Nachhaltige Energie und Führungswechsel bei Bergbahnen Graubünden

Methanol oder Pflanzenöl für Pistenmaschinen? Die Produktion von Methanol für Pistenmaschinen macht derzeit gemäss einer neuen Machbar- keitsstudie aus technischen und wirtschaftlichen Gründen keinen Sinn. Markus Moser wurde an der Generalversammlung von Bergbahnen Graubünden (BBGR) zum neuen Präsidenten gewählt. Er ersetzt Martin Hug, der CEO der Zermatt Bergbahnen wird.

Am Stelldichein von Tourismus, Wirtschaft und Politik in Flims kritisierte der scheidende Präsident die Bundesverwaltung – insbesondere die Bundesämter für Verkehr und Umwelt. Man habe sich in den vergangenen 17 Jahren zunehmend in Details verloren. Das Sparprogramm des Bundes erach- tet Martin Hug als Chance, sich auf die wesentlichen Aufgaben zu konzentrieren, so wie es das Seilbahngesetz gemäss Botschaft eigentlich vorsieht. Statt die Verfahren einfacher, schneller und günstiger abzuwickeln, sehe die Realität gegenteilig aus. Den Zentralisierungstendenzen auf Bun- desebene sei entschieden entgegenzutreten. Das Berggebiet habe ebenfalls das Recht, sich zu ent- wickeln und nicht nur als Freizeitpark oder Reservat für das Mittelland zu dienen, erklärte Präsident Martin Hug.

Machbarkeitsstudie für Produktion von Wasserstoff

An der Generalversammlung von Bergbahnen Graubünden (BBGR) wurde auch erstmals die Studie „Power-to-X“ vorgestellt. Sie beschäftigt sich mit der Machbarkeit einer eigenen Wasserstoffpro- duktion durch die GEVAG (Kehrichtverbrennungsanlage Trimmis GR) für die Herstellung von Me- than für Energie Wasser Chur (IBC) und Methanol für die Pistenmaschinen der Bündner Bergbah- nen. Die Studie wurde von der TBF + Partner AG als Spezialistin für Abfallverwertung und Energie in Zürich im Auftrag der GEVAG, der IBC, dem Verband der Betreiber Schweizerischer Abfallver- wertungsanlagen (VBSA ) und BBGR erarbeitet. Mario Illien, weltweit bekannter Motorenbauer u.a. für die Formel 1 und die Indycar Series in den USA, sprach sich in seinem Gastreferat dafür aus, für die Pistenmaschinen auf den HVO-Kraftstoff statt auf Methanol zu setzen. HVO ist Diesel aus hy- drierten Pflanzenölen (HVO). Methanol ist organischer Alkohol. Wasserstoff braucht es zur Produk- tion beider Produkte.

Fehlende Wirtschaftlichkeit und Motorentechnologie

Die Studienautoren für die Pilotanlage der GEVAG setzen das grösste Fragezeichen bei der Wirt- schaftlichkeit des Projektes. Der Strombedarf der Pionieranlage (zur Erzeugung der notwendigen Treibstoffmenge für alle Pistenmaschinen in Graubünden) könnte nur zu 29 Prozent mit Eigenstrom der GEVAG gedeckt werden. Selbst mit subventionierten Investitionen und kostenlosem Sommer- strom ergebe sich kein wirtschaftliches Szenario. Das produzierte Methanol wäre um den Faktor 3,6 bis 6,8 teurer als herkömmlicher Diesel. Für den Einsatz von Methanol in Nutzfahrzeugmotoren müssen zudem erst noch grosse Entwicklungen in der Motorentechnik folgen. Das setzt eine Nut- zung von Methanol im Transportsektor z.B. für LKWs voraus. Gemäss Marcus Gschwend, Ge- schäftsführer von BBGR, sind die Pistenmaschinen ein Nischenprodukt, das die Motorenentwick- lung kaum beeinflussen kann. Er wies ausserdem darauf hin, dass sich die Bündner Bergbahnen aus eigenem Interesse bereits nachhaltig für die Reduktion des CO2-Ausstosses engagierten: z.B. mit der Produktion von erneuerbaren Energien oder bei der Optimierung des Verbrauchs bei Trans- portanlagen, der Beschneiung oder im Gebäudebereich. Im Weiteren verwendet ein Grossteil der Bündner Bergbahnen Strom aus Wasserkraft.

Vision einer Pilotanlage

Die Schweiz soll ab 2050 nicht mehr Treibhausgase in die Atmosphäre ausstossen, als durch natür- liche und technische Speicher aufgenommen werden (Netto-Null-Ziel). Bis 2030 wird eine Reduk- tion um 50 Prozent angestrebt. Die GEVAG muss deshalb das CO2 aus dem Reingas entfernen – entweder durch Verbringung in ausländische Lagerstätten oder durch die Substitution fossiler Energieträger. Gemäss VR-Präsident Jürg Kappeler verfolgt die GEVAG die Vision einer Pilotan- lage, welche einen Literpreis für einen Dieselersatz von Fr. 2.60 erreicht. Dabei setzt die GEVAG auf günstigen Strom des in der Nähe geplanten Kraftwerkes Chlus von Repower sowie auf Förder- beiträge z.B. durch den Aktionsplan Green Deal Graubünden (AGD). Gemäss Ingenieur Enrico Feu- rer, Energieberater der Bündner Bergbahnen, ist eine Umsetzung des Methanol-Projektes aus Sicht der Bergbahnunternehmen derzeit wegen der Kombination von unreifer Technologie und sehr ho- hen Kosten nicht zu empfehlen. Das könne sich ändern, wenn sich bei den Methanol-Motoren ein technologischer Durchbruch abzeichne oder die Strompreise massiv sinken. Die Zeichen würden heute aber in eine andere Richtung deuten.

