Mitarbeitermotivation - mit Geld allein ist es nicht getan

Für viele Wirtschaftsexperten ist die Sache klar: Der wichtigste Anreiz zu mehr Motivation und Leistung besteht in Geld. Auch Politiker ziehen gern mit dem Slogan in den Wahlkampf, dass sich Leistung wieder lohnen muss. Ganz falsch ist dieser Ansatz sicher nicht, jedoch führt er zu einem recht verengten Blick darauf, was Menschen motiviert, sich an ihrem Arbeitsplatz zu engagieren.

Die renommierte Management-Beratungsgesellschaft Hay Group hat sich vor einiger Zeit in einer globalen Untersuchung die Motivationsquellen von Arbeitsnehmern etwas näher angesehen. In Deutschland wurden für die repräsentative Studie über 18.000 Menschen interviewt.

Als wichtigsten Grund für motivierte Arbeit nannten 80 Prozent der Befragten ein „kollegiales Arbeitsumfeld“. 66 Prozent verbanden eine hohe Motivation damit, von ihrem Job generell erfüllt zu sein. Ein angemessenes Gehalt motivierte dagegen nur 56 Prozent der Studienteilnehmer am meisten. Auf dem vierten und fünften Platz des Motivatoren-Rankings finden sich weitere „weiche“ Faktoren: Für „gute Führungskräfte“ und „berufliche Entscheidungsfreiräume“ votierten 53 respektive 49 Prozent der befragten Arbeitnehmer. Als die drei häufigsten Gründe für eine Kündigung wurden ein „schlechtes Arbeitsklima“ (86 Prozent), „unbefriedigende Arbeit“ (80 Prozent) sowie „schlechte Führungskräfte“ (71 Prozent) genannt.

Geld sichert nur die Grundzufriedenheit von Arbeitnehmern ab

Mit der Hay-Studie liegen erstmals empirische Belege dafür vor, dass Unternehmen nicht zwingend höhere Gehälter zahlen müssen, um ihre Mitarbeiter zu höheren Leistungen zu motivieren. Im Übrigen wurde dieser Punkt darin auch gesondert abgefragt: Für ein um 20 Prozent höheres Gehalt würde rund ein Drittel der Befragten (34 Prozent) die Stelle wechseln, ein weiteres Drittel wäre dafür sogar für einen geringeren Gehaltszuwachs bereit. Dass eine Gehaltserhöhung im selben Unternehmen ihre Leistung steigern würde, gaben dagegen nur 53 Prozent der befragten Arbeitnehmer an, 47 Prozent waren der Meinung, dass die Firma ihr Gehalt dafür um mehr als 20 Prozent erhöhen müsste.

Das Fazit der Studie: Geld wirkt vor allem als „Hygienefaktor“, der die Grundzufriedenheit von Arbeitnehmern sicherstellt. Als Motivationsfaktor und Instrument zur Mitarbeiterbindung spielen Gehaltserhöhungen dagegen eine sehr geringe Rolle. Eine Ausnahme bilden lediglich Boni, die als Leistungsanreiz wirken, sofern sie in einem transparenten System vereinbart werden und einen bestimmten Rahmen nicht übersteigen. Variable Gehaltsbestandteile von 30 Prozent und mehr führen zu negativem Leistungsdruck, machen Mitarbeitern Angst und demotivieren sie auf lange Sicht. Generell würden sich Arbeitnehmer, sofern für die Wahl gestellt, mehrheitlich für ein niedrigeres Fixgehalt und gegen ein höheres Arbeitsentgelt mit variablem Anteil entscheiden.


Positive Führung, zu der auch Feedbackgespräche gehören, kann Mitarbeiter mehr motivieren als eine Gehaltserhöhung. (Bild: apops – Fotolia.com)


Insgesamt gesehen, sind Unternehmen gut beraten, wenn sie nicht primär durch materielle Anreize motivieren, sondern Rahmenbedingungen für echte Mitarbeiterzufriedenheit schaffen. Angesichts des sich verschärfenden Mangels an Fachkräften können Faktoren wie ein stimulierendes Arbeitsklima, die gezielte Entwicklung von Führungskräften, menschliche Wertschätzung aller Mitarbeiter, eine ausgewogene Work-Life-Balance und Transparenz über den langfristigen Erfolg eines Unternehmens mitentscheiden.

