Spagat im Sprachgebrauch: Wie stark Anglizismen den Büroalltag prägen
von belmedia redaktion Allgemein Arbeitsmarkt Bildung Digitalisierung Europa Kommunikation News Organisation Personalleitung Schweiz Studien
Englische Begriffe wie „Meeting“, „Update“ oder „Feedback“ gehören längst zur gängigen Kommunikation in vielen Unternehmen. Doch wie selbstverständlich ist die Nutzung dieser Anglizismen tatsächlich?
Eine neue Umfrage der Karriereplattform TopCV zeigt: Der Einfluss englischer Begriffe auf die Arbeitswelt ist gross – aber keineswegs unumstritten.
Englisch im Alltag – keine Ausnahme mehr
Die Zahlen sind eindeutig: Im Schnitt verwenden Berufstätige in Deutschland täglich 4,3 Anglizismen am Arbeitsplatz. Dabei zeigt sich ein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern – Männer kommen auf 4,73 Begriffe pro Tag, Frauen auf 3,76. Bildung hat ebenfalls einen Einfluss: Wer einen akademischen Abschluss hat, nutzt deutlich häufiger englische Begriffe. So kommen Personen mit einem Bachelor im Durchschnitt auf 6,93, Master- oder Doktorabsolventen auf 6,61 Begriffe täglich. Wer eine Berufsausbildung oder einen mittleren Bildungsabschluss hat, liegt deutlich darunter – mit 2,93 bzw. 2,57 Anglizismen pro Tag.
Welche Begriffe dominieren?
In der täglichen Kommunikation sind einige Anglizismen besonders präsent. Die fünf meistgenutzten Begriffe laut Umfrage:
- Team (58,3 %)
- Meeting (58,1 %)
- Feedback (51,1 %)
- Job (40,7 %)
- Update (40,1 %)
Diese Wörter sind tief im beruflichen Sprachgebrauch verankert – unabhängig davon, ob das Unternehmen international ausgerichtet ist oder nicht. Weniger verbreitet sind dagegen Begriffe wie „Growth“ (0,52 %) oder „Pitch“ (0,59 %).
Hilfreich oder hinderlich? Die Einschätzungen klaffen auseinander
Die Meinungen darüber, ob Anglizismen die Kommunikation fördern oder erschweren, sind gespalten. Rund 36,5 % der Befragten empfinden sie als hilfreich, 27,2 % sehen sie als hinderlich an. Weitere 36,3 % geben an, dass sich durch die Verwendung nichts ändert. Dabei fällt auf: Besonders Jüngere sehen Vorteile – mehr als die Hälfte der 18- bis 30-Jährigen findet, dass Anglizismen die Verständigung erleichtern. Unter den über 70-Jährigen teilt nur jede sechste Person diese Einschätzung.
Bildungsunterschiede zeigen sich auch hier: Nur 17 % der Bachelor-Absolventen finden Anglizismen störend – unter Befragten mit Berufsausbildung sind es fast 28 %.
Ausgeschlossen durch Sprache
Ein Aspekt, den Unternehmen nicht ignorieren sollten: Über ein Drittel (34,3 %) der Teilnehmenden gab an, sich durch Anglizismen schon einmal ausgegrenzt oder irritiert gefühlt zu haben. Das Risiko einer ungewollten Exklusivität durch Sprache ist real – und betrifft nicht nur ältere Mitarbeitende.
Bewerbungen: Ein Balanceakt bei der Ansprache
Sprachwahl kann direkten Einfluss auf das Bewerbungsverhalten haben. Fast ein Viertel (23,5 %) der Befragten gab an, sich bei übermässigem Einsatz englischer Begriffe in Stellenanzeigen eher nicht zu bewerben. Für 52,3 % spielt die Sprache keine Rolle. Nur knapp ein Viertel (24,2 %) sieht Anglizismen sogar als Bewerbungsanreiz – vor allem Jüngere: 34,7 % der 18- bis 30-Jährigen reagieren positiv, bei den 70+ liegt der Wert bei unter 14 %.
Braucht es klare Regeln im Unternehmen?
Knapp ein Drittel der Befragten spricht sich für eine interne Richtlinie aus, die die Nutzung von Anglizismen einschränkt oder regelt. Besonders ältere Mitarbeitende befürworten dies: Unter den 57- bis 69-Jährigen sind es 36,7 %, bei den über 70-Jährigen fast 39 %.
Fazit: Sprachwandel mit Bedacht steuern
Englische Begriffe sind fester Bestandteil der modernen Arbeitswelt. Gleichzeitig gilt: Nicht jede sprachliche Modeerscheinung ist für jede Zielgruppe geeignet. Unternehmen, die Vielfalt und Inklusion ernst nehmen, sollten Sprachgewohnheiten kritisch reflektieren – und dort, wo notwendig, bewusst auf Verständlichkeit und Zugehörigkeit achten.
Quelle: Business24-Redaktion/TopCV
Bildquelle: KI-generiert