Synthetische Biologie: Uni Bern entwickelt chemischen Schalter

Die synthetische Biologie gehört zu den aufstrebenden und sich dynamisch entwickelnden Forschungsgebieten im Ingenieurwesen. Es ist ein stark interdisziplinäres Forschungsfeld, das Biologie, Chemie und Physik mit Ingenieurwissenschaften verbindet. Im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts „Molecular Systems Engineering“ haben Berner Forscher einen chemischen Schalter in eine molekulare „Nanomaschine“ eingebaut. Damit können u.a. synthetische Zellen mit Energie versorgt werden.

Ziel der synthetischen Biologie ist es, sogenannte molekulare Fabriken und synthetische Zellen mit neuen Eigenschaften und Funktionen zu entwickeln, die im Gesundheitswesen, in der Industrie oder in der biologischen und medizinischen Forschung eingesetzt werden sollen. Solche künstlichen Systeme im Nanometerbereich werden zusammengesetzt, indem bereits existierende oder synthetische „Bausteine“ – zum Beispiel Proteine – kombiniert werden.

Die so entstandenen molekularen Systeme bieten zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten – zum Beispiel für die Synthese von chemischen Verbindungen, den Abbau von Schadstoffen, die Energieversorgung oder die medizinische Diagnose und Behandlung.

Der Nationale Forschungsschwerpunkt (NFS) „Molecular Systems Engineering“ verbindet Schweizer Forschende aus verschiedenen Disziplinen, um gemeinsam Innovationen voranzutreiben und bestehende und künftige Herausforderungen anzugehen. Die Universität Bern ist durch die Gruppe von Prof. Dimitrios Fotiadis vom Institut für Biochemie und Molekulare Medizin vertreten. 


Forscher der Uni Bern haben einen chemischen Schalter für vielseitige Anwendungen entwickelt. (Bild: © Universität Bern)

Energieumwandlung mit Nanomaschinen

Energieliefernde Bausteine sind grundlegend, um molekulare Systeme anzutreiben. Lichtgetriebene sogenannte Protonenpumpen wie das Membranprotein Proteorhodopsin stellen dabei sehr geeignete Nanomaschinen für eine effiziente Energieumwandlung dar. Lichtenergie, etwa Sonnenenergie, ist leicht zugänglich und wird von Proteorhodopsin genutzt, um ein Konzentrationsgefälle an Protonen über Membranen, die zwei unterschiedliche Kompartimente voneinander trennen, aufzubauen. Dieses Gefälle – auch Protonengradient genannt – sorgt dafür, dass molekulare Bausteine, zum Beispiel protonengetriebene Transporter, in Gang gesetzt werden.

Kein Kurzschluss mehr

Konventionelle Methoden, um Proteorhodopsin und Membranproteine in Nanocontainer aus Lipid oder Polymer einzubauen, führen zu einer symmetrischen Anordnung in den Membranen. Dies wiederum verursacht einen funktionellen Kurzschluss, der ein Gefälle von Protonen und somit eine Nutzung dieser Energieform verhindert. Deshalb haben Forscher aus der Gruppe um Fotiadis zusammen mit Kollegen aus dem NFS MSE dieses Problem gelöst, indem sie einen chemischen Schalter für Proteorhodopsin entwickelt und es vielseitig einsetzbar gemacht haben. Dank des chemischen Schalters ist es nun möglich, falsch eingebaute Proteorhodopsin-Moleküle gezielt auszuschalten und eine asymmetrische Verteilung dieser Proteine in der Membran zu erreichen.

Diese modifizierte Version von Proteorhodopsin stellt die erste lichtgetriebene Protonenpumpe und den ersten energieliefernden Baustein dar, der chemisch an- und ausgeschaltet werden kann, je nach Bedarf des jeweiligen molekularen Systems. „Mögliche Anwendungen dieses vielseitigen, energieliefernden Bausteins in definierten molekularen Systemen könnte die licht- und solargetriebene Produktion von ATP (Adenosintriphosphat, der universelle Energieträger in Zellen) sein  sowie der bionanotechnologische Abbau von Schadstoffen – beispielsweise Antibiotika – im Wasser“, sagt Fotiadis.

 

Artikel von: Universität Bern
Artikelbild: © Antoine2K – shutterstock.com

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