Internationales Projektmanagement – ein Überblick

Die Entwicklung des Projektmanagements ist seit jeher durch stetig wachsende Komplexität gekennzeichnet. Steigende Anforderungen der Wirtschaft erfordern die interdisziplinäre Zusammenarbeit zahlreicher Fachgebiete über Branchen und Strukturgrenzen hinweg; die fortschreitende Globalisierung internationaler Märkte brachte neue Formen der Projektarbeit wie Cloud-Computing hervor, welche eine reibungslose Kommunikation und Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg ermöglichen. Der durch die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erhöhte Kosten- und Wettbewerbsdruck tut ein Übriges, um die Tendenz zu verstärken, Produktions- und Vertriebsaktivitäten ins internationale Umfeld zu verlagern. Dies hat neben einer grundlegenden strategischen Neuorientierung von Management und Verwaltung eine stetig voranschreitende Internationalisierung des Projektmanagements zur Folge.

Die Herausforderungen sind beachtlich. Weisen bereits nationale Projekte anforderungsbedingt meist einen hohen Komplexitätsgrad auf, kommen auf internationaler Ebene kulturelle Differenzen, Sprachbarrieren, eine inhomogene Kommunikations- und IT-Infrastruktur sowie grundsätzliche Auffassungsunterschiede hinsichtlich der Umsetzung von Projektzielen hinzu. Auf der anderen Seite begünstigen zusätzliche Realisierungsvarianten sowie ein meist breiterer Handlungsspielraum die Entstehung von Synergieeffekten, was das Erfolgspotenzial im Vergleich zu nationalen Projekten erhöht.

Im internationalen Projektmanagement sind somit drei Hauptfaktoren gleichrangig zu berücksichtigen:

  • professionelles Projektmanagement
  • kulturelle Unterschiede innerhalb des Projektteams
  • die Internationalität des Umfeldes.

Was ist bei der Durchführung internationaler Projekte zu beachten?

Ein grundsätzliches Kriterium auf internationaler Ebene stellt die Frage der Finanzierung dar: Wie viel an Kapital und bilanzierbarer Managementleistung kann zur Finanzierung des multinationalen Projekts aufgebracht werden? Zusammen mit den lokalen Rahmenbedingungen ergibt die finanzielle Dimension jenen Handlungsspielraum, innerhalb dessen sich das Projektteam bewegen kann, und regelt überdies die Gestaltungs- und Mitsprachemöglichkeiten in den Zielländern des Projekts.

Je nach Internationalisierungsgrad des Projekts werden unterschiedliche Anforderungen an das Projektmanagement gestellt. Projekte internationaler Konzerne sind hinsichtlich der kulturellen Dimension in der Regel geringer internationalisiert, da die Projektvorgaben meist von der Muttergesellschaft ausgehen und daher einheitlichen Charakter aufweisen. Auch Infrastruktur, Projektmethodik, Projektkommunikation und Berichtswesen unterliegen meist definierten Regeln. Agieren Unternehmen jedoch in globalem Umfeld, setzt dies neben einem professionellen Projektmanagement auch eine ausreichende „Cultural Insight“, also tiefgehende Kenntnisse über unterschiedliche kulturelle Dimensionen sowie lokale Gegebenheiten und Usancen, voraus.

Bei der Durchführung internationaler Projekte sollte vor allem kulturellen Unterschieden Beachtung geschenkt werden, da diese im Gegensatz zu organisatorischen, technologischen oder rechtlichen Faktoren nicht standardisierbar und oft nicht einmal eindeutig fassbar sind. Während divergenten Kulturdimensionen automatisch mit entsprechender Achtsamkeit begegnet wird, sobald Stakeholder oder Auftraggeber einem anderen Kulturkreis entstammen, wird der Einfluss sozio-kultureller Faktoren auf die tägliche Projektarbeit oft sträflich unterschätzt.

