Fliegende Autos – haben sie eine Zukunft? Teil 1

Wenn Sie bei einer Internet-Suchmaschine den Begriff „fliegende Autos“ eingeben, bekommen Sie sofort reihenweise Artikel angezeigt, die sich mit dem Thema Stau befassen. Wie schön es doch wäre, ein paar Knöpfe zu drücken oder Hebel umzulegen, um Flügel oder Rotoren auszufahren! Einfach abzuheben, die schleichende Blechkarawane und all die anderen Autofahrer hinter bzw. unter sich zu lassen und gemütlich zur Arbeit oder nach Hause in den Feierabend zu fliegen!

Da aber wohl jeder Autofahrer so denkt und träumt, der ein- oder mehrmals am Tag den stockenden Verkehr verflucht, würden wohl alle gleichzeitig abheben und vom Fahrer zum Piloten mutieren. Aber was dann? Dann stünde man wohl nicht mehr, man schwebte im Stau. Oder dürfte jeder herumfliegen, wie er wollte, kreuz und quer, auf und ab? Ich möchte mir das lieber nicht vorstellen, schon gar nicht in Grossstädten. In einem Film wie „Zurück in die Zukunft“ mag ein fliegendes Auto noch eine verlockende Idee sein. Bei Szenen wie in „Das fünfte Element“ hat sich das Getümmel allerdings nur von der Strasse in die Luft verlagert – das Chaos ist ähnlich.

Dies ist ein Bericht über fliegende Autos in zwei Teilen. Hier das Inhaltsverzeichnis:

Teil 1: Fliegende Autos – haben sie eine Zukunft?

Teil 2: Fliegende Autos – haben sie eine Zukunft?

Blick zurück in die Geschichte

Seit es Autos und Flugzeuge gibt, träumen Menschen auch von fliegenden Autos. Der erste Entwurf stammt von Glenn Curtiss, einem amerikanischen Rennfahrer und Luftfahrtpionier, und datiert auf das Jahr 1917. Dieses „Autoplane“ (siehe Bild) hob zwar für kurze Strecken vom Boden ab, war aber insgesamt nicht flugfähig. Ein zweiter Versuch folgte 1936 mit dem Pitcairn Autogyro AC-35. Dieses Gerät schaffte immerhin bereits einen Rundflug über Washington, landete dann in einem Park und fuhr nach einem kurzen Umbau auf der Strasse zurück zu seinem Ausgangspunkt. Obwohl geplant, ging das Pitcairn-Flugauto nicht in die Serienproduktion. 1937 folgte das Waterman Aerobile, entwickelt von Waldo Waterman. Dieses Exemplar kam immerhin auf mehrere Starts und Landungen und wurde auch in mehreren Exemplaren gefertigt. Henry Ford äusserte sich übrigens 1940 zum Thema Flugautos. Er war fest davon überzeugt, dass eine Kombination aus Automobil und Flugmaschine irgendwann zum Alltag gehören würde.



Mit dem einsetzenden Science-Fiction-Boom nach dem Zweiten Weltkrieg kam allgemein die Vorstellung auf, fliegende Autos würden in nicht allzu ferner Zukunft ein Standard-Transportmittel im Individualverkehr sein. Tatsächlich gestaltete sich die Entwicklung eher in die entgegengesetzte Richtung. Zwar wurden mehrere Prototypen gebaut, kommerziell durchsetzen konnte sich jedoch kein einziges. Zudem blieben sie allesamt unbemerkt von einer grösseren Öffentlichkeit. 1946 hatte das AirCar von Convair seinen Jungfernflug, 1949 und 1950 folgten die Modelle I-III des Aerocar von Moulton Taylor. Der Ingenieur Henry Smolinski konstruierte aus dem rückwärtigen Teil einer Cessna und eines Ford Pinto den AVE Mizar, doch die beiden Teile brachen im Flug auseinander. Smolinski und sein Pilot kamen bei dem Flug ums Leben.

Erfolgreicher war bis heute der kanadische Konstrukteur Paul Moller. Er begann bereits 1964 mit der Entwicklung von senkrecht startenden Flugmaschinen und ist immer noch auf diesem Gebiet aktiv. Zu seinen Verdiensten gehören Fortschritte in vielen Detailfragen und die Aufrechterhaltung der Vision vom fliegenden Auto über die Jahrzehnte bis heute. Aktuell arbeitet die Moller Corporation an einem Viersitzer. Der Vorläufer für zwei Personen fliegt bereits seit 2003. Das erste Flugauto, das schliesslich in Serie ging, ist das Modell „I-TEC Maverick“ von Steve Saint. In den USA hat die Maschine sowohl die Flug- als auch die Strassenzulassung erhalten.



 Wie steht es um die Technik?

In den letzten Jahren haben weitere Modelle von sich reden gemacht. Das „Transition“ des US-amerikanischen Herstellers Terrafugia zum Beispiel soll noch 2015 in einer Kleinserie auf den Markt kommen. Ebenfalls für 2015 oder spätestens 2016 ist die Einführung des „PAL-V ONE“ geplant, eines Trike-Tragschraubers des Ingenieurs John Bakker. „PAL-V“ steht für „Personal Air and Land Vehicle“. Besonders ausgereift und ästhetisch gelungen präsentiert sich das „Aeromobil“, konstruiert von Stefan Klein aus Bratislava (Slowakei). Die Version 3.0 wurde im Oktober 2014 vorgestellt und soll nach Aussage des Herstellers marktreif sein.

Ein weiteres interessantes Projekt ist „MyCopter“, an dem ein Konsortium aus Deutschland, der Schweiz und England arbeitet. Zu den Partnern gehören das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen, The University of Liverpool, die École Polytechnique Fédérale de Lausanne, die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, das Karlsruher Institut für Technologie sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die Forscher haben ein Szenario entwickelt, das bereits recht konkret aussieht und sich nicht nur um Fragen der Konstruktion kümmert, sondern auch um die allgemeinen Rahmenbedingungen. Wie wesentlichen Probleme sind nach Ansicht der Beteiligten schon längst nicht mehr technischer Natur. Die meisten der notwendigen Technologien gibt es bereits oder sie stehen kurz vor der Serienreife.

Das Projekt „MyCopter“ gibt eine entscheidende Lösung bereits vor. Fliegende Autos werden wohl eher Hubschraubern als Flugzeugen ähneln, wenn sie Erfolg haben sollen, denn sie lassen sich einfacher in bestehende Verkehrssysteme einbauen. Das Problem von Maschinen wie Aeromobil oder Terrafugia besteht darin, dass sie eine Start- und Landebahn benötigen, also flugplatzähnliche Strukturen. Vor einer roten Ampel oder im Stau werden sie nicht mal eben kurz in die Lüfte steigen. Diese Geräte wären eventuell für ländliche und wenig besiedelte Regionen geeignet, aber nicht für grossstädtische Ballungsräume.

(Fortsetzung im 2. Teil)

 

Oberstes Bild: Flying Car des US-amerikanischen Herstellers Terrafugia (© LotPro Cars, Wikimedia, CC)

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Mehr zu Ulrich Beck

hat Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert und ist zusätzlich ausgebildeter Mediendesigner im Segment Druck. Er schreibt seit über 30 Jahren belletristische Texte und seit rund zwei Jahrzehnten für Auftraggeber aus den unterschiedlichsten Branchen.

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