Übernimmt Apple Beats Electronics?

Apple kauft möglicherweise Beats Electronics. Für sich genommen ist das keine grosse Neuigkeit, denn grosse Unternehmen kaufen kleinere Firmen in regelmässigen Abständen. Allerdings verbirgt sich gerade hinter dieser Übernahme deutlich mehr als nur ein weiterer Zukauf: Wird Apple langsam „uncool“?

Die Hintergründe

Erwartet hatte den Kauf niemand: Apple mit Firmenleiter Tim Cook am Steuerrad möchte Beats Electronics für 3,2 Milliarden US-Dollar (etwa 2,8 Milliarden Franken) übernehmen. Das wohl bekannteste Produkt des Herstellers dürften die Kopfhörer mit dem kleinen b-Logo sein, die auch als beats by dre bekannt sind. Firmengründer sind der noch immer erfolgreiche Rapper Dr. Dre (der sich jetzt bereits als ersten Milliardär des Hip-Hop bezeichnet) und Jimmy Iovine. Ob Apple diese Kopfhörer einfach übernehmen wird, ist jedoch unklar.

Bemerkenswert ist der Deal vor allem aufgrund der folgenden Tatsachen: Zwar verfügt Apple über gewaltige Barreserven, aber diese haben in der Vergangenheit meist für den Aufkauf kleinerer Firmen gedient – an die Schwergewichte hat sich Apple nie gewagt. Ausserdem kauft sich Apple damit praktisch Know-how ein, welches es bereits besitzt, denn von einer ausserordentlich hohen Qualität sind die b-Kopfhörer nicht. Der Grund für die dennoch hohen Verkaufszahlen ist eher im guten Marketing zu finden. Aber möglicherweise stammen Apples Motive auch aus einer ganz anderen Richtung.

Wird Apple zum Dinosaurier?

Welche Stärke hat Apple bislang ausgezeichnet? Wenn diese Frage gestellt wird, lautet die Antwort meist: Innovation. Ob das Unternehmen wirklich innovativ war, ist Ansichtssache, aber der iPod beispielsweise hat dabei geholfen, Musik unterwegs und auch den legalen Musikkauf online per iTunes populär zu machen. Das iPhone war das erste funktionierende Smartphone mit einem grossen Touchscreen, das für den Massenmarkt tauglich war. Das iPad hat dem bereits gestorbenen Tablet-Segment wieder Leben eingehaucht, heute sind diese Geräte schon so verbreitet wie Notebooks. Unter der Leitung von Steve Jobs hat Apple das erste Jahrzehnt dieses Jahrtausends zumindest in technischer Sicht deutlich geprägt.

Inzwischen scheint Apple aber langsam ergraut zu sein: Neuvorstellungen wie vielleicht eine „iWatch“ für das Handgelenk lassen auf sich warten. Produkte wie das iPad Mini sind zwar schön, aber als Revolution lassen sie sich kaum bezeichnen. Den einstigen Status als Innovator und Designschmiede hat Apple verloren, das coole Image des Unternehmens ist inzwischen verblasst. Hinter dem Konzern mit dem Apfel verbirgt sich heute „nur“ ein weiteres, extrem lukratives Unternehmen der IT-Branche – und dann kommen da noch Software-Probleme hinzu.

Den Anschluss verpasst

Mit iTunes hatte Apple den legalen Musikhandel im Internet mitbegründet, aber gleichzeitig hat sich die Führungsetage zu lange auf ihren Lorbeeren ausgeruht. Inzwischen sind es vor allem Streaming-Dienste wie Spotify, welche in der Beliebtheitsskala der Musikhörer weit oben rangieren. Die Kunden von heute müssen Musik offenbar nicht mehr unbedingt besitzen, die permanente Verfügbarkeit als Stream reicht aus. Auch hier kommt Apple zu spät mit einer Lösung.

Denn iTunes Radio, welches im Prinzip auch nur ein weiterer Streaming-Dienst ist, wird vorerst nur in den USA funktionieren, während sich der Rest der Welt mit Spotify & Co. austobt. Auch aus diesem Grund würde diese Übernahme Sinn ergeben: Beats Electronics betreibt praktisch nebenbei einen eigenen Musikdienst, der über zahlreiche Kunden verfügt und etwa 20 Millionen Songs anbietet. Die Rechte daran würde Apple natürlich ebenfalls erwerben, womit gleich ein grosser Schritt in die offene Tür des Musik-Streamings gesetzt würde.


Apple, New York. (Bild: Andrey Bayda / Shutterstock.com)
Apple, New York. (Bild: Andrey Bayda / Shutterstock.com)


Aber ist das noch Apple?

Abgesegnet ist der Deal aber noch nicht, laut der Financial Times könnte er auch noch scheitern. Ohnehin wäre dieser Schritt möglicherweise schädlich für Apple: Wir haben bereits in vergangenen Artikeln darauf hingewiesen, dass das Image für ein Unternehmen von grosser Wichtigkeit ist – aber welches Image steckt hinter Beats-Kopfhörern? Es handelt sich um Produkte für die Masse, von welchen sich Apple durch Qualität, Innovation und erstklassiges Design stets abheben wollte. Ob Beats Electronics daher ein wirklich sinnvoller Partner für Apple wäre, dürfte höchst zweifelhaft sein.

Auch passt ein Zukauf wichtiger Geräte nicht zu dem Apple, das in den vergangenen Jahren die Verkäufe dominiert hat: Innovationen und neue Produkte kamen stets aus dem eigenen Haus, kleinere Zukäufe aufstrebender Start-ups waren die Ausnahme. Falls Apple nun bei Beats Electronics zuschlägt, die Kopfhörer erwirbt und einfach ein eigenes Logo darauf überträgt, würde dieser Status als Innovationsschmiede verloren gehen. Apple muss also trotz der verführerischen Vorteile durch den Kauf aufpassen – auf das eigene Image, die Unternehmensphilosophie und auch die zukünftige Ausrichtung des Konzerns. Zuletzt hatte sich HTC bei der Partnerschaft mit Beats Electronics verschätzt, denn die vorübergehende Übernahme brachte dem Smartphone-Hersteller keine Vorteile – sondern gar nichts.

 

 

Oberstes Bild: © Beats Electronics, LLC – wikimedia.org

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