Fünf finanzielle Fallstricke, die Entrepreneure von Anfang an vermeiden könnten

Es sind selten finanzielle Gründe allein, die die bekannten 11 von 12 Startups in den ersten drei Jahren scheitern lassen. Aber: Finanzielle Fehlentscheidungen spielen in fast jede dieser Ursachen hinein.

Dabei lassen sich die fünf häufigsten dieser Fehler leicht vermeiden, denn sie liegen vollständig in Gründerhand.

1. Der Businessplan fokussiert auf dem Portfolio-Konzept

In vielen Fällen, gerade bei Micro-Businesses, ist ein Businessplan für die Gründung nicht tatsächlich notwendig, weil keine Banken oder Investoren involviert sind. Nun hat es sich unter Gründern inzwischen herumgesprochen, dass eine Ausfertigung für die eigene Geschäftsentwicklungsstrategie dennoch eine gute Idee ist. Dieses freiwillige Szenario birgt allerdings zwei Risiken.

Erstens liegt bei Businessplänen für den Hausgebrauch der Schwerpunkt meist auf dem konzeptionellen Teil, in dem es um Brand-Development, Marketing, Zielgruppen und Märkte geht – also die motivierenden Komponenten des Entrepreneurdaseins. Umsatz,- Rentabilitäts- und Liquiditätspläne fallen dabei entweder unter den Tisch oder basieren auf Best-Case-Szenarios. Während ersteres unentschuldbar bleibt, ist letzteres verständlich: Welcher Gründer möchte mögliche Krisen schon herbei schreiben?

Um diese Schönfärberei zu vermeiden, werden professionelle Businesspläne zur Investitionsbeschaffung meist von Unternehmens- oder Steuerberatern gegengelesen und nach unten korrigiert. Hier liegt das zweite Problem: Selten unterziehen Gründer ihre freiwilligen Exposés einer solchen Durchleuchtung. Daher zeigen sich Fehleinschätzung von Finanzbedarf und Zufluss erst, wenn es (fast) zu spät ist. Entwerfen Sie deshalb in Ihrem Businessplan immer zwei Szenarien: das für Sie optimale und das herausfordernste, auf kurz-, mittel- sowie langfristige Sicht. Suchen Sie sich im Anschluss in jedem Fall einen Businessangel, der speziell den Finanzteil Ihrer Planung mit Ihnen durchgeht und bleiben Sie offen für Vorschläge, auch wenn diese vielleicht nicht das sind, was Sie in Ihrem Gründungsenthusiasmus hören möchten.

2. Preise und Honorare sind bei Markteintritt zu niedrig kalkuliert

Echte Alleinstellungsmerkmale (USPs) sind so rar wie Mondfinsternisse. So gut wie jeder Gründer ist deshalb versucht, über einen extrem wettbewerbsfähigen Preis gegen die vorhandene Konkurrenz anzutreten und sich so bei der Zielgruppe zu positionieren. Dies kann eine erfolgreiche Strategie sein – sie kann aber auch irreparabel nach hinten losgehen. Wenn der Konsument niedrige Preise einmal mit Ihrem Produkt oder Service assoziiert hat, wird er selten dazu bereit sein, eine spätere Preiserhöhung hinzunehmen – schliesslich haben Sie ihm ja selbst kommuniziert, dass seine Ersparnis Ihr auszeichnendes Feature ist. Bei Preisanhebungen nach einer scheinbaren Etablierung am Markt verlieren Sie so einen grossen Teil Ihrer vormaligen Kernkonsumenten, tun sich aber auch schwer, neue zu gewinnen. Denn die Zielgruppe mit grundsätzlich höherer Investitionsbereitschaft hat Ihre Marke schon als „billig“ gebrandet, spiegelt also nur Ihre eigene Strategie.

