Droht dem Standort Schweiz ein Attraktivitätsverlust?

Über mehrere Jahrzehnte war der Standort Schweiz gerade bei ausländischen Firmen sehr, sehr beliebt. Grund dafür waren natürlich die hervorragenden steuerlichen Grundvoraussetzungen, aber auch die hohe Verhandlungsbereitschaft der Kommunen, die ausländischen Unternehmen stark entgegenkamen. Doch nun verzeichnet man in der Schweiz, dass die Zahl der ausländischen Firmen, die sich in der Schweiz niederlassen, rückläufig ist.

Das mag klingen wie Zetern auf hohem Niveau, denn immerhin hat die Schweiz hinsichtlich der Niederlassungsfreude internationaler Unternehmen Rekordzahl um Rekordzahl geschrieben; aber man ist von diesem Rückgang alarmiert worden. Diesen Rückzug oder besser gesagt die abnehmende Bereitschaft, in der Schweiz zu filialisieren bzw. sich ganz niederzulassen, verortete das Management der Credit Suisse. Dementsprechend kommen die Aussagen von einem Hochkaräter und keinem Leichtgewicht der Branche. Doch woran liegt es, dass die Schweiz als Wirtschaftsstandort scheinbar an Attraktivität verliert?

Keine Investitionsflaute bei bestehenden Firmen – aber rückläufige Zahlen bei Neuansiedlungen

Gerade die Region um Zug erfreute sich in den letzten Jahrzehnten grösster Beliebtheit bei ausländischen Unternehmen. Zug galt als Geheimtipp für eine Ansiedlung und als grossartiger Wirtschaftsstandort. Doch bei der Credit Suisse (CS) ist offenkundig geworden, dass man rückläufige Zahlen bei ausländischen Unternehmen verzeichnet, die sich in der Schweiz ansiedeln oder ansiedeln wollen. Bei den Unternehmenskunden der Credit Suisse sei zwar nicht spürbar, dass man eine Investitionsflaute erleben würde – entgegen den Vorhersagen im Zuge der Masseneinwanderungsinitiative –, aber das Wegbleiben der ausländischen Konzerne und Unternehmen wird schon mit Sorgenfalten auf der Stirn beobachtet.

So wusste Barend Fruithof, der bei der Credit Suisse den Geschäftsbereich der institutionellen Kunden und der Unternehmen leitet, im Juni in Zürich vor Medienvertretern zu berichten, dass die ausländischen Neueröffnungen und Gründungen von Unternehmensstandorten einen leichten Abschwung erleben würden. Der Manager der CS wies jedoch auch explizit darauf hin, dass es in den Jahren zuvor ständig neue Höchststände zu vermelden gegeben habe. Und Fruithof weiss, wovon er spricht, denn schliesslich ist er neben seiner leitenden Funktion bei der Credit Suisse zugleich auch Stiftungsrat für die Standortpromotion „Greater Zurich Area“.

Es fehlen schlüssige Erklärungen für den Abschwung bei Eröffnungen von Unternehmensstandorten

Nach den Gründen für den Rückgang befragt, wollte sich Fruithof von der CS nicht letztendlich festlegen. Als möglicher Faktor für den Abschwung wurde die Masseneinwanderungsinitiative genannt. Dies, so Fruithof, könne die Zurückhaltung ausländischer Unternehmen erklären. Doch auch politische Gegebenheiten könnten und würden wohl eine Rolle spielen. Als mögliche Dossiers wurden dabei die Ecopop-Initiative sowie die Initiative zur Erbschaftssteuer genannt. Hinzu kämen sicherlich auch der eklatante Mangel an Auszubildenden in der Schweiz und last, but not least Teil III der Unternehmenssteuerreform.

Dies, so Fruithof, hinterlasse bei gewissen Firmen und in gewissen Branchen schon nachhaltigen Eindruck, den es nicht zu unterschätzen gelte. Gerade dann, wenn es in anderen Ländern schlüssige und stimmige Alternativen gebe, so der CS-Manager, entscheide man sich als Unternehmen oder Konzern heute gegen statt für die Schweiz. Hinzu komme, dass nicht wenige Unternehmen aus der Schweiz nicht unerhebliche Anteile der eigenen Produktion in die primären Absatzmärkte – vorzugsweise nach Asien – verlegt hätten. Eine gewisse Mitschuld wird auch der Finanzkrise gegeben, in deren Zuge viele Unternehmen zwar die eigene Liquidität erhöht hätten, aber, was das Investitionsvolumen angeht, sehr vorsichtig geblieben wären.


Credit Suisse. (Bild: Pincasso / Shutterstock.com)
Credit Suisse. (Bild: Pincasso / Shutterstock.com)


Urteil aus berufenem Munde der Credit Suisse

Der Bereich der Credit Suisse, welcher von Barend Fruithof geleitet wird – Corporate & Institutional Clients –, umfasst folgende Eckwerte: 3200 institutionelle Kunden, 800 Firmengruppen und Konzerne, mehr als 110’000 KMU, 300 Händler aus dem Rohstoffsektor, 2500 Finanzinstitute sowie mehr als 250 weltweit operierende Reedereien. Man spricht hier von einem Volumen an Kundenvermögen, welches sich auf mehr als 350 Milliarden Schweizer Franken beläuft, und das bei Nettoausleihen von circa 60 Milliarden Franken. Das ist eine Grössenordnung, die aufzeigt, dass man es bei den Einschätzungen von Fruithof und der Credit Suisse mit echten Hochkarätern zu tun hat, die den Markt und die Marktbewegungen kennen und sofort erfassen. Jede Schwankung wird dort wie von einem Seismografen aufgefangen.

Und gerade die Credit Suisse muss sensibel auf Verschiebungen achten, denn immerhin hält sie circa 26 % der Kredite, die ungedeckt sind – darunter versteht man die Kredite, die nicht über zum Beispiel Immobilienbesitz abgepuffert werden. 22 Milliarden Franken beträgt das Volumen der ungesicherten und ungedeckten Kredite bei der CS. An der Beliebtheit der Bank konnte auch das Schuldeingeständnis nichts ändern, welches im Zuge des Steuerstreits in den USA zum Tragen kam. Zwar hätten die Kunden des Unternehmens einen gesteigerten Erklärungsbedarf gezeigt, so Fruithof, aber was das Geschäftliche angehe, herrsche in der Schweiz bei CS längst wieder Regelbetrieb.

 

Oberstes Bild: © Pincasso – Shutterstock.com

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