Wie viel Führung braucht Ihr Unternehmen?

Die Führung von Unternehmen bedarf klarer Hierarchien, die einem möglichst durchschaubaren Konstrukt folgen sollen. Dabei kommt es zunächst nicht auf die Grösse der Unternehmen selbst und auch nicht auf die inhaltliche Ausrichtung an.

Wesentlicher Grund und damit auch Gestaltungsfaktor für Hierarchien sind erstrangig Leitungsaufgaben, die in einer bestimmten Struktur manifestiert werden sollen. Da die unterschiedlichen Hierarchieebenen aber selbst keine produktiven Wert darstellen, sollten diese so begrenzt wie nur möglich gehalten werden. Hierarchien sind ganz deutlich gesagt Führungsebenen. Und an diesem Punkt stellt sich die Frage: Wie viel Führung braucht Ihr Unternehmen?

Ohne Chef geht nichts

Jedes Unternehmen braucht einen Chef, den umfassend verantwortlichen Leiter schlechthin. Beim Einmannunternehmen ist es der Inhaber selbst, der Chef und sein eigener Angestellter zugleich ist. Hier ist die Verantwortung klar und völlig fraglos geregelt. In einer Kollektivgesellschaft sind es schon mindestens zwei Personen, die sich hier aber die Leitungsverantwortung teilen. Grössere Kollektivgesellschaften sollten mindestens eine Person als Führungsspitze deklarieren, auch wenn hier die Verantwortlichkeiten frei teilbar sind.

Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) ist es der Inhaber oder der Geschäftsführer, die als oberste Spitze im Unternehmen agieren. Ist das Unternehmen eine Aktiengesellschaft, dann wird diese entscheidend vom Aufsichtsratsvorsitzenden geführt. Es zeigt sich also, dass praktisch jedes Unternehmen einen Chef haben muss, der federführend die Entwicklung und das Schicksal des Unternehmens beeinflusst.


Besonders in grossen Unternehmen wird unter dem Chef ein umfangreiches Führungssystem installiert. (Bild: Apoint / Shutterstock.com)


Wie viel Hierarchie wird gebraucht?

Besonders in grossen Unternehmen wird unter dem Chef ein umfangreiches Führungssystem installiert. Hier sollen Spezialisten einzelne Bereiche lenken und jeder auf seinem Posten dafür sorgen, dass das Unternehmensziel erreicht wird und das Gesamtergebnis stimmt. Die Aufgabe jedes Mitgliedes in irgendeiner Hierarchie besteht also darin, zu lenken, zu leiten, zu analysieren und zu kontrollieren. Am Produktionsprozess selbst nimmt die Hierarchie als solche nicht teil. Nicht selten überraschen Unternehmen mit einer überaus umfangreichen Leitungsstruktur, die mit Posten und Pöstchen ausgestattet jeden Handgriff, jedes Ereignis im Unternehmen und darüber hinaus beeinflusst.

Dabei wird oftmals die Grenze des Sinnvollen überschritten. In der Folge entstehen hohe Kosten für die Verwaltung, Administration und Leitung eines Betriebes, Mitarbeiter fühlen sich in starre Gruppen eingeteilt, nicht selten gegängelt und in ihrer schöpferischen Freiheit begrenzt. Ist das der Fall, dann gibt es in solchen Unternehmen eindeutig zu viele Hierarchieebenen mit übermässig vielen Führungskräften. Spätestens dann ist eine Reform der Hierarchiestruktur im Unternehmen gefragt.

Verstehen wir die Hierarchie nicht als Zuordnung von Ämtern und Posten, sondern als notwendiges Führungsinstrument, dann lässt sich schnell erkennen, wie viel Hierarchie ein Unternehmen wirklich braucht. Letztlich bemisst sich dieses Mass danach, wie viel Führung der einzelnen Mitarbeiter in den Arbeitsgruppen und Bereichen wirklich erforderlich ist. So braucht nicht jeder Beschäftigte einen Aufpasser, nicht jede Abteilung braucht einen eigenen Vorgesetzten und Unternehmensteile mit ähnlichen Aufgaben und Arbeitsinhalten können durchaus unter einem Vorgesetzten zusammengeführt werden. Das macht Hierarchien flacher, Entscheidungen und Verantwortungen transparenter und die Führungsarbeit im Unternehmen letztlich effektiver und kostengünstiger.

Wenn sich die Leitung selbst leitet und die Kontrolleure selbst kontrollieren

Der klassische Aufbau von Führungsebenen in grossen Unternehmen führt dazu, dass Führungskräfte von wiederum anderen Führungskräften geleitet werden und Kontrolltätigkeiten weiter nach oben kontrolliert werden. Daraus entsteht ein Geflecht von Abhängigkeiten, Unterstellungen und geteilten Verantwortungen, die ein Unternehmen regelrecht lähmen können – von den hohen Kosten einmal ganz abgesehen. Löhne und Gehälter orientieren sich nicht mehr am produktiven Ergebnis, sondern vielmehr an der Position in der innerbetrieblichen Hackordnung.

Damit verliert Arbeit an sich an Wert und jede Führungskraft verdient mehr als der Arbeiter, der die eigentlichen Werte schafft. Das schmälert nicht nur den Gewinn des Unternehmens, sondern degradiert die Produktivkraft Mensch zum Erfüllungsgehilfen monetärer Ansprüche der Führungskaste. Letztlich leiten sich die Leiter gegenseitig von oben nach unten und üben selbstverständlich eine entsprechende Kontrolle aus. Damit geht der eigentliche Sinn der Leitungsposition in modernen Unternehmen verloren.

Flache Hierarchien fordern und fördern

Ja, wir können flache Hierarchien mit wenigen Leitungspositionen fordern. Und wir können sie fördern. Vielmehr gefragt ist hier aber, wie flache Hierarchien fordernd und förderlich auf die Arbeit im Unternehmen wirken können. Mitarbeiter in Betrieben mit nur wenigen Leitungsebenen und klar verteilten Verantwortlichkeiten sind im Durchschnitt aktiver, schöpferischer und erfolgreicher als vergleichbare Kollegen in Betrieben mit übermässig vielen Hierarchieebenen. Auch die Zusammenarbeit über Bereiche hinweg funktioniert in Unternehmen mit flachen Hierarchien deutlich reibungsloser, intensiver, effektiver und eben besser.

Meist gibt es in solchen erfolgreichen Unternehmen einen Chef und maximal zwei weitere Führungsebenen. Das reicht in aller Regel auch aus. Kleinere Unternehmen kommen sogar mit nur einer Führungsebene unter dem Geschäftsführer klar. Hier leiten die Führungsmitarbeiter die produktiven oder verwaltend tätigen Mitarbeiter an und berichten direkt dem Chef. Das reicht meist aus und spart jede Menge Kosten für nicht wirklich erforderliche Zwischenebenen in der Hierarchie.

Flache Hierarchien fordern die Beschäftigten umfassend und fördern deren Identifikation mit dem Unternehmen und das Verantwortungsgefühl für das Gesamtunternehmen. Damit wirken flach gehaltene Leitungspyramiden nachhaltig produktiv und begrenzen das System von Überordnung und Unterordnung auf ein wirklich erforderliches Mass. Und genau so erzielen Unternehmen mit klarer Struktur ihren wirtschaftlichen und immateriellen Erfolg.

 

Oberstes Bild: © jesadaphorn – Shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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