Konjunkturprognose: Gute Aussichten für die Schweizer Wirtschaft

Der Schweiz geht es wirtschaftlich derzeit ausgezeichnet. Die Folgen der Finanzkrise sind weitestgehend überwunden, die Konjunktur befindet sich seit längerer Zeit im Aufwind. Auch der Schweizer Arbeitsmarkt bietet grösstenteils ein positives Bild. Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) legte jetzt aktuelle Zahlen vor.

Zwar korrigierte sie ihre Prognose für die Schweizer Wirtschaft im Vergleich zum Jahreswechsel leicht nach unten. Trotzdem gibt ihr Ausblick für das laufende Jahr sowie für 2015 sehr viel Grund für Optimismus.

Im Dezember 2013 ging das Team um KOF-Chef Jan-Egbert Sturm noch von einem realen Wirtschaftswachstum von 2,2 Prozent für 2014 aus. Jetzt haben die Analysten ihre Annahmen um 0,2 Prozentpunkte nach unten korrigiert. Auch 2015 wird das Schweizer Bruttoinlandsprodukt (BIP) voraussichtlich um 2,1 Prozent wachsen – ebenfalls mit einer Anpassung von 0,2 Prozentpunkten nach unten.

Laut Sturm wurden die Korrekturen aus zwei Gründen nötig: Erstens sei das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal 2013 etwas schwächer ausgefallen als ursprünglich erwartet, daher sei auch der statistische Überhangeffekt geringer. Ausserdem hatten bereits im Vorfeld der Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative Teile der Schweizer Wirtschaft mit Unsicherheiten im Hinblick auf Investitionen und neue Bauprojekte reagiert. Für die Baubranche waren in den letzten Jahren die Zuwanderung sowie das niedrige Zinsniveau wesentliche Stimuli. Die KOF erwartet vor allem für den Wohnungsbau ab 2015 ein spürbar sinkendes Investitionsvolumen.

Intakter Binnenkonsum und Aufschwung auf dem Weltmarkt

Der wirtschaftliche Erfolg der Schweiz ist trotz dieser Einschränkung jedoch bis auf weiteres ungebrochen. Triebkräfte für die Schweizer Wirtschaft sind derzeit sowohl der intakte Binnenkonsum als auch der Aufschwung des Handelsvolumens auf dem Weltmarkt. Die wirtschaftliche Erholung in Europa geht bisher zwar auf relativ niedrigem Niveau vonstatten, dürfte jedoch trotzdem einen positiven Einfluss auf die Schweizer Exportwirtschaft haben.

Die KOF prognostiziert, dass die Exporte aus der Schweiz ins Ausland in diesem und im nächsten Jahr um 4,3 respektive 4,7 Prozent steigen werden. Die Importe legen 2014 voraussichtlich um 3,6 Prozent zu, im kommenden Jahr folgt dann ein weiterer Zuwachs um 4,4 Prozent.

Weiter sinkende Erwerbslosenquoten bei Steigerung der Arbeitsproduktivität

Der positive Trend der Wirtschaft spiegelt sich auch auf dem Arbeitsmarkt wider. Die Arbeits- und Erwerbslosenquoten werden sehr wahrscheinlich weiter sinken. Die KOF rechnet damit, dass die Zahl derjenigen, die in Beschäftigung sind, 2014 um 1,1 Prozent und 2015 nochmals um 1,2 Prozent wachsen wird. Ausserdem gehen die Forscher davon aus, dass die Schweiz ihre Arbeitsproduktivität im Prognosezeitraum bis Ende 2015 um 0,9 Prozent pro Jahr steigern kann. Ob und welche Auswirkungen dies auf die realen Beschäftigungsquoten hat, bleibt abzuwarten. In den vergangenen Jahren verlief die Entwicklung der Arbeitsproduktivität in der Schweiz nicht immer linear.