HVO reduziert CO2 um 90 Prozent

Der Churer Mario Illien baut mit seinem Unternehmen Ilmor seit Jahrzehnten Motoren für die For- mel 1 und die Indycar Serie in den USA. Seit 2023 wird dort mit Bioethanol E85 und 15 Prozent syn- thetischem Benzin gefahren. Die Formel 1 folgt im 2026 mit 100 Prozent synthetischem Kraftstoff. Der weltbekannte Motorenbauer plädiert bei den Pistenmaschinen der Bergbahnen vehement für die Nutzung von HVO anstelle von Methanol. Es gebe bereits Hybrid-Pistenfahrzeuge mit einer CO2-Reduktion von 20 Prozent. Mit dem hydrierten Pflanzenöl (HVO) ist eine sofortige CO2-Re- duktion von bis zu 90 Prozent bei der bestehenden Flotte möglich. HVO verbrenne auch sehr viel sauberer als Diesel, sei gut lagerfähig und habe eine gute Wintertauglichkeit. Seit Mai 2024 wird HVO bereits an deutschen Tankstellen verkauft. Die Schweiz ist auf dieser Landkarte leider noch ein weisser Fleck. Es gibt erst eine geplante Raffinerie in Monthey, die 2026 eröffnet werden soll. Entgegen der EU dürfen in der Schweiz für die Produktion von HVO nur Abfallstoffe zu Biodiesel oder Biogas verarbeitet werden, aber keine Lebens- oder Futtermittel.

Markus Moser neuer Präsident

Der CEO der Corvatsch & Diavolezza Lagalb AG, Markus Moser, wird neuer Präsident von Berg- bahnen Graubünden (BBGR). Er vertrat bisher die Region Engadin/Südbünden zehn Jahre im Vor- stand. Weiterhin als Vizepräsident amtet Philipp Holenstein (CEO Arosa Bergbahnen AG) für die Region Arosa Lenzerheide. Auf Markus Moser als Vorstandsmitglied folgt Adrian Jordan. Er be- treut als COO den Bereich Schneesport und Bergerlebnisse der Engadin St. Moritz Mountains AG und ist Vizepräsident von Seilbahnen Schweiz (SBS). Für die Region Surselva nimmt neu Senta Gautschi, Geschäftsführerin der Weissen Arena Bergbahnen AG, Einsitz in den Vorstand. Sie er- setzt Curdin Caprez. Turnusgemäss wieder gewählt wurden die beiden bisherigen Vorstandsmit- glieder Christoph Passecker (CEO Savognin Bergbahnen AG) für die Region KMU/Mitte und Vidal Schertenleib (Verwaltungsrat und CEO Davos Klosters Bergbahnen AG) für die Region Davos. Mit Sascha Mangold, Stv. CFO Lenzerheide Bergbahnen AG, sind die Bündner Bergbahnen auch im Vorstand des „Next Gen Tourism Board“ vertreten. Die Jahresrechnung von BBGR schliesst bei Ausgaben von ca. 494’000 Franken ausgeglichen. Die Rückstellungen von Fr. 160’000 wurden im Geschäftsjahr nicht angetastet.

Die Ära von Martin Hug endet

Mit dem Abschied des langjährigen Präsidenten Martin Hug geht für Bergbahnen Graubünden eine bemerkenswerte Ära zu Ende. Martin Hug trat vor 18 Jahren dem Vorstand von BBGR bei und am- tete in den letzten acht Jahre als dessen Präsident. Nun folgt er der Berufung als CEO der Zermatt Bergbahnen AG. Martin Hug führte BBGR erfolgreich durch die Pandemie und war massgeblich da- ran beteiligt, mit der nationalen und kantonalen Politik Lösungen für das Offenhalten der Skibe- triebe in der Coronakrise zu finden. Mit Martin Hug setzte sich die Bergbahnbranche für nachhal- tige Lösungen sowie ganzjährige Angebote ein. Er spielte eine wichtige Rolle dabei, den Verband als konstruktiven Partner für politische und branchenspezifische Themen zu etablieren. Martin Hug sah sich in seiner Rolle weniger als eigene „Marke“ und mehr als Vertreter und Dienstleister für die Branche. Die Stärkung des Ganzjahresangebotes, den Fachkräftemangel und die Deregulierung be- zeichnet Martin Hug als grösste Herausforderungen für die Zukunft der Branche.

In den Winter gestartet

Der Skibetrieb des Winters 2024/25 wurde in Graubünden traditionell in der zweiten Hälfte Okto- ber auf der Diavolezza eröffnet. Als eines der ersten Nicht-Gletscher-Skigebiete der Alpen kann die Diavolezza jeweils dank Snowfarming und Beschneiung den Skibetrieb frühzeitig aufnehmen. Dank Schneefällen in höheren Lagen und Temperaturen, die eine technische Beschneiung ermög- lichten, konnten in den letzten Tagen weitere Unternehmen Teile ihrer Skigebiete eröffnen: Arosa Lenzerheide, Davos Klosters Mountains (Parsenn und Jakobshorn), Engadin St. Moritz (Corviglia und Corvatsch), Grüsch-Danusa, Laax, Samnaun-Ischgl und die Skiarena Andermatt-Sedrun (Gemsstock). Die restlichen Skigebiete werden in den nächsten Wochen folgen. Der Vollbetrieb ist bei den meisten Skigebieten ab dem 14. Dezember 2024 geplant.

 

Quelle: Bergbahnen Graubünden
Bildquelle: Daniel Ammann

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