Quiet Quitting – die neue lasche Arbeitsmoral der Generation Z?

Kein Bock sich zu überarbeiten?

Der neue Trend, nur noch das Nötige im Job zu machen und keinen Handstreich mehr, mutet besonders Workaholics und Selbstständige komisch an. Arbeitgebern macht er Angst.

Was steckt dahinter? Ist es Faulheit, Resignation oder die neue von Instagram gefütterte Vergnügungswut der jungen Generation von Arbeitnehmern?

Übersetzt heisst Quiet Quitting tatsächlich “stille Kündigung” und gerade dieser Begriff erschrickt natürlich in erster Linie Arbeitsgeber. Suggeriert er doch, dass seine Angestellten kein Engagement zeigen, nur das Allernötigste tun wollen für ihr Gehalt und im Kopf eigentlich schon gekündigt haben.

Und ja, wenn es nicht irgendetwas mit “kündigen” zu tun hätte, würde es nicht so heissen. Man kündigt damit seinen Willen für sein Unternehmen/seinen Arbeitsgeber Alles zu geben und seinem Job oberste Priorität zu geben.

Das hört sich zunächst gesund an, kann aber auch bedeuten, dass man heute nur noch halbherzig dabei ist, was für jedes Unternehmen schlecht ist und auch für die eigene Arbeitsmoral und den Umgang mit engagierteren Kollegen.

Ebenso suggeriert der Begriff, dass der Arbeitnehmer permanent in Kündigungsbereitschaft ist und sich nach anderen Stellen umschaut.
In erster Linie will Quiet Quitting aber nur die Überstundenkultur abschaffen, die leider in vielen Unternehmen weltweit an der Tagesordnung ist.

Stattdessen geht es den Befürwortern um eine gesunde Work-Life-Balance, die besonders der jungen Generation immer wichtiger wird.


Quiet Quitting heisst Nein zu sagen zu Überbelastung im Job. (Bild: Andrey_Popov – shutterstock.com)

Keine „Ja-Sager“ mehr

Arbeit mit nach Hause nehmen, Sonderaufgaben, Bereitschaft im Urlaub: Nein! Aber auch andere Dienste wie Besorgungen für den Chef, Organisieren von Festen und Treffen und vieles mehr, was einfach nicht im Vertrag steht, wird nicht mehr erledigt. Hört sich schroff an, ist es auch.

Quiet Quitting heisst aber auch Meetings zu ignorieren, wenn sie nicht zur Tagesordnung gehören. Insgesamt gehört sehr viel Mut und Selbstvertrauen dazu, zusätzliche Aufgaben einfach zu ignorieren und abzuwehren.

Aber genau dieses Selbstbewusstsein hat die Generation Z, weil sie nämlich sehr viel Unterstützung und Aufmerksamkeit durch die sozialen Medien erfährt und sich vor allem auch selbst supportet.
Angefangen hat alles mit einem Clip auf Tiktok des New Yorkers Zaid Kahn (@zaidlepplin), der in einem Video erklärte:

„Du kündigst nicht deinen Job, arbeitest aber nicht mehr als dein Vertrag vorsieht. Arbeit ist nicht dein Leben, dein Wert als Mensch definiert sich nicht über deine Produktivität.“

Quiet Quitting ist nicht gleichzusetzen mit „innerer Kündigung“. Denn die Quiet Quitter mögen ihren Job, sie sind einfach nur nicht bereit für zusätzliches Engagement.

Laut der Los Angeles Times wurde der Begriff „Quiet Quitting“ erstmals von Bryan Creely genutzt. Der Karrierecoach soll bereits am 4. März 2022 ein Video zu dem Thema auf Tiktok und Youtube hochgeladen haben. Seither ging der Begriff viral und anscheinend den Puls der Zeit getroffen.

Lesen Sie hier, was Sie als Arbeitgeber tun können um diesem Trend entgegenzuwirken.

Trend oder Flop?

Man kann es sich denken, diese Einstellung wird nicht von allen gefeiert. Und auch reagiert man in verschiedenen Ländern völlig unterschiedlich auf den Trend.

In Deutschland und der Schweiz ist man eher verhalten, zeigt man sich hier doch allgemein sehr diszipliniert, arbeitsorientiert und eher “strebsam”. Dazu gehört für viele eben auch Überstunden zu machen und Extradienste zu erledigen, denn man verspricht sich davon einen Karriereschub.


