Wird Google Glass gefährlich für Unternehmen?

Google auf dem Computer, Google auf dem Handy – und Google auf der Nase? Die Datenbrille Google Glass soll Nutzern dabei helfen, Informationen schneller abzurufen. Gleichzeitig fürchten Kritiker jedoch, dass damit ein Verlust der Privatsphäre einhergehen könnte. Ob auch dieses Projekt des Unternehmens von Erfolg gekrönt sein wird, bleibt daher abzuwarten.

Kein Selbstläufer

Derzeit – allerdings kann sich dies noch ändern, da Glass noch nicht einmal im Handel erhältlich ist – arbeiten die Vorabversionen der Brille nur im Verbund mit einem Smartphone. Dieses wird per Bluetooth mit Glass verbunden, um anschliessend alle Informationen synchronisieren zu können. Das Ziel ist natürlich eindeutig: Wenn wichtige Daten direkt im Sichtfeld des Nutzers eingeblendet werden können, spart dieser sich den Griff in die Hosen- oder Handtasche zum Handy. Der Funktionsumfang der Brille ist dabei bereits jetzt recht beeindruckend.

So kann Google Glass den Träger beispielsweise an Reservierungen in Hotels oder Restaurants erinnern. Wer hingegen einen Film schauen möchte, darf sich Empfehlungen und nahegelegene Kinos anzeigen lassen. Auch die Verkehrslage, ein Kartendienst oder auch Wetternachrichten zählen zu denjenigen Informationen, welche direkt vor den Augen des Nutzers eingeblendet werden können.

Interessant sein dürfte auch das Ansehen von Filmen: Per Antippen kann das Video pausiert werden, eine Fingerbewegung am Rahmen der Brille spult das Gesehene vor oder zurück. Virtuelle Reisen werden ebenfalls durch entsprechend vorbereitete, interaktive Videos möglich. An Ideen und Funktionen mangelt es Glass also nicht – aber das reicht vielleicht nicht aus.

Datenschützer schlagen Alarm

Eine integrierte Kamera in Google Glass treibt den Gegnern der Brille den Angstschweiss auf die Stirn: Damit lassen sich per Tastendruck oder Sprachbefehl Bilder schiessen oder Videos aufnehmen. Zwar hat Google hier vorgesorgt – bei der Aufnahme eines Videos beispielsweise leuchtet eine kleine rote Lampe an der Brille –, aber technikkundige Nutzer können diese „Schutzmassnahme“ wohl auch deaktivieren oder als simple Alternative einfach ein Stück Papier darauf kleben.

Datenschützer fürchten nämlich eine zwar nicht vorsätzliche, aber doch stattfindende Spionage: Falls sich die Brille ähnlich durchsetzen kann wie das Handy, dürften wir bald permanent fotografiert und gefilmt werden. Was auf Privatveranstaltungen vielleicht noch in Ordnung ist, zeichnet insgesamt dennoch keine schöne Vorstellung in Zeiten der Datenschutzskandale.

Dabei sind die Auswirkungen auf das Privatleben vielleicht nur die Spitze des Eisbergs, denn auch Unternehmen müssen um ihre Sicherheit fürchten. Da der Entwickler von Suchmaschinen und Browsern derzeit mit bekannten Brillenherstellern wie Ray Ban und Oakley zusammenarbeitet, um Glass ein etwas alltagstauglicheres Äusseres zu verpassen, dürfte das Endprodukt kaum noch von einer normalen Brille zu unterscheiden sein. Industriespionage könnte dadurch sehr einfach gelingen: Der Nutzer spaziert mit einer modifizierten, kaum erkennbaren Datenbrille durch die Hallen eines Unternehmens und fertigt hochauflösende Fotografien von eigentlich vertraulichen Produkten, Entwürfen, Projekten und Designs an.


Industriespionage. (Bild: pzAxe / Shutterstock.com)
Industriespionage. (Bild: pzAxe / Shutterstock.com)


Neue Gefahren für die Wirtschaft?

Ja, all das ist natürlich auch heute schon möglich, denn Industriespionage ist kein brandneues Thema. Wenn sich Google Glass jedoch tatsächlich durchsetzen sollte, führt das zu einem neuen Ausmass dieser Spionageaktivitäten. Schliesslich kann es sich ein Unternehmen kaum leisten, einfach jeden Brillenträger unter Generalverdacht zu stellen. Kluge Unternehmen machen sich daher bereits jetzt Gedanken: Wie gehe ich mit einer eventuellen „Bedrohung“ durch Google Glass um und wie lassen sich meine Lösungen am einfachsten in die Unternehmenskultur integrieren?

Dass dies keine einfache Aufgabe wird, weiss auch Google selbst – und appelliert daher an einen „gewissenhaften Umgang“ mit Glass. Zwar möchte man, dass die Datenbrille nahtlos in den Alltag integriert wird (so wie es jetzt bereits bei Smartphones der Fall ist), aber gleichzeitig sollen die Brillenträger Verständnis dafür entwickeln, wenn andere Personen diesen Enthusiasmus nicht teilen. Prinzipiell solle man sich am besten an den Regeln in Bezug auf Handys oder Kameras orientieren: Wenn diese an einem bestimmten Ort nicht erlaubt sind, sollte am besten auch Glass abgenommen werden.

Gegenwind auch aus der Politik

Abgeordnete eines US-amerikanischen Datenschutzausschusses schlagen sich dabei zunächst auf die Seite der Bürger: Spezielle Funktionen würden zu weit gehen und mehr Schaden als Nutzen bringen. Wer beispielsweise zu einem Event reist und dort einen vollkommen unbekannten Gesprächspartner trifft, könnte diesen per Gesichtserkennung in Google Glass „ausfragen“: Die Brille würde dann sofort Informationen wie die Adresse, den Arbeitgeber, den Familienstand und weitere Daten anzeigen. Restaurants rund um Seattle hatten aus diesen und ähnlichen Bedenken die Nutzung der Brille bereits verboten.

Überhaupt nicht einkalkuliert in all diese Beobachtungen ist letztendlich die Frage, inwieweit Geheimdienste „mitsehen“ können: NSA & Co. können sich heute schon zu beinahe beliebigen Computern Zugang verschaffen. Es ist keine besonders angenehme Vorstellung, wenn das eigene Blickfeld während der Nutzung von Google Glass permanent an unbefugte Dritte weitergeleitet wird. Bis Glass veröffentlicht wird, dürfte es wahrscheinlich nur noch einige Monate dauern – aber bis die Brille auch sozial akzeptiert wird, muss wahrscheinlich noch viel Zeit vergehen …

 

Oberstes Bild: © Hattanas Kumchai – Shutterstock.com

jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-22').gslider({groupid:22,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});