche simple Gesten können bereits ausreichen. Vergessen Sie nie, Ihren Kollegen für deren Hilfe oder Unterstützung zu danken, auch wenn diese Ihnen eigentlich als Selbstverständlichkeit oder Teil von deren Aufgabe erscheint. Machen Sie nur arbeitsbedingte Komplimente; persönliche können, falls Sie nicht befreundet sind, schnell als Versuch angesehen werden, sich substanzlos beliebt machen zu wollen. Sprechen Sie niemals negativ über einen Kollegen; früher oder später wird dies auf Sie zurückfallen.

Bieten Sie auch Kollegen Hilfe an, die diese nicht offen erfragen. Sie können häufig nur intuitiv erahnen, ob Ihre Angebot willkommen geheissen oder als Einmischung interpretiert wird – aber Sie werden es erst wissen, wenn Sie es wagen. Wichtig dabei ist, Ihre Hilfe diskret und vor allem nicht im Beisein von Vorgesetzten anzubieten; dies könnte den falschen Eindruck erwecken, Sie wollten Ihre bessere Eignung transportieren und seien bereit, Zusatzarbeit zu leisten. Bieten Sie Ihre Hilfe nur an, wenn Sie die Aufgabe übernehmen können, ohne wie ein Märtyrer dazustehen. Es geht um den Aufbau einer positiven Beziehung, nicht darum, ein schlechtes Gewissen oder eine Abhängigkeitsbeziehung zu etablieren.

5. Stellen Sie sich auf Ihr Gegenüber ein

Wenn Sie sich unsicher sind, welches Verhalten Ihre Kollegen irritiert oder was der Grund für negatives Verhalten Ihnen gegenüber sein könnte, dann beobachten Sie diese mit Menschen, denen sie offensichtlich zugetan sind. Entwickeln Sie ein Gefühl für die interpersonelle Dynamik, die der- oder diejenige offensichtlich als angenehm und positiv empfindet. Spiegeln Sie dessen eigene Kommunikationshaltung statt Ihrer eigenen. Manche Menschen fühlen sich wohler, wenn Gespräche mit einigen persönlichen Worten eingeleitet werden und empfinden alles andere als eher kühl und abweisend. Vielleicht haben Sie bisher genau das Gegenteil getan, weil Sie eher direkt kommunizieren. Gehen Sie beim nächsten Gespräch nicht von Ihrer eigenen, sondern der beobachteten Gesprächsstrategie des Anderen aus. Dies kann zu überraschend positiven Resultaten führen.

 

Oberstes Bild: @ fotomek – Fotolia.com

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Mehr zu Caroline Brunner

Caroline Brunner ist freiberufliche Online-Journalistin mit Fokus auf Arbeitspsychologie, Entrepreneurship, Kommunikation, Karriereplanung, Nachhaltigkeit und Verbraucherthemen.

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