Übrigens: Auch wenn Sie gar keinen Preisanstieg planen, können Sie einen solchen aus zwei möglichen Gründen nicht verhindern, nämlich falls die Einkaufspreise der Zulieferer (oder Rohstoffe) oder die Produktionskosten steigen. Eins von beidem wird in den ersten drei Jahren mit Sicherheit passieren. Kalkulieren Sie deshalb einen Preis, der auch dann noch eine tragbare Gewinnmarge hat, sollte einer dieser Fälle eintreten. Seien Sie selbstsicher: Wenn Sie Ihrem Produkt aufgrund seiner Qualität vertrauen, wird der Konsument dies auch tun – es ist nur eine Frage der Kommunikation und ein wenig Ausdauer. Nehmen Sie sich viel Zeit, um sich Markttransparenz hinsichtlich der Kalkulationspraxis Ihrer Konkurrenz zu verschaffen. Setzen Sie Ihre Preise auf vergleichbarer Durchschnittshöhe oder ein wenig darüber an. Das lässt zusätzlich Spielraum für Promotions, Rabatte und Treueboni.


Bei unnötig aufgenommenen Darlehen freut sich nur die Bank – den Unternehmer drücken die Zinsen. (Bild: bluedesign – Fotolia.com)


3. Mit so-gut-wie-sicheren Umsätzen wird schon gerechnet

Dies ist eine der simpelsten und wichtigsten Finanzregeln für Gründer: Rechnen Sie immer erst mit einem Umsatz, wenn er Ihrem Konto gutgeschrieben ist, niemals vorher. Auch dann nicht, wenn ein langjähriger Freund ihn per Handschlag zusagt, wenn Sie einen entsprechenden Vertrag mit der bestätigten Summe bei Lieferung in der Hand halten oder wenn ein teilweiser Vorschuss auf die komplette Summe schon geflossen ist. Nehmen Sie niemals Personalentscheidungen (sprich Anstellungen) auf der Basis zu erwartender Einkünfte vor. Seien Sie in dieser einen Hinsicht hemmungslos pessimistisch.

4. Darlehen werden aufgenommen, die eigentlich nicht nötig sind

Leihen Sie sich niemals Geld, wenn Sie es nicht wirklich brauchen – egal, ob von der Bank, von Investoren oder von Ihrer Familie und Freunden. Die Versuchung hierfür kann riesig sein; wenn etwa die Bank eine höhere Summe anbietet, weil dann ein anderes Fördermodell greifen könnte, oder wenn einer Ihrer Freunde so überzeugt von Ihrer Idee ist, dass er unbedingt einsteigen möchte. Wunderbar, denken Sie vielleicht, das hilft mir doch bei meiner Liquiditätsplanung – und wenn ich das Geld nicht brauche, zahle ich es einfach wieder unangetastet zurück. Klingt gut, ist aber in den meisten Fällen unrealistisch. Flüssiges Unternehmenskapital tendiert dazu, sich in festes zu verwandeln. Häufig vergessen Gründer dabei die verzögert anziehende Zinsbelastung, die weiter aus der beweglichen Masse gedeckt werden will.

5. Es gibt nur eine einzige Einnahmequelle

Freiberufler kennen dieses Problem: Häufig kristallisieren sich im Laufe ihrer Selbstständigkeit ein oder höchstens zwei grosse Auftraggeber heraus, die fast die gesamten Kapazitäten für sich beanspruchen – und auch einen entsprechenden Druck aufzubauen bereit sind. Das kann jahrelang gut gehen; geht dieser Kunde dann aber überraschend in Konkurs oder wird von einer Firma mit Inhouse-Kompetenz übernommen, gleicht das im Ergebnis dem schnellen Fall in die Arbeitslosigkeit. Dieses Problem kann sich für jeden Gründer ergeben, der seinen Umsatz nur aus einer Quelle generiert – ob es sich nun um einen einzigen Handelsstandort oder Abnehmer handelt oder einen Konzern, der Ihre Firma quasi als externe Abteilung behandelt. Diese Umsatz-generatoren sind Ihnen meist nicht durch bindende Verträge verpflichtet. Sie können sich über Nacht einen anderen Geschäftspartner suchen. Diversifizieren Sie deshalb Portfolio wie Kunden.

 

Oberstes Bild: © S.Kobold – Fotolia.com

author-profile-picture-150x150

Mehr zu Caroline Brunner

Caroline Brunner ist freiberufliche Online-Journalistin mit Fokus auf Arbeitspsychologie, Entrepreneurship, Kommunikation, Karriereplanung, Nachhaltigkeit und Verbraucherthemen.

website-24x24
jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-22').gslider({groupid:22,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});