Umstrittene Geschäftsidee: Externes Absenzenmanagement

Krankheitstage von Mitarbeitern bedeuten für Unternehmen Produktivitätsausfälle, zusätzliche Kosten und Verwaltungsaufwand. Die Schweizer Firma Synaps Care sieht in externem Absenzenmanagement die Lösung – und will damit die Krankenstände reduzieren

Im Krankheitsfall informieren die Mitarbeiter von Schweizer Unternehmen bisher ihren Chef, der – falls im Arbeitsvertrag nichts anderes vorgesehen ist – bereits am ersten Tag der Krankheit ein ärztliches Attest verlangen kann. In den meisten Verträgen ist ein solcher Krankenschein jedoch erst ab einer Krankheitsdauer von drei Tagen vorgesehen. Weiteren Einflussnahmen des Arbeitgebers im Absenzbereich stehen der Schutz von Persönlichkeitsrechten und andere juristische Einschränkungen entgegen. Genau dies will Chris Holzach – Gründer und Chef von Synaps Care – in Zukunft ändern.

Synaps Care will kranke Mitarbeiter „motivieren“

Holzachs These: Vorgesetzte und Personalabteilungen können sich heute oft nicht mehr intensiv um ihre Mitarbeiter kümmern – ein Punkt, der auch auf die administrative Betreuung kranker Mitarbeiter zutrifft und auf dem seine Geschäftsidee beruht. Synaps Care ermöglicht Unternehmen das Outsourcing ihres „Krankheitsmanagements“. Synaps-Care-Mitarbeiter nehmen die Krankmeldungen entgegen, beurteilen den Krankheitsfall – das Unternehmen verfügt über eigenes medizinisches Personal – und nehmen bereits am ersten Tag persönlichen Kontakt zu den Kranken auf, um sie zu motivieren, möglichst schnell an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.

Identifikation von „Krankheitsmustern“ als Führungsthema

Seinen potentiellen Kunden rechnet Holzach vor, dass Unternehmen fünf bis zehn Prozent der Bruttolohnsumme verlorengehen, wenn die krankheitsbedingten Ausfallraten pro Jahr und Mitarbeiter die Grenze von acht Tagen überschreiten. Das Bundesamt für Statistik hat ermittelt, dass Schweizer Arbeitnehmer im Jahr durchschnittlich 9,5 Tage wegen Krankheit an ihren Arbeitsplätzen fehlen, ausserdem sind Frauen häufiger krank als Männer. Aus Sicht des Synaps-Care-Gründers bestehen für Unternehmen hier relevante Einsparpotenziale. Das Unternehmen will die Krankenakten der Mitarbeiter verwalten und analysieren, um bei den Beschäftigten bestimmte „Krankheitsmuster“ zu identifizieren. Im Übrigen sieht Holzach die Beeinflussung der Mitarbeiter während einer Krankheitsphase als ein explizites Führungsthema – sein „Care Center“ übernehme in dieser Zeit Führungsaufgaben des Arbeitgebers.



Misstrauensvotum gegenüber kranken Mitarbeitern

Klar ist, dass ein solches Konzept nicht nur Freunde findet. Vor allem die Gewerkschaften sehen in Holzachs Modell einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre von Arbeitnehmern. Ob sich Unternehmen mit der Auslagerung ihres „Krankheitsmanagements“ wirklich einen Gefallen tun, ist auch aus anderen Gründen fraglich. Motivation, Engagement und Produktivität von Mitarbeitern haben ihre Grundlagen nicht zuletzt in Augenhöhe und Vertrauen. Firmen, die es nicht schaffen, eine solche positive Führungskultur zu etablieren, verschenken nicht nur Produktivitätsressourcen, sondern laufen auch Gefahr, gute Mitarbeiter schnell wieder zu verlieren oder gar nicht erst zu finden. Ein Misstrauensvotum sowie Druck und Überwachung gegenüber kranken Mitarbeitern sind hier ganz sicher kontraproduktiv – von den Betroffenen werden sie vermutlich vor allem als subtiles Mobbing wahrgenommen. Schweizer Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist zu wünschen, dass sich diese Geschäftsidee nicht auf dem Markt behauptet.

 

Oberstes Bild: © Lisa S. – shutterstock.com

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