Effizient, wertschätzend, ethisch fundiert: Dieser Führungsstil bringt den Erfolg

Über Generationen vertraut: Der Chef bestimmt und kontrolliert. Strahlt er dazu noch Autorität aus, reagiert der Mitarbeiter mit guter Leistung. Ein eindeutiges Rollenverständnis, das auf den Prüfstand gehört. Mit demografischem Wandel, Globalisierung und Individualisierung wachsen die Anforderungen an Führungskräfte. Der harte Konkurrenzkampf um die besten Fachkräfte zwingt Unternehmen, Führungsstile in Richtung Nachhaltigkeit zu überdenken.

Lukrative Bezahlung genügt nicht. Wer Angestellte binden will, muss sich einem Trend stellen, der gelebten Unternehmenswerten und intrinsischer Motivation Prioritäten einräumt – einem nachhaltigen Führungsstil.

Doch nach einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Gallup sind 85 Prozent der Deutschen derzeit im Job frustriert, fast ein Viertel habe innerlich gekündigt. Und zwar, ohne dass es ihren Vorgesetzten bewusst ist, weiss eine für das Handelsblatt durchgeführte Forsa-Studie. Hauptgrund für Frustration und Kündigung sei schlechte Personalführung, aber trotzdem sind 95 Prozent der Chefs überzeugt, dass ihre Mitarbeiter sie schätzen. Dabei handelt es sich bei der Mehrzahl ungeliebter Chefs nicht um schäumende Choleriker, sondern um Sandwich-Vorgesetzte des mittleren Managements: Sie müssen oft strategische Entscheidungen durchsetzen, ohne dass sie die Unternehmensleitung daran beteiligte – fühlen sich also selbst nicht wohl in ihrer Haut. Aber wie sieht der ideale Chef aus? Das Institut der deutschen Wirtschaft fand es heraus: 69 Prozent wünschen sich einen Chef, der sie wertschätzt und dies auch zeigt. Bis dahin macht Deutschland zu 61 Prozent Dienst nach Vorschrift – ein volkswirtschaftlicher Schaden, den Gallup mit 112 bis 138 Milliarden Euro jährlich beziffert.

Anders führen: Beziehungsorientierung auf Basis ethischer Grundsätze

Frustrierte Angestellte konnten sich am 31. Januar in der Online-Ausgabe der Bildzeitung Luft machen. Gehen Leser gern zur Arbeit? wollte das Voting wissen und stellte Fragen wie: Mögen Sie Ihren direkten Vorgesetzten? Halten Sie ihn für kompetent? oder: Wie schätzen Sie Ihre eigene Motivation ein? Eine GLOBE-Erhebung unter über 18.000 Geschäftsführern, Vorständen und Managern des mittleren Managements befragte die andere Seite des Schreibtisches zum Thema Führungsstil. So orientiert sich die so genannte transformationale (beziehungsorientierte) Führung an ethischen Werten. Die kooperative Führungskraft wirkt als Vorbild, das Unternehmensideale selbst lebt. Ein wertschätzender Führungsstil, bei dem das Gehalt an Bedeutung verliert, weil er für Arbeitszufriedenheit sorgt: Der Anteil sehr zufriedener Mitarbeiter verdoppelte sich laut Umfrage auf über 90 Prozent.

Allerdings steht die breite Umsetzung dieses Ansatzes vielerorts noch aus. Wie das Personalpanel des Instituts der deutschen Wirtschaft herausfand, erleben nur 19 Prozent der Beschäftigten diesen Führungsstil in ihrem Unternehmen, nur zwei Prozent wissen überhaupt, dass ein gemeinsames Werteverständnis existiert. Es besteht also Nachholbedarf: Auch der HOW-Report 2013, der über 36.000 Mitarbeiter und Führungskräfte befragte, ergab: Unternehmen, die eine wertebasierte Führung charismatisch leben, sind auf Dauer erfolgreicher. Der GALLUP Engagement Index 2012 belegte, dass individuelle, anpassungsfähige Führung Mitarbeiter emotional bindet – und so innerer Kündigung und Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe vorbeugt. Denn wer sich emotional an sein Unternehmen gebunden fühlt, hat mehr Vertrauen zur Führungskraft (99 Prozent) und ist loyaler (93 Prozent). 82 Prozent empfahlen ihre Firma als Arbeitsplatz weiter, 66 Prozent waren aufgeschlossener für Innovationen.

