Bain: Strategiewechsel in der Telekommunikationsbranche
von belmedia redaktion Studien
Telekommunikations-Unternehmen in Westeuropa und Nordamerika stehen nach Überzeugung der Managementberatung Bain & Company vor einem Strategiewechsel. In Zukunft wird das B2B-Geschäft wieder stärker im Vordergrund stehen, das Privatkunden-Segment verliert an Bedeutung.
Der Grund dafür ist einfach. Das B2C-Geschäft legt bis 2018 nur noch langsam um 0.6 Prozent zu. Der B2B-Markt wächst mit 2.6 Prozent dagegen deutlich stärker. Hier bestehen also offenbar noch wesentlich mehr Potentiale.
„How to Capture the B2B Growth Opportunity in Telecom“
Hauptwachstumstreiber im B2B-Markt sind mobile Datenlösungen und IT-Services mit einem Plus von 3.9 beziehungsweise 3.2 Prozent (Abbildung 1). Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie „How to Capture the B2B Growth Opportunity in Telecom“ von Bain. Dr. Tobias Umbeck, Partner bei Bain & Company und Telekommunikations-Experte betont: „Die Manager der Telekommunikations-Anbieter müssen umdenken, die Wachstumsmöglichkeiten jenseits des traditionellen Konsumentenmarkts erkennen und ihre Unternehmen dahin steuern.“
Das sind die strategischen Herausforderungen
Viele Telekommunikations-Konzerne haben ihr B2B-Geschäft bisher vernachlässigt und sich zu wenig um die ertragreichen SOHO-Kunden (Small Office, Home Office) sowie mittelgrosse Betriebe gekümmert. Gerade diese Sparten bieten jedoch die grössten Chancen, die Kundenabwanderung zu stoppen, mehr profitablen Umsatz zu erzielen und die Umstellung auf die moderne IP-Technologie zu forcieren. Drei Aspekte sind entscheidend, um von der wachsenden Zahl der B2B-Kunden zu profitieren:
1. Die Geschäftskunden besser segmentieren und verstehen
Wer die Kundenbedürfnisse genau kennt, findet auch effektive Lösungen. Nutzen Geschäftskunden die Services überwiegend im Büro oder unterwegs? Benötigen sie eher ein grosses Datenpaket oder legen sie mehr Wert auf höchste Datensicherheit? Viele B2B-Kunden sind bereit, für Premiumdienste einen Aufschlag zu zahlen – so etwa für eine bevorzugte Behandlung in der Filiale oder eine Business-Hotline mit speziell geschulten Fachkräften.
2. Das Kerngeschäft in Wachstumsfeldern ausbauen
In der IT eröffnen Zukunftsmärkte oder ausgefeilte Sicherheitsarchitekturen grosse Wachstumschancen. In vielen Fällen werden Telekommunikations-Anbieter Partnerschaften mit Hightech-Unternehmen eingehen oder Know-how einkaufen, um diese Geschäftsbereiche weiterzuentwickeln. So legte ein europäischer Telekommunikations-Konzern den Fokus auf hochsichere Cloud-Datenlösungen und übernahm dafür einen renommierten IT-Serviceprovider.
3. Das Produktportfolio mit modularem Angebot vereinfachen
Besonders kosteneffizient lassen sich die Bedürfnisse von Geschäftskunden durch ein überwiegend standardisiertes Serviceprogramm erfüllen. Erfolgreiche Telekommunikations-Konzerne arbeiten zu 80 Prozent mit modularen Bausteinlösungen, ergänzt durch maximal 20 Prozent individualisierte Dienstleistungen.
Diese Vereinfachung verbessert oft auch die Zusammenarbeit der verschiedenen Unternehmensbereiche. Ein europäischer Telekommunikations-Anbieter reduzierte so die Arbeitsbelastung seiner Mitarbeiter um 25 Prozent und steigerte Servicequalität sowie Kundenzufriedenheit.
Grundlegender Umbau nötig
Dieser Strategiewechsel bedeutet für die meisten Telekommunikations-Konzerne einen vollständigen Umbau ihres B2B-Geschäfts. Das beinhaltet:
- das Geschäftskundenteam um hoch qualifizierte Mitarbeiter verstärken und die B2B-Sparte im Vorstand verankern;
- in Zukunftstechnologien investieren und Partnerschaften mit Start-ups im Hightech-Sektor eingehen;
- den Vertriebsabteilungen Produkte und Services an die Hand geben, die lukrativen Kundennutzen bieten und weniger anfällig für Preisvergleiche sind;
- den Geschäftskunden fortgesetzt neue Produktpakete präsentieren;
- Kundenzufriedenheit und -loyalität kontinuierlich analysieren, da gerade B2B-Beziehungen deutlich komplexer sind als das klassische Konsumentengeschäft.
„Wer zu lange mit der Überarbeitung seines Geschäftsmodells wartet, läuft Gefahr, die B2B-Revolution zu verschlafen“, warnt Bain-Partner Umbeck. „Nur wer seine Geschäftskunden kennt, wird auch in Zukunft noch zu den Marktführern gehören.“
Artikel von: Bain & Company
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