Fed: Kommunikatives Fingerspitzengefühl ist gefragt

Die Fed kauft immer noch für 120 Mrd. US-Dollar pro Monat US-Staatsanleihen und amerikanische Hypothekenpapiere.

Ihren Leitzins hält sie im Bereich zwischen 0.00% und 0.25%, faktisch somit bei Null. Gleichzeitig erholt sich die amerikanische Wirtschaft, unterstützt durch den Fortschritt bei den Corona-Impfungen und den Zahlungen des im Frühjahr beschlossenen Hilfspakets von Präsident Biden.

Für dieses Jahr wird in den USA ein BIP-Wachstum von 6.6% erwartet. Verschiedene Ökonomen warnen davor, dass die US-Wirtschaft zu überhitzen droht. Die Inflationsrate ist aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen denn auch auf 5.4% gestiegen, deutlich über dem Zielwert der Fed von 2%. Die Fed wird also nicht darum herumkommen, in nächster Zeit Anpassungen an ihrer expansiven Geldpolitik vorzunehmen. Sie wird dabei zuerst die Käufe von Anleihen zurückfahren und erst später an der Zinsschraube drehen.

Das weckt Erinnerungen an den letzten Zinszyklus. 2013 kaufte die Fed im Rahmen des dritten QE-Programmes nach der Finanzkrise monatlich für 90 Mrd. US-Dollar Anleihen. Im Dezember hat sie angekündigt, ihre Käufe in mehreren Schritten zu reduzieren. Im Oktober 2014 wurde das Programm beendet. Im Vorfeld des Starts des Zurückfahrens des Programms sind die Zinsen in den USA deutlich gestiegen.

Die Rendite der 10-jährigen Treasury Note verdoppelte sich von 1.50% auf 3.00%. Bemerkenswert ist, dass sich der Kapitalmarkt nach dem Start der Reduktion der Käufe beruhigte. Bis im Oktober 2014 sank die Rendite wieder auf 2.20% und das Ende der Käufe war für den Kapitalmarkt nur noch eine Randnotiz. Das gleiche Spiel wiederholte sich Ende 2016, als die Fed begann, ihre Zinsen regelmässig zu erhöhen. Im Vorfeld des ersten Zinsschrittes stiegen die Zinsen der langlaufenden Anleihen von 1.40% auf 2.60% an, um später trotz regelmässigen Erhöhungen des Leitzinses wieder nach unten zu driften. Ähnlich, wenn auch weniger ausgeprägt, verlief die Entwicklung beim US- Dollar. Er profitierte im Vergleich zum Franken von den Zinsdiskussionen im Vorfeld, um dann wieder an Fantasie zu verlieren. Nicht beeindrucken liess sich dagegen der Aktienmarkt. Der Aufwärtstrend im S&P 500 wurde jeweils nur für kurze Zeit unterbrochen.

Beendigung Anleihenkaufprogramm im 2022

Ich gehe davon aus, dass die Fed ab Anfang 2022 ihr Anleihenskaufprogramm schrittweise reduzieren und im Verlaufe des Jahres beenden wird. Der genaue Zeitpunkt für den Start und für das Ende ist dabei nicht so wichtig. Die Diskussion über diesen Zeitpunkt und die Spekulationen darüber, was das für die Finanzmärkte bedeutet, wird aber schon nach dem Sommer beginnen. Damit diese keine Hektik an den Finanzmärkten auslöst, wird die Fed die Anleger, die sich an das viele Geld der Zentralbanken gewöhnt haben, sorgfältig darauf vorbereiten müssen. Es wird wichtig sein, dass keine Angst vor dem „Ende des billigen Geldes“ aufkommt. Fed Präsident Powell wird jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen. Wichtig wird sein, dass die Fed vermitteln kann, dass eine lang- same Abkehr von der expansiven Geldpolitik die Folge der sich gut erholenden Konjunktur ist und dass diese Erholung nicht gefährdet wird.

Reaktion der Aktienmärkte als grosse Unbekannte

Dennoch wird es wieder zu Ausschlägen an den Finanzmärkten kommen. Die Zinsen werden steigen, wobei das Ausmass geringer sein wird als 2013 – es ist nicht mehr das erste Mal, dass die Fed ein QE-Programm beendet. Der US-Dollar wird von den höheren Zinsen profitieren und kann ein paar Rappen zulegen. Die grosse Unbekannte ist diesmal der Aktienmarkt. Im Unterschied zu 2013 sind die Aktien heute sehr hoch bewertet. Sie haben somit einen grossen Teil des wirtschaftlichen Wachstums der nächsten Jahre bereits vorweggenommen. Die Aktienmärkte werden deshalb sensibler und mit grösseren Kursausschlägen reagieren. Eines wird wieder gleich ablaufen wie 2013 und 2016: Hat die Reduktion des QE-Programmes einmal begonnen, werden sich die Finanzmärkte neuen Themen zuwenden und das Ende wird nur noch die Statistiker interessieren.

 

Titelbild: Paul Brady Photography – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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