Plötzlich Chef: Neue Chancen für die Sandwich-Ebene

Nicht nur alte Hasen müssen umdenken. Wer neu in der Führungsrolle ist, hat die Chance, seine Abteilung – Backing durch die nächste Ebene vorausgesetzt – nach neuem Führungsverständnis zu prägen. Herausforderung und Doppelrolle für Newbies, die die Beförderung im selben Unternehmen nicht selten als Minenfeld erleben. Wo Kollegen, die Stärken und Schwächen genau kennen, zu Untergebenen werden, können Beziehungen in Schieflage geraten, weiss Michael Krämer, Psychologie-Professor an der FH Münster. Teamleiter aus anderen Firmen haben einen Autoritätsvorsprung. Gut, wenn der nächste Vorgesetzte als Mentor den Einstand unterstützt und den frischgebackenen Chef persönlich vor der Gruppe einsetzt. Besser, wenn der Mentor Team und Chef durch den Prozess begleitet – ein noch zu seltener Idealfall. Doch Unternehmensberater beobachten einen Wandel in der Firmenkultur Richtung professioneller Begleitung, die hilft, die Balance zwischen Laissez-Faire-Vakuum und Überstrenge zu finden. In der Sandwichposition zwischen ehemaligen Kollegen und eigenem Vorgesetzten ist das Dümmste, was der neue Vorgesetzte tun kann, sich mit seinen Mitarbeitern gegen die nächsthöhere Ebene zusammenzutun. Sicher empfiehlt es sich, weiter beim Du zu bleiben, aber auf ein Bier nach der Arbeit? Ein Plus an Distanz, das aber nicht isolieren darf, schadet jetzt nicht. Michael Krämer rät dem Führungsnachwuchs, mit ihrem Team bald gemeinsame Erfolge zu verbuchen – und dies auch transparent gegenüber der nächsten Führungsebene herauszustellen.

Demokratie im Unternehmen: Chef selbst (ab)wählen

Nicht zuletzt verflachende Hierarchien verführen Leitungskräfte wie Thomas Sattelberger, Ex-Personalvorstand der Deutschen Telekom, in Interviews dazu, statt von Angestellten von Unternehmensbürgern zu sprechen. Werden die Unternehmen der Zukunft immer demokratischer? Beim Personaldienstleister Haufe-umantis, Anbieter für Personalmanagement-Software, ist Demokratie als Zukunftsvision schon Wirklichkeit. Angeregt durch Mitgründer Hermann Arnold, wählen die gut 120 Mitarbeiter hier ihre Chefs selbst. Im November 2013 stellten sich alle Führungskräfte einem anonymem Votum. 25 Kandidaten, 21 führende Positionen: Elf Positionen wurden bestätigt, sieben Mitarbeiter stiegen ins Management auf. Dazu wurden drei Stellen durch Externe besetzt und eine Führungskraft sogar abgewählt.


Unternehmen, die ihren Mitarbeitern das Vertrauen schenken, selbst mitzubestimmen, danken dies mit gesteigerter Motivation. (Bild: lichtkunst.73 / pixelio.de)


Nicht nur Hermann Arnold ist überzeugt: Unternehmen, die ihren Mitarbeitern das Vertrauen schenken, selbst mitzubestimmen, danken dies mit gesteigerter Motivation. Dazu bot der Stimmzettel Platz für Tipps und Erwartungen an die Vorgesetzten. Gewählt war, wer über 50 Prozent Zustimmung erfuhr. Ja, Demokratie im Unternehmen ist schlecht für die Nörgler: Sie macht es eindeutig schwieriger, dem Chef den Schwarzen Peter für die eigene Inkompetenz zuzuschieben. Und nein, so CEO Marc Stoffel, die Wahl sei kein Werbegag, sondern man wollte wirklich etwas über die Teamerwartungen erfahren und auch, wie die Führungskräfte ihre Rolle selbst verstehen. Aber man wisse auch, dass sich demokratische Wahlen für Grosskonzerne nur eingeschränkt eigneten. Und was passiert mit dem, der abgewählt wird? Er wird aufgefangen – auch das gehört zur innovativen Kultur des avantgardistischen Demokratiekonzepts.

 

Oberstes Bild: @ lucadp – Fotolia.com

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