Nach Ende des Lockdowns befindet sich die Wirtschaft an einer Wegkreuzung

Der Einbruch der Konjunktur nach dem Lockdown war dramatisch und einzigartig. Das BIP in der Schweiz ist zwischen April und Juni um 9.3% gesunken. In den anderen Industrieländern sehen die Zahlen ähnlich oder sogar noch schlechter aus.

Nach der Öffnung der Wirtschaft, insbesondere der Öffnung der Läden, hat die wirtschaftliche Erholung eingesetzt.

Für das dritte Quartal erwarten die Ökonomen für die Schweiz ein BIP-Wachstum von 6%. Die erste Gegenbewegung nach dem Einbruch ist damit vorbei. Es wird sich nun zeigen müssen, ob der Pfad der konjunkturellen Erholung weitergeht oder ob die wieder anziehenden Ansteckungen mit dem Coronavirus den Aufschwung abwürgen.

Das vorausschauende KOF-Konjunkturbarometer stimmt zuversichtlich. Der Indikator ist im August auf 110.2 Punkte gestiegen und prognostiziert damit für die nächsten Monate ein Wachstum deutlich über dem historischen Durchschnitt von rund 1.5% pro Jahr. Positiv entwickelt haben sich mit dem Verarbeitenden Gewerbe und der Gastronomie Sektoren, die zuvor arg gebeutelt wurden. Verbessert hat sich auch die Nachfrage aus dem Ausland, was auf eine geographisch breit abgestützte Konjunkturerholung hindeutet.

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Verzerrte Daten

Bei der Interpretation solcher Wirtschaftsdaten muss man aber vorsichtig sein. Der Einbruch im Frühjahr war so stark, dass es in all diesen Datenreihen zu massiven Verzerrungen gekommen ist, zuerst gegen unten, danach gegen oben. Man wird die nächsten Monate abwarten müssen, um aus diesen Zeitreihen wieder verlässlichere Schlüsse ziehen zu können. Ein positives Zeichen ist, dass der private Konsum rasch zur Normalität zurückgefunden hat.

Der Detailhandel hat in den Monaten Mai bis Juli mit einem Plus zwischen 3% und 5% deutlich mehr abgesetzt als im Vorjahr. Ein gewisser Nachholeffekt nach dem Lockdown ist erkennbar. Auch die Zulassungen neuer Autos hat wieder zugenommen, wenn auch noch nicht auf das Niveau wie vor einem Jahr. Die raschen Überbrückungsmassnahmen wie Kurzarbeit oder Covid-Kredite haben ihr Ziel der Erhaltung der Kaufkraft erfüllt.

Die Überbrückung wird in den nächsten Monaten von einer nachhaltigen Erholung der Nachfrage abgelöst werden müssen. Dies wird nicht in allen Sektoren gelingen. Beispielsweise wird die internationale Reisetätigkeit noch lange darben. Es wird deshalb in einigen Bereichen zu einem Abbau der Beschäftigung kommen.

Die Arbeitslosigkeit wird in der Schweiz bis im nächsten Sommer von heute 3.4% wohl auf über 4% ansteigen, was die Konsumfreude nicht steigern wird. Wichtig für eine nachhaltige Erholung wird sein, dass die Unternehmen ihre Investitionstätigkeit wieder erhöhen. Dafür brauchen sie aber das Vertrauen, dass es nicht zu einem zweiten Einbruch der Weltwirtschaft kommt. Die Aussicht auf einen wirksamen Impfstoff gegen Corona würde dieses Vertrauen sicherlich stärken. Soweit sind wir aber noch nicht.

Wachstumsimpulse durch privaten Konsum

Insgesamt gehe ich davon aus, dass die Wachstumsimpulse nach dem ersten Kompensationseffekt in den nächsten Monaten wieder schwächer werden. Am Gesamtbild, dass sich die Wirtschaft erholen wird, ändert dies jedoch nicht viel. Ein Rückschlag in eine neuerliche Rezession ist nicht mein Hauptszenario. Für das nächste Jahr erwarte ich ein BIP-Wachstum in der Schweiz von 5%. Getragen wird es vor allem vom privaten Konsum, während die Investitions- nachfrage nur zögerlich wieder zunehmen wird. Ein Wachstum von 5% sieht optisch eindrücklich aus, genügt aber nicht, um bis Ende 2021 die durch den Lockdown ausgelöste Delle im BIP vollständig zu korrigieren. Zudem werden die Unterschiede zwischen den verschiedenen Sektoren und den verschiedenen Firmen gross bleiben.

 

Titelbild: Tatoh – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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