Krise der Eurozone: Comeback des Euro ist gefährdet

Der Euro hat in diesem Jahr ein starkes Comeback gezeigt. Vor drei Jahren wurde er von den Finanzmärkten noch dem Untergang geweiht. Griechenland stand vor dem Konkurs, das gleiche galt für die italienischen Banken.

Im Internet wurden Wetten entgegengenommen, wann der Euro auseinanderbricht. Viele Analysten versuchten, sich bei ihrer Prognose für den Euro nach unten zu übertrumpfen. Das Durchbrechen der Parität zum Dollar war bei ihnen nicht eine Frage des „ob“, sondern nur des „wann“. Ende 2017 sieht die Welt für den Euro anders aus. Griechenland hält sich mit Geld der anderen Euroländer über Wasser. Die italienischen Banken haben einen neuen Anstrich erhalten, der die Probleme der notleidenden Kredite übertüncht.

Die Prognosen für den Euro schiessen in den Himmel. Dass der Euro zum Franken über den ehemaligen Mindestkurs von 1.20 steigt, ist bei ihnen nicht eine Frage des „ob“, sondern des „wann“. Ich schloss mich vor drei Jahren den Abgesängen auf den Euro nicht an. Heute bin ich skeptisch, ob die Liebe der Finanzmärkte zum Euro auf Dauer hält.

Es sind drei Faktoren, die die Finanzmärkte von einem starken Euro schwärmen lassen. Erstens wird nach dem Wahlsieg Emmanuel Macrons in Frankreich von der neuen Achse Paris-Berlin erwartet, dass sie dem europäischen Gedanken neuen Schwung verleiht. Zweitens läuft die Wirtschaft in der Eurozone immer besser. Der Aufschwung greift zunehmend auch auf die Länder im Süden und auf Frankreich über. Drittens hat die EZB im Sommer angedeutet, dass sie über eine restriktivere Geldpolitik diskutiert.

Politischer Rauch

Macron hat viele neue Ideen und Vorschläge für den Euro präsentiert. Um die Pläne für einen Euro-Finanzminister oder einen europäischen Investitionsfonds ist es aber ruhig geworden. In Frankreich selber kommen die gross angekündigten innenpolitischen Reformen auch nicht vom Fleck. Der zweite Teil der Achse ist zudem auf der Suche nach einer tragfähigen Regierung momentan mit sich selber beschäftigt. In dieser Situation ist nicht zu erwarten, dass die Politiker in Berlin mutige Entscheide über eine Stärkung der zentralen Gewalt in der Eurozone treffen, die in der Bevölkerung unpopulär sind.

Die wirtschaftliche Wiederbelebung in der Eurozone wird weitergehen und die Phantasie über eine Änderung in der Geldpolitik der EZB aufrecht halten. Diese hat ihr Kaufprogramm von Anleihen bis im September 2018 verlängert und damit den Träumen der Finanzmärkte für höhere Zinsen vorerst eine Absage erteilt. Gleichzeitig wurde jedoch die Vorfreude auf eine Änderung der Geldpolitik verlängert, was den Euro nun auch im nächsten Jahr noch unterstützen wird.

Euro bleibt Schönwetterkonstrukt

Die wirtschaftlich gute Lage und das Wohlwollen der Finanzmärkt wären eine gute Gelegenheit, die grundlegenden Probleme der Eurozone anzugehen. Die hohe Schuldenlast vieler Euroländer bleibt aber bestehen oder wird gar grösser. Die Lösung des „Problems Griechenland“ wird in die Zukunft verschoben. Die Entscheidungs-prozesse in der Eurozone werden auch nicht vereinfacht und damit krisentauglicher gemacht.

Wenn es wirtschaftlich wieder schwieriger wird und die Finanzmärkte wieder unruhiger werden, dann werden die strukturellen Mängel der Eurozone wieder zum Thema. Kommt hinzu, dass die Euro-Euphoriker unter den grossen Investoren, die riesige Wetten auf einen Anstieg des Euro aufgebaut haben, sich rasch abwenden werden, wenn ihre Wette nicht mehr aufgeht. Der Euro wird sich in den nächsten Monaten noch gut halten können. Er kann eventuell sogar noch zulegen. In einem Jahr wird die Euphorie jedoch verflogen sein. Ich sehe den Euro zum Franken Ende 2018 deshalb nicht über 1.20, sondern eher wieder bei 1.10.

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  • Dirk Müller (Autor) - Martin Hecht (Sprecher)

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Artikelbild: Ewais – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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