Höheres Gewicht - höherer Lohn?

Überall dort, wo es für die Lohngestaltung keine festen Regeln gibt, sind ab und an wundersame Erscheinungen zu beobachten. Wenn das Gehalt in einer gewissen Form zur Bauchentscheidung im wahrsten Sinne des Wortes verkommt, wird die Erkenntnis der Ungleichgewichtung von Löhnen und Gehältern noch eigenartiger und bekommt eine völlig neue Aussage.

Bonner Forscher des „Forschungsinstitutes zur Zukunft der Arbeit“ haben in einer Studie Erstaunliches herausgefunden: Übergewichtige Männer verdienen mehr als ihre normal- oder untergewichtigen Kollegen, bei Frauen liegt der Trend eher in der umgekehrten Richtung. Dicke Frauen verdienen durchschnittlich weniger.

Fetter Lohn für den hohen Body-Mass-Index

Folgt man den Ergebnissen der Studie, dann verdienen Männer mit einem BMI über 23 das Meiste. Normalgewichtige oder untergewichtige Männer verdienen hingegen sieben bis acht Prozent weniger. Diese Tatsache steht in einem scheinbar eklatanten Widerspruch zur öffentlich verbreiteten Wahrnehmung, dass körperlich fitte Menschen grundsätzlich gefragter sind und besser verdienen. Hier könnte man im Gegensatz dazu sagen: Die Masse macht’s.

Die Gründe für eine solche Entwicklung lassen sich nur erahnen. Offensichtlich spielt die prägnante Erscheinung eines Mannes nicht nur bei der Auswahl der Bewerber, sondern auch bei der Verteilung von Löhnen und Gehältern unabhängig von der beruflichen Qualifikation eine wichtige Rolle. Dabei kommt das Gewicht nicht nur durch Muskelmasse zustande, sondern durchaus auch durch das eine oder andere Fettpölsterchen, das sonst als eher unattraktiv gesehen wird.

Auch in der Bewerberauswahl sind dicke Männer vorn

Betrachtet man die Auswahl von Bewerbern in vielen Branchen bezüglich der Seite des Gewichtes, dann fällt auch hier auf, dass übergewichtige Männer hier nicht nur die Nase, sondern auch den Bauch vorn haben. Übergewichtige Männer finden durchschnittlich schneller einen Job als körperlich durchschnittliche Typen. Das ist zumindest im Dienstleistungssektor mit Kundenkontakt deutlicher als erwartet. Hier sind die Unterschiede grösser als etwa im produktiven Bereich.


Bei den Frauen zeigt sich der Trend erwartungsgemäss umgekehrt. Hier spielt immer noch die Optik gegenüber der Qualifikation eine bedeutende Rolle. (Bild: Liudmila Pleshkun / Shutterstock.com)
Bei den Frauen zeigt sich der Trend erwartungsgemäss umgekehrt. Hier spielt immer noch die Optik gegenüber der Qualifikation eine bedeutende Rolle. (Bild: Liudmila Pleshkun / Shutterstock.com)


Dicke Frauen haben es ungleich schwerer

Bei den Frauen zeigt sich der Trend erwartungsgemäss umgekehrt. Hier spielt immer noch die Optik gegenüber der Qualifikation eine bedeutende Rolle. So werden dicke Frauen nicht nur weniger oft eingestellt, sondern meist auch schlechter entlohnt als ihre attraktiveren Konkurrentinnen.

Auch hier liegen die Ursachen wohl in irgendeiner prähistorischen Ansicht über ier Rolle der Frau. Weibliche Kolleginnen sollen vor allem mit der Optik überzeugen. Den aktuellen Trends zufolge sind dabei dickere Frauen deutlich in der schlechteren Rolle, wenn es um eine Einstellung und die Ausgestaltung der Löhne und Gehälter geht.

Lohngerechtigkeit ist nur Diskussionsgrundlage

Die Ergebnisse der Studie offenbaren nicht nur Unglaubliches, sondern auch fast schon Erschreckendes. Wertet man die Forschungsergebnisse aus, dann fällt auf, dass Lohngleichheit in der öffentlichen Diskussion lediglich an Fakten wie Qualifikation, Berufserfahrung, Alter und ähnlichen Faktoren festgemacht wird. Oftmals sind es in der Realität jedoch auch rein optische Faktoren, die hier wider Erwarten den Massstab bestimmen. So lässt sich schlussfolgern, dass Lohngerechtigkeit längst nicht auf der Basis der Leistung entschieden wird, sondern auch an solchen eigentlich irrelevanten Faktoren wie dem Gewicht.  Dabei darf natürlich auch nicht verschwiegen werden, dass übermässig dicke Männer auch auf dem Arbeitsmarkt durchschnittlich schlechtere Chancen haben. Ein kleiner Trost für alle, die jetzt meinen könnten, dass Fressen die Karriere befördern könne.

Wie repräsentativ sind solche Ergebnisse?

Zunächst könnte man meinen, dass der Zusammenhang zwischen Körpergewicht, Lohn und Einstellungschancen eher irrelevant sein sollten. Dem ist jedoch nicht so. Volkswirte der Universität Potsdam haben die Befragungsergebnisse von insgesamt 8’800 Männern und 9’200 Frauen ausgewertet. Damit haben die Zahlen durchaus einen repräsentativen Charakter.

Gefragt wurde dabei allerdings nicht nach dem Gesundheitszustand. Doch auch dieser hat eine entscheidende Bedeutung bei der Bewerberauswahl. Bekannterweise sind dickere Menschen meist weniger fit und leistungsfähig, was die Chancen auf dem Arbeitsmarkt durchaus wieder einschränken können. Zeigen sich dicke Männer hingegen belastbar und ausdauernd, stehen sie auf dem Arbeitsmarkt deutlich besser da, als ihre normalgewichtigen Konkurrenten. Wie bereits bemerkt, ist das bei Frauen genau anders gelagert.

Gilt das auch für die Schweiz?

Zwar beziehen sich die Forschungsergebnisse selbst auf den deutschen Markt, haben aber auch eine nicht einzuschränkende Wirkung auf die Schweiz. Gerade das Fehlen von klaren Entlohnungsmassstäben in weiten Teilen der Schweizer Wirtschaft führt dazu, dass auch hierzulande die Ergebnisse der deutschen Studie gültig sein dürften. Die Beobachtungen in den Unternehmen bestätigen diese Wahrnehmung in den meisten Fällen. Auch hierzulande haben dicke Männer gute Lohn- und Karrierechancen, dicke Frauen hingegen bleiben unterrepräsentiert. Dementsprechend sollte die Diskussion über den Zusammenhang von Fitness und Beruf durchaus noch einmal neu geführt werden – vielleicht nicht zugunsten der Übergewichtigen, sondern eher mit einem ausgewogenen Blick auf Lohngerechtigkeit und einer veränderten Sicht auf den Zusammenhang von Optik und Qualifikation besonders bei den Frauen.

 

Oberstes Bild: © Dooder – Shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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