Beispielsweise war sie 2012 um 0,7 Prozent gefallen, dabei stieg die Nachfrage nach Arbeitskräften vor allem im Dienstleistungssektor, der in der Regel nicht durch hohe Produktivität geprägt ist. Derzeit erwarten die KOF-Experten, dass die exportorientierte Industrie zumindest im sekundären Sektor versuchen wird, die konjunkturell bedingten grösseren Auftragsmengen mit ihren Stammbelegschaften zu bewältigen und dass diese Konstellation die Produktivitätsentwicklung massgeblich treibt.

Da die KOF das Produktivitätsniveau der Schweiz als nach wie vor relativ gering beurteilt, geht ihre Prognose davon aus, dass die Nominallöhne der Beschäftigten nur in sehr moderatem Umfang steigen. Im laufenden Jahr wird der Lohnzuwachs voraussichtlich nur 0,6 Prozent betragen. Das Beratungsunternehmen know.ch liefert auf der Basis von Umfragen in Schweizer Firmen hier eine etwas optimistischere Prognose und geht von einem durchschnittlichen Lohnzuwachs von 1,08 Prozent aus.

Der Schweizer Detailhandel gibt sich optimistisch

Positive Signale kommen auch von anderen Beobachtern der Schweizer Wirtschaftswelt. Im Detailhandel ist die Stimmung so optimistisch wie schon seit langer Zeit nicht mehr. Der UBS-Konsumindikator befand sich nach einem eher schwachen Jahresauftakt im Februar 2014 wieder im Aufwärtstrend, zumal unter anderem – wie zuvor bereits zum Jahresende 2013 – eine spürbare Belebung auf dem Automarkt sowie die Zunahme des Schweizer Inlandstourismus beigetragen hatten.

Auch sonst befinden sich Frau und Herr Schweizer in Shoppinglaune. Der Index zur Geschäftsentwicklung im Detailhandel, der ebenfalls in den Konsumindikator einfliesst, erreichte mit einem Sprung von vier auf zwölf Punkte den höchsten Stand seit Mai 2011. Zudem habe die starke Nachfrage in den Geschäften die rückläufige Preisentwicklung mehr als ausgeglichen. Laut Einschätzungen der KOF sowie des unabhängigen Wirtschaftsforschungsinstituts BAK Basel wird der positive Trend im Detailhandel derzeit vor allem durch den Lebensmittelsektor getrieben. Die Umsätze im Non-Food-Bereich weisen zwar noch nicht klar nach oben, immerhin haben die Händler jedoch die negative Tendenz des vergangenen Jahres hinter sich gelassen.


Die Anzahl offener Stellen wächst. (Bild: Fly_dragonfly / Shutterstock.com)


Die Anzahl offener Stellen wächst

Auch die Zahl der offenen Stellen steigt weiter an. Die Personalberatung x28 veröffentlicht in jedem Quartal einen Überblick über bestehende Vakanzen: Demnach sind in Schweizer Unternehmen derzeit 120’513 Stellen zu besetzen – 5,1 Prozent mehr als im ersten Quartal 2013. Jede fünfte offene Stelle findet sich im Handwerkssektor, jede elfte Vakanz betrifft eine Führungsposition. Der Bericht zeigt ausserdem, in welchen Branchen die Unternehmen Schwierigkeiten haben, geeignetes Personal zu finden.

Im IT-Bereich sowie im Gesundheitswesen waren im ersten Quartal 2014 durchschnittlich 6’060 respektive 5’475 Arbeitsplätze unbesetzt. Auch im Baugewerbe (3’954), im Detailhandel (3’835) sowie in der Gastronomie (3’507) gibt es überdurchschnittlich viele Vakanzen. Die von der Seco ausgewiesene Arbeitslosenquote lag im Februar 2014 bei 3,5 Prozent – in der Schweiz herrscht damit nach gängigen Massstäben de facto so gut wie Vollbeschäftigung.

 

Oberstes Bild: © benicce / Shutterstock.com

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