Wenn die Liebe ins Unternehmen kommt

Zwischenmenschliche Beziehungen werden überall dort entwickelt, wo sich Menschen begegnen. Besonders dann, wenn diese Begegnungen wiederkehrend, intensiv und von langer Dauer sind, entwickeln sich daraus soziale Kontakte, die schnell weit über das einfache Kennenlernen und Wertschätzen hinausgehen. Nicht selten wird der Arbeitsplatz zum Schauplatz solcher tiefen Beziehungen, aus denen immer wieder auch einmal echte Liebe wird.

Dann gilt es Entscheidungen zu treffen, die nicht nur für das persönliche Erleben der Liebenden wichtig sind, sondern durchaus auch für das Funktionieren der Arbeit im Unternehmen. Im folgenden Beitrag möchte ich kurz beleuchten, wie sich Liebes- und Lebensbeziehungen am Arbeitsplatz entwickeln, was im Arbeitsumfeld geht und was gar nicht geht.
Kennenlernen, Vertrauen, Wertschätzung, Nähe, Liebe

In dieser oder einer ähnlichen Kausalkette spielt sich jede Anbahnung einer tiefen zwischenmenschlichen Beziehung ab. Nicht nur im Leben überhaupt, sondern besonders auch bei der gemeinsamen Arbeit im Unternehmen. Menschen begegnen sich, lernen sich kennen und entwickeln unter günstigen Umständen schon bald eine vertraute Beziehung zueinander. Sofern sie sich „riechen“ können und auch mögen.

Oftmals bleibt zwischen Arbeitskollegen fortwährend eine gewisse Distanz, die besonders von der persönlichen Struktur der einzelnen Akteure bestimmt wird. Das ist auch gut so. Also Entwarnung an alle skeptischen Vorgesetzten und Unternehmer: Nicht aus jedem Kennenlernen auf beruflicher Basis wird eine Liebesbeziehung. Erst dann, wenn sich zum Kennenlernen ein grosses Mass an Vertrauen und Wertschätzung gesellt, ist der Boden bereitet für eine gewisse persönliche Nähe. Aber auch die ist nur Voraussetzung, nicht aber Grund für eine entstehende Liebe.

Erst wenn alle Faktoren der physischen, psychischen und sozialen Konstellation zweier vertrauter Menschen nahezu passen, kann es zu einer ernsthaften Liebesbeziehung kommen, die über gewisse Begehrlichkeiten hinausgeht. Muss es aber nicht. Darüber hat das einzelne Individuum nicht wirklich die Gewalt. Und auch Verbote schliessen eine sich entwickelnde Liebesbeziehung nicht aus.

Beziehungen unter Mitarbeitern per Betriebsordnung untersagen

Mit dieser Idee versuchen viele Unternehmen, die Entwicklung und gar das öffentliche Ausleben von Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz möglichst auszuschliessen. Dass das nicht geht, beweist das Leben selbst. Immer wieder entwickeln sich am Arbeitsplatz oder abteilungsübergreifend im Unternehmen Liebesbeziehungen, die sich einer solchen Regulation entziehen. Letztlich gibt es auch keinen wirklich vernünftigen, geschweige denn gesetzlichen Grund, um solche Liebesbeziehungen zu verbieten.

Anders sieht das natürlich in der Beziehung zu abhängigen Kindern und Jugendlichen oder Klienten aus. Dann verbietet sich eine Liebesbeziehung in Form einer Partnerschaft oder mit sexuellen Intentionen von sich aus.

Es ist also grundsätzlich Unsinn, persönliche Liebesbeziehungen unter Mitarbeitern per Dekret untersagen zu wollen. Im Ernstfall verliert ein Unternehmen dadurch sogar wertvolle Mitarbeiter. Und dann nicht nur einen, sondern vielleicht gleich zwei. Für die Wertschätzung von Liebesbeziehungen gibt es kein Gesetz und keine Ordnung, immerhin aber die Möglichkeiten der Intervention durch die Vorgesetzten. Hier verstehen wir Intervention nicht gleich als Verbot, sondern eher als Wahrnehmung und Wertschätzung einer Beziehung, die im betrieblichen Umfeld besonderer Klarheit bedarf.


Die Liebe zwischen Mitarbeitern ist durchaus eine motivierende und treibende Kraft, die sich auch positiv auf die Arbeitseinstellung und Leistungskraft der Beteiligten auswirken kann. (Bild: Gazlast / Shutterstock.com)


Was geht mit der Liebe?

Die Liebe zwischen Mitarbeitern ist durchaus eine motivierende und treibende Kraft, die sich auch positiv auf die Arbeitseinstellung und Leistungskraft der Beteiligten auswirken kann. Immerhin möchten sich besonders frisch verliebte Kollegen im Unternehmen gern auch weiter profilieren, um so in der Aufmerksamkeit des Partners zu bleiben. Das ist zunächst ein günstiger Fakt. Günstig ist es auch, wenn sich die Verliebten darüber im Klaren sind, dass der Arbeitsplatz nicht das Zuhause und das Büro nicht das Liebesnest ist. Gegenseitige Wertschätzung und vertrautes Entgegenkommen: ja; Knutschattacken, Eifersüchteleien oder gar Sex am Arbeitsplatz: nein!

Das erfordert von den Partnern ein hohes Mass an Reife und der Fähigkeit, die Arbeitsbeziehung von der Liebesbeziehung professionell zu trennen. Hier können Vorgesetzte eine durchaus hilfreiche Rolle spielen, wenn Sie mit den betreffenden Mitarbeitern klare Regelungen dazu besprechen, was bezüglich der Partnerschaft mit dem Kollegen oder der Kollegin geht und was nicht.

Was gar nicht geht

Nicht zu tolerieren sind störende Verhaltensweisen im Betrieb, die auf die persönliche Beziehung und Vertrautheit der Verliebten zurückzuführen sind. Gemeint sind hier alle negativen Einflüsse auf andere Mitarbeiter, Kunden und Vorgesetzte. So ist es beispielsweise nicht hinnehmbar, wenn die Auswirkungen der persönlichen Vertrautheit das Arbeitsergebnis dauerhaft beeinträchtigen. Natürlich können sich verpaarte Kollegen auch nicht ständig zum verliebten Stelldichein in irgendwelchen Bereichen treffen und damit ihre eigentliche Arbeit vernachlässigen.

Auch das öffentliche Zelebrieren sexueller Intentionen ist weder sinnvoll noch erwünscht. Besonders dann, wenn es Konflikte in der Beziehung gibt, sind diese nicht am Arbeitsplatz oder im betrieblichen Umfeld auszufechten. Solche Dinge müssen die Paare unter sich und eben zu Hause klären. Geht eine Beziehung auseinander, ist das für die Kollegen oftmals ein Grund zur Häme, was innerbetriebliche Liebesbeziehungen zusätzlich erschwert. Also gilt auch hier ein weises dichterisches Wort: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht noch was Bess’res findet!“

 

Oberstes Bild: © Gazlast – Shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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