Droht der Schweiz doch eine Wirtschaftskrise?

Bangemachen gilt eigentlich nicht. Obwohl die Schweizer Wirtschaft bislang kaum von den Krisen der Handelspartner respektive der Absatzländer in Mitleidenschaft gezogen wurde, schürte gerade dieses Wachstumshemmnis die Furcht vor einer ökonomischen Krise in der Alpenrepublik. Kaum ein Tag verging, an dem es nicht entsprechend warnende und mahnende Worte von Wirtschaftsvertretern, Politikern oder der Fachpresse gab.

Anfang Oktober ist es nun so weit. Die Anzeichen dafür haben sich deutlich verdichtet, dass die eidgenössische Wirtschaft nun auch in den Sog der wirtschaftlichen Turbulenzen in anderen Ländern geraten ist. Die jüngsten Konjunkturdaten im Hinblick auf die Weltwirtschaft und die Schweiz sind jedenfalls keineswegs erbaulich und werden von den Ökonomen als überaus deutlicher Fingerzeig in Richtung Wachstumsabschwächung gewertet.

Aktuelle Berechnungen der UBS: Konsumeintrübung in allen Bereichen spürbar

Gerade der von der UBS, die als stärkste und grösste Universalbank der Schweiz Hauptsitze in Basel und Zürich unterhält, errechnete Konsumindikator lässt dabei reichlich Raum für eher negative Spekulationen. Er zeigt nämlich, dass sich der Privatkonsum in Bezug auf das Wachstum innerhalb der vergangenen zwei Jahre nahezu halbiert hat. Konnte die Schweiz diesbezüglich im Jahr 2012 noch ein Wachstum von rund 2,2 % vorweisen, so können im Oktober 2014 noch gerade einmal 1,2 % vermerkt werden.

Diese aktuellen Berechnungen haben für die Schweiz eine nahezu prekäre Bedeutung. Schliesslich beträgt der Anteil des Privatkonsums am Gesamtausstoss der eidgenössischen Wirtschaft – gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) – fast 70 %. Zudem darf nicht vergessen werden, dass der Konsum in den vergangenen Jahren als wichtigster Träger des Wirtschaftswachstums in der Schweiz fungiert hat.

Die Vorboten dieser nunmehr eingetretenen Konsumeintrübung hatten sich allerdings bereits Ende August/Anfang September angekündigt. Schon damals hatte das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco vermeldet, dass im zweiten Quartal des Jahres 2014 das Wachstum stagniert hatte. Da kaum ein Konjunkturbeobachter mit diesem Umstand gerechnet hatte, war die Überraschung, und auch eine gewisse Verunsicherung, spürbar. Schon damals sprachen die Wirtschaftsexperten von einem deutlichen Warnzeichen, das sehr ernst genommen werden müsse. Zusätzliche Hinweise bzw. Signale wie zum Beispiel das sinkende Konsumentenvertrauen verstärkten die Furcht der Wirtschaft vor einer weiter voranschreitenden Konjunkturabkühlung dann noch weiter. Und jetzt ist eben letztendlich der Konsumindikator tatsächlich abgerutscht.

Wirtschaftsexperten sind sich nicht einig: Steht der Schweiz eine wirtschaftliche Krise bevor?

Als Konsequenz aus dieser Entwicklung haben nun sowohl staatliche Prognoseinstitute als auch eine ganze Reihe von Banken ihre Wachstumsprognosen für die Alpenrepublik teilweise deutlich nach unten korrigiert. Während dabei die Konjunkturforschungsstelle KOF aufgrund der eigenen Befragung massgeblicher Institute zum Beispiel von einem BIP-Wachstum von immerhin noch 1,8 % (zuvor 2,1) ausgeht, senkte die UBS das zu erwartende BIP-Wachstum gleich um 0,8 % auf nunmehr 1,3 %. Treffen die eher pessimistischen Prognosen zu, ist dies gleichbedeutend mit einer überaus deutlichen Abschwächung des Wachstums in der Schweiz. Zum Vergleich: Noch im vergangenen Jahr wuchs die hiesige Wirtschaft immerhin noch mit rund 2 %.

Die Frage ist nun, ob die aktuellen Zahlen eine Krise respektive eine Rezession ankündigen. Die Meinungen gehen hier auseinander. Während einige Wirtschaftsexperten bei einer weiteren starken Wachstumsabschwächung durchaus auch Probleme für die ganzheitliche Wirtschaftslage der Schweiz sehen, wiegeln Protagonisten wie zum Beispiel der Chefökonom der UBS, Andreas Höfert, vehement ab. Das Krisengerede sei nach augenblicklicher Sachlage Quatsch, liess er verlauten. Noch sei die Schweiz weiterhin quasi der wirtschaftliche Überflieger, da die Konjunkturlage auch bei Eintreffen pessimistischer Prognosen immer noch deutlich besser bleiben dürfte als in anderen Regionen bzw. Ländern.

Fakt ist jedenfalls, dass die Marktbeobachter keine allzu spürbare Unruhe auf dem Arbeitsmarkt erwarten. Analog zu den inzwischen revidierten Prognosen im Hinblick auf das Wachstum und die Schweizer Wirtschaft an sich soll sich die Arbeitslosenquote nur geringfügig auf rund 3,2 % erhöhen. Diese Erhöhung um gerade einmal 0,2 % hat dabei teilweise sogar saisonale Gründe.

Ohnehin sind die Gegebenheiten in der Binnenwirtschaft keine wichtige Ursache für das schrumpfende Wachstum in der Schweiz. Viel entscheidender sind der Aussenhandel und die Situation der Handelspartner. Gerade Faktoren aus diesem Umfeld wirken sich auf die eidgenössische Konjunkturlage und auf die inländische Nachfrage aus. Hier kommt es grundsätzlich quasi zu einer Wechselwirkung, da die helvetischen Exporteure im Inland weniger investieren, wenn ihre Geschäfte im Ausland nicht wie gewünscht laufen.


Die Wirtschaftserwartungen der Schweiz sind von der UBS und anderen Institutionen nach unten korrigiert worden. (Bild: 360b / Shutterstock.com)
Die Wirtschaftserwartungen der Schweiz sind von der UBS und anderen Institutionen nach unten korrigiert worden. (Bild: 360b / Shutterstock.com)


Sollte sich die wirtschaftliche Krise in anderen Ländern, die Schweizer Produkte importieren, weiter verschärfen, kann davon ausgegangen werden, dass sich auch die hiesigen Wirtschaftsdaten weiter nach unten orientieren. Zwar wollen viele Marktanalytiker an Szenarien dieser Art momentan nicht so recht glauben, aber dabei sollte stets berücksichtigt werden, dass die eidgenössischen Wirtschaftsexperten bereits die jetzt eingetretene Abkühlung nicht haben kommen sehen. So wurde im Rahmen der Konjunkturprognose im April noch von guten Aussichten gesprochen.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) versucht jedenfalls im Euroraum das Währungsverhältnis mittels des Mindestwährungskurses positiv für die Konjunktur in den jeweiligen Absatzländern zu gestalten. Laut der UBS-Ökonomen wird die SNB voraussichtlich noch bis mindestens 2016 an dem strikt verteidigten Mindestwährungskurs von 1,20 Franken pro Euro festhalten. Daher wird sie auch den aktuellen Leitzins erst einmal nicht anheben können. Eine steigende Inflation sollte aber kein Thema sein, während eine Deflation mit sinkendem Preisniveau durchaus realistisch erscheint.

 

Oberstes Bild: © Filipe Frazao – Shutterstock.com

jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-22').gslider({groupid:22,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});