Erhält das Bankgeheimnis qua Volksinitiative demnächst Verfassungsrang?

Durch die Einführung des Automatischen Informationsaustausches (AIA) zwischen den diversen nationalen Steuerbehörden und den Banken ab 2017 steht das Schweizer Bankgeheimnis faktisch vor dem Ende. Die SVP will diesen Status nicht auf sich beruhen lassen, sondern dem Bankgeheimnis durch eine Volksinitiative Verfassungsrang verleihen. Selbst die Finanzbranche sieht diese Pläne kritisch.

Nach der Zuwanderungsinitiative nun das Bankgeheimnis – für populistische Initiativen hat die SVP ein Faible. Der SVP-Nationalrat und Banker Thomas Matter reicht demnächst 100’000 Stimmen ein, die das Zustandekommen seiner Initiative „Ja zum Schutz der Privatsphäre“ garantieren werden. Bei einem positiven Abstimmungsergebnis müsste das Bankgeheimnis in der Bundesverfassung verankert werden. Der Nachfolger von SVP-Nationalrat Christoph Blocher kann damit einen ersten politischen Erfolg für sich verbuchen. Bis zum Einreichen der Unterschriftenbögen in Bern hat Matter formal bis zum 6. Dezember 2014 Zeit, die Übergabe der Unterschriften soll jedoch schon in wenigen Wochen erfolgen.

Kritik an Matters Initiative kommt auch von den Banken

Die Finanzbranche sieht Matters Vorstoss offensichtlich skeptisch. Die Schweizerische Bankiervereinigung hat sich dazu zwar noch nicht offiziell geäussert, laut Berichten der „Neuen Zürcher Zeitung“ laufen intern derzeit jedoch kontroverse Diskussionen. Der Sprecher der Vereinigung, Thomas Sutter, äusserte gegenüber der Zeitung, dass die Skepsis der Banker Matter kaum überraschen dürfte. Falls das Bankgeheimnis Verfassungsrang gewänne, steige das Risiko der Banken an, bei Steuervergehen ihrer Kunden strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden. Auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse hat bereits angekündigt, die rechtlichen Folgen von Matters Initiative zu prüfen.

Rechtssicherheit in der Schweiz – durch solche Initiativen problematisch

Falls die Initiative angenommen wird, stünden möglicherweise auch Teile der internationalen Abkommen zum Informationsaustausch von Steuerbehörden und Banken – also AIA sowie das Fatca-Abkommen mit den USA – wieder auf dem Prüfstand, sofern in der Schweiz ansässige Personen von den Regelungen betroffen sind. Informationen an die Steuerbehörden sollen nach Matters Intention nur bei nachgewiesenen Vergehen oder Verbrechen inklusive Steuervergehen fliessen dürfen. Für die Banken wäre dies ein herber Rückschlag – aus Reputations- ebenso wie aus juristischen Gründen. Ohne die Erfüllung von Fatca wäre ihnen zudem jede Geschäftstätigkeit in den USA unmöglich.

Auf die offiziellen Reaktionen der Banken und des Bundes auf die Matter-Initiative darf die Öffentlichkeit also gespannt sein. Wirtschaft und Politik monieren bereits seit Längerem, dass durch die Masseneinwanderungsinitiative und einige andere Volksbegehren die Rechtssicherheit in der Schweiz gelitten habe, was Folgen für ihre Attraktivität als Wirtschaftsstandort nach sich ziehe.

Pro Jahr fünf bis acht Milliarden Franken Gewinn durch nicht deklarierte Gelder

Der Finanzminister des Kantons Jura, Charles Juillard, zeichnete in einem Interview vor einiger Zeit ein völlig anderes Bild. Juillard geht davon aus, dass durch die internationalen Vereinbarungen auch das Bankgeheimnis im Inland in sehr absehbarer Zeit verschwinden dürfte. Ausserdem erwartet er eine grundlegende Modernisierung des Steuersystems – mit brisantem Hintergrund. Schätzungen besagen, dass in der Schweiz pro Jahr zwischen fünf und acht Milliarden Franken mit steuerlich nicht deklarierten Geldern erwirtschaftet werden. Für den Fall, dass das Bankgeheimnis verschwindet, befürwortet der CVP-Politiker eine nationale Steueramnestie.

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