Die geplante Revision des Steuerstrafrechts

Status Quo: Das Steuerstrafrecht ist Teil des Nebenstrafrechtes und umfasst die Strafbestimmungen der verschiedenen Steuergesetze.

Je nach Steuerart (z.B. Einkommens- oder Verrechnungssteuer) unterscheiden sich die Straftatbestände und das Verfahren, was bei den Betroffenen zu Rechtsunsicherheit führen kann. Wenn ein Steuerdelikt mehrere Steuerarten betrifft, also zum Beispiel das Dividendeneinkommen nicht angegeben wird und somit auch die Deklaration der Verrechnungssteuer unterbleibt, führt das zu unterschiedlichen Verfahren und zum Einsatz ebenfalls unterschiedlicher Rechtsmittel.

Im Falle der direkten Bundessteuer kann es mitunter vorkommen, dass aufgrund dieser Systematik eine Tat doppelt bestraft wird, weil sowohl die Steuerhinterziehung als auch der Steuerbetrug je für sich eigenständige Delikte darstellen. Konkret steht dies im Bundesgesetz über die direkten Steuern (DBG), in Art. 186 Abs.2: „Die Bestrafung wegen Steuerhinterziehung bleibt vorbehalten.“

Die beiden Formen unterscheiden sich wie folgt:

Steuerhinterziehung, Art. 175 DBG Steuerbetrug, Art. 186 DBG
  • Verheimlichung steuerbarer Tatbestände
  • Erstellen oder erstellen lassen und Verwendung gefälschter, verfälschter oder inhaltlich unwahrer Urkunden zwecks Steuerhinterziehung
  • Nicht oder unvollständige Angaben gegenüber Behörden betreffend steuerlich relevante Tatsachen
  • z.B.: Jahresrechnungen, Lohnausweise, nicht aber die Steuererklärung selbst
  • Strafe: Busse
  • Strafe: Freiheitsstrafe

Ziel der Revision

Mit der Revision des Steuerstrafrechtes sollen die bisherigen unterschiedlichen Regelungen, Untersuchungsmittel und Kompetenzen einzelner Steuerarten beseitigt und eine Vereinheitlichung von Verfahren und Straftatbestände herbeigeführt werden. Eine allfällige doppelte Bestrafung soll somit aufgehoben werden. Mit dem Inkrafttreten des revidierten Steuerstrafrechts soll die Steuerhinterziehung als Grundtatbestand (Übertretung) und der Steuerbetrug als eine qualifizierte Form, also als schwere Form der Steuerhinterziehung (Vergehen), gelten.

Diesen qualifizierten Tatbestand erfüllt, wer durch gefälschte, verfälschte oder inhaltlich unwahre Urkunden oder durch arglistiges Verhalten eine Steuerhinterziehung begeht. Unter das arglistige Verhalten fällt auch die Verwendung falscher Urkunden, wie bereits Voraussetzung beim Steuerbetrug nach bisher geltendem Recht. Eine umfassendere Definition muss vom Gesetz und den Gerichten definiert werden. In Bagatellfällen, d.h. bei geringem Verschulden und geringfügigem Taterfolg, kann auf eine Strafverfolgung oder Bestrafung verzichtet werden.

Da die kantonalen Behörden für Strafverfahren betreffend der direkten Steuern künftig Strafverfahrensrecht anwenden sollen, können sie aufgrund erweiterter Untersuchungsmittel Beschuldigte selbst wie auch Zeugen einvernehmen und schriftliche Auskünfte einholen. Zudem können Zwangsmassnahmen wie Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen und in Ausnahmefällen sogar Verhaftungen durchgeführt werden, wobei die Haft nur gerichtlich angeordnet werden kann. Diesen doch einschneidenden Massnahmen wirkt einschränkend entgegen, dass diese nur von ausgebildeten Fachleuten ergriffen werden dürfen und verhältnismässig eingesetzt werden müssen. Die genauere Umschreibung dieser beiden Begriffe wird sich wahrscheinlich in der Botschaft niederschlagen.


Das revidierte Steuerstrafrecht will Straftatbestände vereinheitlichen. (Bild: © Marco2811 – Fotolia.com)

Eine weitere, nicht unwichtige Neuerung soll sein, dass die kantonalen Steuerbehörden in Strafverfahren künftig Zugang zu Bankdaten von Steuerpflichtigen erhalten, was eine Aufhebung des Bankgeheimnisses bedeutet. Dies jedoch erst nach vorgängiger Ermächtigung durch eine von der Steuerverwaltung unabhängigen kantonalen Behörde.

Gemäss Mitteilung des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 2. Juli 2014 soll die Revision des Steuerstrafrechts den Rechtsschutz für die Betroffenen verbessern, da die Strafverfahrensordnungen Rechtsmittel zur Verfügung stellen, um sowohl Untersuchungsmassnahmen als auch Geldstrafen und Bussen strafgerichtlich überprüfen zu lassen.

Eine besondere Bedeutung dürften diese neuen Bestimmungen neben den Direktbetroffenen auch für Steuerberater und Vermögensverwalter haben: wenn die Steuerhinterziehung aufgrund der hinzukommenden Arglistigkeit als Vergehen qualifiziert wird, machen sich Anstifter, Gehilfen und Mittäter strafbar und riskieren ebenfalls Freiheitsstrafen, anstelle wie im bisher geltenden Recht eine Busse.

Zeitlicher Ablauf

Das Vernehmlassungsverfahren dauerte vom 29. Mai bis zum 30. September 2013. Der Bundesrat hat Anfang Juli 2014 vom Ergebnisbericht zur Vernehmlassung Kenntnis genommen und das Finanzdepartement beauftragt, bis Ende 2015 eine Botschaft auszuarbeiten. Somit ist noch offen, wann und in welcher Fassung die vorgeschlagenen Bestimmungen in Kraft treten werden.

Fazit

Obwohl die Behörden betonen, dass mit der geplanten Revision des Steuerstrafrechts eine Vereinheitlichung und damit eine Verbesserung für die Steuerpflichtigen herbeigeführt wird, die die Rechtsunsicherheit beseitigt und den Rechtsschutz stärkt, darf nicht vergessen werden, dass die Vorlage gleichzeitig wesentliche Neuerungen bringt, wie die Ausserkraftsetzung des Bankgeheimnisses.

Zwar wurde nach Auswertung der Vernehmlassungen die Vorlage dahingehend geändert, dass nicht die kantonalen Steuerverwaltungen dies selber in die Wege leiten kann, sondern eine unabhängige Behörde. Dennoch sind die Auswirkungen dieses Gesetzesentwurfes nicht zu unterschätzen, vor allem auch für die Steuerberater, die einerseits immer mehr zu  „Erfüllungsgehilfen“ der Steuerverwaltungen, andererseits als idealer Sündenbock für die eigene Kundschaft gemacht werden, die ihre eigene Straflosigkeit sichern will.

 

Artikel von: artax Fide Consult AG / Mitglied von Morison International / www.artax.ch

 

Oberstes Bild: © stockWERK – Fotolia.com

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