Unternehmenssteuern: Schweiz einigt sich mit EU

Die Schweiz und die EU haben ihren seit 2005 andauernden Streit um die Unternehmenssteuern beigelegt. Am 1. Juli 2014 einigten sich beide Seiten auf den genauen Wortlaut der Erklärung, die endgültig dafür sorgen soll, dass die Differenzen früherer Tage der Vergangenheit angehören. Die Staats- und Regierungschef der EU hatten dem Inhalt, der ihnen in Form von Eckpunkten vorgelegt worden war, bereits auf ihrem Gipfel am 20. Juni zugestimmt. Der Bundesrat hatte seinerseits am selben Tag grünes Licht gegeben.

Die EU bewertet die Einigung als grossen Sieg, da die Schweiz „ihre schädliche Haltung“ geändert habe, wie es aus der Delegation des Staatenbundes heisst. Demnach sei die Schweiz nun bereit, die kritisierten Steuerregime, die den schweizerischen Unternehmen nicht nur einen Wettbewerbsvorteil beschert, sondern zugleich europäische Firmen zusätzlich unter Druck gesetzt hätten, abzuschaffen. Die EU störte sich laut der Verhandlungsdelegation ganz besonders daran, dass die Unternehmensgewinne im In- und Ausland unterschiedlich besteuert werden.

Auf kantonaler Ebene hatte es die EU dabei insbesondere auf Mischgesellschaften, Holdings und Verwaltungsunternehmen abgesehen. Auf Bundesebene kritisierte die EU die Steuerregime für die Finanzbranche und die Prinzipalgesellschaften. Etwas vereinfacht gesagt störte sich die EU an allen Unternehmen, die über die Grenzen der Schweiz hinweg aktiv waren. Die Finanzbranche stand dabei besonders im Fadenkreuz, denn die Banken sind auch tief in den EU-Staaten verwurzelt und können dort z. B. über Direkt-Angebote im Internet schärfere Kontrollgesetze unterlaufen.


Auf kantonaler Ebene hatte es die EU dabei insbesondere auf Mischgesellschaften, Holdings und Verwaltungsunternehmen abgesehen. (Bild: Srdjan111 / Shutterstock.com)
Auf kantonaler Ebene hatte es die EU dabei insbesondere auf Mischgesellschaften, Holdings und Verwaltungsunternehmen abgesehen. (Bild: Srdjan111 / Shutterstock.com)


Steuerregime sollen nach der Sommerpause abgeschafft werden

Lange soll es nicht mehr dauern, bis die kritisierten Steuerregime beseitigt werden: Der Bundesrat möchte dies nach der Sommerpause im Herbst erledigen. Dann soll die „Unternehmenssteuerreform III“ verabschiedet werden. Diese wird nun, so lautet der Plan, um die Beseitigung der Steuerregime ergänzt. Die EU hat sich in den Verhandlungen mit dem Zeitplan einverstanden erklärt. Man verstehe, dass eine Umsetzung dieses Beschlusses nicht von heute auf morgen geschehen könne, sondern seine Zeit brauche, erklärte Verhandlungsführer Heinz Zourek bei den abschliessenden Gesprächen in Bern.

Warum lenkt die Schweiz ein?

Eigentlich hatte die Schweiz in den vergangenen Jahren immer wieder betont, nicht einlenken zu wollen. Doch die EU hat ganz offenbar eine überzeugende Drohkulisse aufgebaut: Der für internationale Finanzfragen zuständige Staatssekretär Jacques de Watteville erklärte beispielsweise, dass mittlerweile „schwere Gegenmassnahmen“ im Raum gestanden hätten. Einige weiche Sanktionen hatte es schon gegeben, die nun abgeschafft werden sollen. Man wollte vermeiden, den Konflikt um die Unternehmenssteuern mit der EU so weit eskalieren zu lassen, dass die scharfen Massnahmen unumgänglich geworden wären, heisst es von de Watteville weiter.

Lizenzen sollen Steuerregime ersetzen

Der Bundesrat möchte allerdings für die Steuerregime Ersatz schaffen, um den hiesigen Unternehmen helfen zu können. Diese Aufgabe hat man Lizenzen bzw. Lizenzboxen zugedacht. Diese würden für die kantonalen Steuern zum Einsatz kommen. Gedacht ist so beispielsweise, dass die Erträge, die durch eine Verwertung geistigen Eigentums erzielt werden konnten, privilegiert besteuert werden. Dies wäre eine Lizenz. Da es eine ganze Reihe derartiger Privilegien geben soll, spricht man aus Gründen der Einfachheit von einer Box.

Der Coup bei diesem System: Es ist keine Idee der Schweiz, sondern findet bereits in einigen EU-Staaten Anwendung. Die Union überprüft diese Boxen derzeit allerdings und möchte bis zum Ende des kommenden Jahres Kriterien dafür aufstellen. Es ist nicht klar, ob die Schweiz bis dahin warten möchte, um die Lizenzboxen einzuführen, oder diesen Schritt sofort unternimmt, um an den Regeln dann Änderungen vorzunehmen. Die generelle Idee lautet jedoch, neue Streitigkeiten mit der EU dadurch zu vermeiden, dass man künftig ein System verwendet, dass innerhalb der Staatengemeinschaft bereits seit geraumer Zeit in Gebrauch ist.

Neue Sanktionen sind nicht ausgeschlossen

Dies weiss man allerdings auch im Lager der EU und befürchtet ganz offenbar, dass die Lizenzboxen dazu dienen könnten, die Steuerregime durch die Hintertür wieder einzuführen. „Derzeit“ sei jeder Grund für Sanktionen entfallen, heisst es deshalb auch aus dem Lager der europäischen Delegation. Umgekehrt bedeutet dies, dass sich die EU das Recht vorbehält, erneut zu Strafmassnahmen zu greifen, wenn man zu dem Entschluss kommt, dass die Lizenzboxen den eigenen Regeln widersprechen.

Die weichen Sanktionen, die bereits eingeführt wurden, werden deshalb auch noch nicht aufgehoben. Man sehe „keinen Grund für Vorleistungen“, erklärte Zourek. Erst einmal wolle man sich davon überzeugen, dass die Ursache der Konflikte mit der Schweiz nicht nur jetzt, sondern wirklich auf Dauer entfallen sei. Ein wenig klingt es so, als sei ein Streit um die Lizenzboxen vorprogrammiert.

 

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