Überstunden und viel Einsatz galten bislang als Karriereschub. (Bild: ImageFlow – shutterstock.com)

“Dienst nach Vorschrift” ist in Deutschland eher negativ belegt. Das bedeutet nämlich auch kein echter Kundendienst, Desinteresse am Job und den Kunden, die man bedient.

Allerdings gibt es auch die Tendenz zum Burn-Out und psychischen Erkrankungen, die durch Überforderung, Mehrbelastung entstehen.

Kritiker des Trendes wenden ein: Quiet Quitting kann sich nicht jeder leisten. Jeder, der auf seinen Job ernsthaft angewiesen ist, schon mal nicht.

Allerdings gibt es auch einen Fachkräftemangel und es zeichnet sich die Entwicklung ab, dass sich die Arbeitnehmer wieder ihre Jobs aussuchen können. Daher können sie durchaus auch Forderungen stellen.

In systemrelevanten Berufen ist Quiet Quitting absolut unmöglich, etwa in der Pflege. Allerdings würde diese Einstellung natürlich auch einiges ins Rollen bringen. Wenn Pfleger nicht mehr selbstverständlich zum Wohle der Patienten Überstunden machen, bricht das System zusammen und der Staat wacht auf.


Quiet Quitting soll für eine gesunde Life-Work-Balance sorgen. (Bild: Andrey_Popov – shutterstock.com)

“Deine Arbeit ist nicht dein Leben”

… heisst es im TikTok Video. Dabei geht es um den Punkt, dass Arbeit nicht das Privatleben verdrängen sollte. Allerdings hat hier nicht jeder die gleichen Grenzen. Allgemein möchte die Generation Z mehr Zeit für die angenehmeren Dinge im Leben haben. Sie haben schlichtweg keine Lust sich in ihrem Job „abzurackern“.

Es ist kein Wunder, dass diese Einstellung von einer Generation kommt, die Instagram und TikTok sehr stark konsumiert, die diese Medien selbst massgeblich beeinflusst und ein besonderes digitales Selbstbewusstsein hat.

Die neuen Medien stärken nämlich besonders die Jungen. Generation Z bezeichnet allgemein alle zwischen 1995 und 2010 Geborenen. Diese sind mit dem Internet aufgewachsen und haben dadurch ein anderes Selbstverständnis und Selbstbewusstsein aufgebaut als früherer Generationen.

Vor allem Obrigkeiten gegenüber und älteren Generationen gegenüber haben sie schlichtweg wegen des Internets nicht mehr so eine Achtung. Viele alte Werte bröckeln. Schliesslich haben sie schon als kleine Kinder den Eltern und Grosseltern das Internet erklärt oder bei PC- und Smartphone Problemen geholfen.

Durch Instagram und die Möglichkeit als Influencer viel Geld zu verdienen, sehen sie sich viele auch gar nicht mehr so abhängig von der “normalen” Arbeitswelt. Der Trend Quiet Quitting ist also auch eine logische Folgerung daraus, dass die internetaffine Generation keinen Sinn mehr in alten Strukturen sieht.


Die Generation Z ist internetaffin aufgewachsen. (Bild: docstockmedia – shutterstock.com)

Gleichzeitig taugt der Spruch „Deine Arbeit ist nicht dein Leben“ nicht wirklich, denn jeder, der einen Job hat, der ihm wirklich Spass macht, ihn fordert und der interessant bleibt, wird ganz klar sagen: „Die Arbeit ist ein wichtiger Teil meines Lebens und sie macht meine Identität aus.“

Ob man für seinen Job Überstunden machen will und Extradienste erledigen, hängt enorm davon ab, wie sehr man in seiner Arbeit aufgeht und ob man den richtigen Job hat. Trifft das alles nicht zu, so sollte man das Quiet Quitting vielleicht wirklich zum Anlass nehmen, sich einen anderen Job zu suchen. Etwa sich selbstständig zu machen mit einer Tätigkeit, für die man brennen kann.



 

Titelbild: Dmitry Demidovich – shutterstock.com

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Mehr zu J. Florence Pompe

J. Florence Pompe hat Germanistik und Pädagogik studiert und ist seit 2010 hauptberufliche Texterin. Spezialisiert auf die Arbeit mit Wordpress führt sie mit Freude eigene Blogs und übernimmt für Kunden die Blog-Betreuung.

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