Kulturelle Unterschiede wirken jedoch direkt auf die Kommunikation sowie die Gestaltung persönlicher und sachlicher Beziehungen innerhalb eines Projekts. Wird der Kommunikations- und Beziehungskultur jener Projektmitglieder, welche einer anderen Kulturdimension entstammen, zu wenig Verständnis und Respekt entgegengebracht, entsteht schnell eine Barriere aus Misstrauen und Vorurteilen. Dies erschwert die tägliche Projektarbeit enorm, im Extremfall kann das Projekt dadurch zum Stillstand kommen. Hier kann ein erfahrener Projektleiter, der über ausgeprägte soziale Kompetenz sowie internationale Erfahrung verfügt, viel bewirken.

Sind die Probleme auf konventionellem Weg nicht zu beseitigen, kann das Beiziehen eines sogenannten „Cultural Agent“ in Erwägung gezogen werden. Dieser ist mit den mentalitäts- und kulturbedingt unterschiedlichen Sicht- und Verhaltensweisen vertraut und kann daher als eine Art „kultureller Dolmetscher“ eingesetzt werden. Wertvolle Hilfestellung können auch bestimmte Phasenmodelle geben, welche von Experten für internationale Zusammenarbeit eigens für die spezifische Kommunikation innerhalb eines multikulturellen Projektteams entwickelt wurden.


Die vollständige Ausrichtung des Projekts auf das internationale Umfeld ist entscheidend für den Erfolg. (Bild: My Life Graphic / Shutterstock.com)
Die vollständige Ausrichtung des Projekts auf das internationale Umfeld ist entscheidend für den Erfolg. (Bild: My Life Graphic / Shutterstock.com)


Umfeldorientiertes Projektmanagement – der Schlüssel zum Erfolg

Die vollständige Ausrichtung des Projekts auf das internationale Umfeld ist entscheidend für den Erfolg. Sie sollte bereits bei der Kick-off-Veranstaltung beginnen und sich durch alle Bereiche der Projektarbeit ziehen. Neben den operativen Projektphasen „Planung-Durchführung-Abschluss“ sollte diese „kulturelle Qualitätssicherung“ auch den Umgang mit Stakeholdern, die Anpassung von Projektzielen an politisch-rechtliche Rahmenbedingungen sowie entsprechende Strategien internationaler Verhandlungsführung umfassen.

Auch das Risikomanagement sollte dem multikulturellen Hintergrund angepasst sein und das auch bei intensiver Abstimmungsarbeit latent vorhandene unterschiedliche Verständnis einzelner Rollen und Aufgaben angemessen berücksichtigen. Idealerweise wird ein eigener „Risk-Manager“ eingesetzt, der über internationale Erfahrung verfügt, das Projekt abseits des täglichen Projektgeschäfts coacht und den Einfluss sozio-kultureller Umfeldfaktoren möglichst gering hält.

Ein wichtiges Thema stellt der Umgang mit Konflikten und Meinungsverschiedenheiten dar. Denn das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen bedingt stets ein gegenüber nationalen Projekten erhöhtes Konfliktpotenzial. Derartige Spannungen und Differenzen sollten jedoch keinesfalls totgeschwiegen, sondern offen wahrgenommen und zunächst nach der Konfliktursache – sachlich oder persönlich – kategorisiert werden. Sodann kann die Aufarbeitung des Konfliktes gemeinsam mit den Parteien erfolgen, wobei es wichtig ist, dass der gefundene Lösungsweg von allen Beteiligten unterstützt wird und nicht lediglich durch Drängen der Projektleitung ein notdürftiger Konsens zustande kommt.

Erfahrungswerte hinsichtlich multikultureller Faktoren sollten stets gesammelt und gemeinsam mit eventuell erarbeiteten Lösungs- oder Präventivstrategien in die Projektdokumentation aufgenommen werden, um künftig die Erstellung einheitlicher Vorgehensmodelle für das internationale Projektmanagement zu ermöglichen.

 

Oberstes Bild: © everything possible – Shutterstock.com

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