Keine Angst vor dem Platzen einer Immobilienblase

Der Immobilienblasenindex der UBS ist im zweiten Quartal von 1.78 auf 1.90 Punkte gestiegen. Ab einem Wert von 2.00 spricht die UBS von einer Immobilienblase.

Begründet wird der Anstieg mit einer Erhöhung der Eigenheimpreise in der Schweiz von 5.4% und einer wachsenden Hypothekarverschuldung der Haushalte. Im Kanton St.Gallen sind die Preise gemäss dem SGKB Immobilienmarktbericht gar noch stärker gestiegen.

Gleichzeitig sinken die Mieten für Wohnungen um rund 3%, sowohl gesamtschweizerisch als auch im Kanton St.Gallen. Das lässt aufhorchen und weckt Stim- men, die im Falle von steigenden Zinsen von einer Immobilienkrise wie in den 90er-Jahren warnen. Dieser Drohkulisse schliessen wir uns nicht an.

Zwischen 1990 und 2000 sind die Preise für Eigenheime in der Schweiz um 25% gefallen, diejenigen für Renditeliegenschaften gar um 40%. Im Vorfeld sind die Hypothekarzinsen innert zwei Jahren von 5% auf 8% gestiegen, getrieben durch eine restriktive Geldpolitik der SNB. Der Einbruch der Immobilienpreise und die damit verbundenen Kreditausfälle haben bei den Banken zu grossen Verlusten und zu einer veritablen Bankenkrise geführt. Verschiedene Banken gerieten an den Rand des Zusammenbruchs oder darüber hinaus, wie die Spar- und Leihkasse Thun als bekanntestes Beispiel. Wenn die Zinsen steigen, werden die Immobilienpreise auch diesmal sinken. Das Ausmass und die Folgen werden weniger gravierend sein, weil es zu weniger Zwangsverkäufen kommen wird.

Die Zinsen werden wieder steigen

Die Zinsen werden aber nicht gleich schnell und auch nicht um 3% steigen, wie Ende der 80er-Jahre. Der Anstieg wird ruhiger verlaufen, was Immobilien- besitzern und Banken genügend Zeit gibt, sich anzupassen. Bei den Eigenheimen ist die Gefahr eines massiven Einbruchs des Marktes gering. Die Belastung der Haushalte durch die Hypothekarzinsen ist durch das tiefe Zinsniveau heute so gering, dass höhere Zinsen einfach verkraftet werden können, sofern die Banken ihre Tragbarkeitsrechnungen sorgfältig vorgenommen haben.

Zudem haben sich viele Hausbesitzer über langjährige Festhypotheken das tiefe Zinsniveau gesichert. Höhere Zinsen werden sich mit Verzögerung und gestaffelt auf die Zinsbelastung der Haushalte auswirken. Das ist ein grosser Unterschied zu den 90er-Jahren, als die damals vorherrschenden variablen Hypotheken rasch zu höheren Zinsausgaben führten. Für das Hypothekarportfolio der Banken sind höhere Zinsen nicht das grösste Risiko. Gefährlicher wird es erst, wenn viele Leute aufgrund einer Rezession arbeitslos werden und ihre Einkommen verlieren.

Die Bewertungen können sinken

Höhere Zinsen führen früher oder später zu höheren Diskontierungssätzen und damit zu einem tieferen Gegenwartswert der zukünftigen Mieteinnahmen. Das wird kaum mit höheren Mieten kompensiert werden können. Das Überangebot an Mietwohnungen wird nicht so schnell verschwinden, was den Druck auf die neuen Mietabschlüsse nach unten noch verstärkt. Gleichzeitig wird es nur schwer möglich sein, die bestehenden Mieten zu erhöhen. Der für die Mieten zentrale Referenzzinssatz des Bundes reagiert nur sehr träge und mit einer langen Verzögerung auf höhere Hypothekarzinsen. Institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder Immobilienfonds, die eine jährliche Bewertung ihres Immobilienbestandes vornehmen, werden durch die tiefere Bewertung Verluste erleiden.

Wenn sie die Risiken der Immobilien im Rahmen ihres Asset-Liability Managements richtig beurteilt haben, werden die Verluste jedoch tragbar sein.

Die privaten Immobilienbesitzer werden den tieferen Wert ihrer Liegenschaften erst bemerken, wenn sie sie verkaufen wollen. Die Verluste werden schmerzen, aber als Einzelfälle den Immobilienmarkt nicht stark belasten. Für die Banken ist die Gefahr von Kreditausfällen nicht sehr gross, da die Pensionskassen und Immobilienfonds ihre Immobilien nur zu einem geringen Teil über Hypothekarkredite finanzieren und vorwiegend das eigene Geld anlegen. Ähnliches lässt sich zunehmend auch bei privaten Investoren feststellen. Sie bezahlen die Immobilienkäufe mit der eigenen Liquidität, da angesichts der tiefen Zinsen oder gar Negativzinsen die Alternativen ausserhalb der Aktien Mangelware sind.

 

Titelbild: studio-r1 – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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