Vertrauen als Basis jeder Motivation

Der Essener Psychologe, Autor und Managementberater Reinhard Sprenger („Mythos Motivation“) kam schon weitaus früher zu dem Schluss, dass Motivation durch Geld nicht funktioniert. Sein Credo lautet, dass Menschen, die für Geld ins Unternehmen kommen, für Geld auch wieder gehen werden. Aus seiner Sicht hängt der Erfolg von Firmen im 21. Jahrhundert vor allem davon ab, ob sie in der Lage sind, ihre Angestellten als Individuen wahrzunehmen und zu schätzen. Indem Unternehmen individuelle Freiräume zulassen und fördern, setzen sie die kreativen und innovativen Potenziale ihrer Mitarbeiter frei. Der Weg dorthin bestehe nicht in immer schärfen Kontrollen – wozu Sprenger auch Zielvereinbarungen und damit verbundene Bonussysteme zählt – sondern in grundsätzlichem Vertrauen zwischen Management und Mitarbeitern.

Vertrauen – oder Misstrauen – steuern nach Sprengers Lesart generell das menschliche Verhalten, in Unternehmen werden sie zu einer direkten Quelle von Motivation und Produktivität oder eben dem Gegenteil. Als Gegenleistung für Vertrauen entwickeln Arbeitnehmer den Anspruch, möglichst hohe Leistungen zu erbringen. Das Wissen darum, dass die Firma in einem gewissen Umfang auch Fehler toleriert, führt dazu, dass sie in höherem Mass bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und Risiken einzugehen. Zudem fallen durch die Minimierung von Kontrolle auch viele bürokratische Routinen weg – die dafür erforderlichen Ressourcen können produktiv verwendet werden. Im Gegenzug verhindern die gängigen Kontrollsysteme den Aufbau von Vertrauen und damit auch von Motivation. Daraus resultierende Sanktionen können stark demotivieren und im Extremfall die „innere Kündigung“ nach sich ziehen.

Sprenger ist der Meinung, dass Unternehmen und Führungskräfte überhaupt nichts unternehmen sollten, die Befindlichkeit ihrer Mitarbeiter zu beeinflussen. Bei Versuchen aktiver Motivation durch Vorgesetzte gehe es im Kern um Manipulation und eine „Misstrauenskultur“, die Arbeitnehmer als der Tendenz nach „faul“ betrachtet. Auch Mitarbeiter, die von ihren Chefs erwarten, sie aktiv zu motivieren, geben damit vor allem zu, dass sie sich für ihre Arbeit nur mässig interessieren.



Positive Führung schafft Bedingungen für innere Motivation

Soweit die Theorie – in der Praxis stellt sich die Frage nochmals anders. Experten wissen, dass Lob Menschen sehr stark motivieren kann und haben dies durch zahlreiche Studien und Experimente nachgewiesen. Der kanadische Psychologe Albert Bandura schreibt, dass Menschen, die Lob erfahren, sich hierdurch höhere Ziele stecken und diese mit grösserer Intensität verfolgen. Trotzdem gilt, dass die grundsätzliche Leidenschaft für eine Tätigkeit vom Mitarbeiter selber kommen muss. Diese „intrinsische“ Motivation ist umso ausgeprägter, je stärker persönliche Interessen und Stärken mit der Arbeitsaufgabe zusammenfallen. Menschen, die mit ihrer Arbeit oder ihrem Arbeitgeber grundsätzlich unzufrieden sind, sollten sich daher auch fragen, ob sie sich für den richtigen Beruf entschieden haben oder in einem Unternehmen tätig sind, mit dessen Strukturen und Kultur sie nicht glücklich werden.

Führungskräfte haben ihrerseits schon viel erreicht, wenn sie für ihre Mitarbeiter Bedingungen schaffen, in denen sich eine solche innere Motivation entfalten kann. Konkret bedeutet dies: Vorgesetze müssen sowohl Vertrauen aufbauen als auch fordern und vor allem dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter passende Aufgaben und Freiräume erhalten. Die „Global Workforce“-Studien der Unternehmensberatung Towers Watson zeigen immer wieder, dass Arbeitsergebnisse und Arbeitsklima umso besser sind, je mehr persönliche Freiräume die Beschäftigten geniessen und je höher folglich der an sie gestellte Anspruch und das in sie gesetzte Vertrauen sind. Unternehmen machen damit deutlich, dass sie ihre Mitarbeiter schätzen – die positiven Erwartungen des Managements wirken in solchen Fällen direkt leistungssteigernd.

 

Oberstes Bild: © coramax – Fotolia.com

jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-22').gslider({groupid:22,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});