Ausserfamiliäre Hofübergaben gegen Bauernhofsterben

Die „Anlaufstelle für ausserfamiliäre Hofübergabe“ wurde im April 2014 von der Kleinbauern-Vereinigung geründet. Nach zwei Jahren zeigt eine erste Bilanz, dass es sehr viele junge, ausgebildete Landwirtinnen und Landwirte gibt, die gerne einen Betrieb übernehmen möchten, es aber an Höfen fehlt.

Verschiedene finanzielle, gesetzliche und soziale Hürden erschweren Hofübergaben ausserhalb der Familie. Ausserfamiliäre Hofübergaben stellen aber eine grosse Chance für die Schweizer Landwirtschaft dar und brauchen daher mehr Unterstützung.

Noch immer schliessen in der Schweiz täglich zwei bis drei Bauernhöfe – mehrheitlich kleine und mittlere Betriebe – ihre Tore für immer. Damit geht jedes Mal eine Existenzgrundlage für eine Familie verloren.

Eine innovative Landwirtschaft braucht jedoch möglichst viele Hände und Köpfe, deshalb hat die Kleinbauern-Vereinigung im April 2014 die „Anlaufstelle für ausserfamiliäre Hofübergabe“ ins Leben gerufen. Denn dem Bauernhofsterben steht paradoxerweise eine grosse Nachfrage nach landwirtschaftlichen Betrieben gegenüber.

Viele ausgebildete Landwirte auf Hofsuche

Eine erste Bilanz der Anlaufstelle nach zwei Jahren bestätigt: Es gibt sehr viele ausgebildete Landwirtinnen und Landwirte, die selber keinen Betrieb im Familienbesitz haben und deshalb jahrelang erfolglos auf Hofsuche sind. Diese Personen bringt die Kleinbauern-Vereinigung mit bald pensionierten BetriebsleiterInnen zusammen, die keine Nachfolgelösung innerhalb der Familie haben.

Etwas mehr als 60 Hofsuchende sind aktuell im Pool der Anlaufstelle. Diese kommen aus allen Deutschschweizer Regionen, wobei die Kantone Bern, Zürich und Luzern die Liste anführen. 43% der Suchenden sind für alle Zonen offen, 40% suchen bis Bergzone 2 und 17% nur im Berggebiet. Fast die Hälfte möchte ausschliesslich biologisch produzieren.

Diesen Hofsuchenden stehen derzeit 10 Hofabgebende gegenüber, die ihren Betrieb als Ganzes ausserhalb der Familie verkaufen oder verpachten möchten. Die Anfragen von älteren Betriebsleitern, die noch nicht sofort abgeben, sich jedoch informieren möchten, liegen deutlich höher.

„Es ist äusserst wichtig, sich früh mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ein Hof – ein Lebenswerk – loszulassen, ist ein langer, einschneidender Prozess“, erklärt Séverine Curiger, Projektleiterin der Anlaufstelle.

Bis eine ausserfamiliäre Hofübergabe unter Dach und Fach ist, können ab dem Erstkontakt schnell ein paar Jahre vergehen. Bisher ermöglichte die Vermittlung der Anlaufstelle einen Hofverkauf (Kt. ZH) und zwei Verpachtungen (AG, JU). Eine weitere Verpachtung (BE) wird voraussichtlich bald unterzeichnet und eine längerfristige Zusammenarbeit mit Aussicht auf Übernahme (GR) ist ebenfalls entstanden.

Rechtliche, finanzielle und politische Hürden

Doch warum finden junge Bäuerinnen und Bauern so lange keinen Betrieb, obschon in der Schweiz täglich zwei bis drei Höfe aufgegeben werden? „Die Hürden für ausserfamiliäre Hofübergaben sind ein komplexes Zusammenspiel aus rechtlichen, finanziellen und sozialen Fragen“, so Séverine Curiger.

Auf gesetzlicher Seite spielt die faktische Aushebelung des Aufteilungsverbots von Höfen eine grosse Rolle: Diese Ausnahmeregelung im Bäuerlichen Bodenrecht (BGBB), die der wirtschaftlichen Besserstellung der Nachbarsbetriebe dient, kann praktisch immer geltend gemacht werden und schafft somit Anreize für den parzellenweisen Verkauf und somit der Auflösung eines Betriebes.

Viele bestehende Bauernbetriebe möchten mehr Fläche bewirtschaften und „weibeln“ aktiv um das Land ihrer bald pensionierten Berufskollegen. Um existenzfähige Betriebe künftig wieder besser vor der Zerstückelung schützen zu können, prüft die Kleinbauern-Vereinigung politische Verstösse.

Lösungsvorschlag für tragbare Finanzierung

Der grösste Knackpunkt seitens der Hofsuchenden ist die Finanzierung. Während Betriebe innerhalb der Familie zum Ertragswert übergeben werden, gilt für sogenannte „Verkäufe an Dritte“ der Verkehrswert, der je nach Region mindestens 2.5-mal höher liegt.

Hinzu kommt, dass die Belehnungsgrenze (Hypothek) bei Finanzinstituten in der Regel nur bei 135% des Ertragswertes liegt. Die Lücke zwischen der Belehnungsgrenze und dem eigentlichen Verkaufspreis muss somit in der Regel über Eigenkapital gedeckt werden.

Die Kleinbauern-Vereinigung hat dieses Jahr einen Expertenbericht in Auftrag gegeben, der Lösungsansätze für eine tragbare Finanzierung aufzeigen sollte. Ein Vorschlag der Expertise ist die zinslose Vermittlung von Direktkrediten von Konsumentinnen und Konsumenten. Die Kleinbauern-Vereinigung prüft diese Idee in den kommenden Monaten.

Höfe als Existenzgrundlage für junge Familien

Bauern und Bäuerinnen, die auf der Seite der Verkäufer stehen, sind beim Generationenwechsel mit unterschiedlichsten Bedürfnissen konfrontiert. Einerseits ist die Notwendigkeit da, die eigene Altersvorsorge zu sichern. Oftmals besteht auch der Wunsch, den Nachkommen eine Erbschaft zu hinterlassen und im Bauernhaus, in dem man jahrzehntelang gelebt hat, wohnen zu bleiben.

Diesen Bedürfnissen wird eine Aufteilung des Landes unter den Nachbarn und eine Abparzellierung des Wohnhauses am besten gerecht. Doch der Wunsch, einen Hof als Ganzes in junge Hände zu übergeben und somit eine Existenzgrundlage für eine junge Familie zu sichern, ist ebenfalls bei vielen da.

„Entscheidend ist eine frühe, kompetente Beratung über die verschiedenen Möglichkeiten“, so Séverine Curiger. Oftmals ist Hofabgebenden nicht bewusst, dass viele Junglandwirte bereit wären, ihr Lebenswerk weiterzuführen. Diesem Aspekt möchte die Kleinbauern-Vereinigung in den kommenden Wochen mit einer neuen Sensibilisierungskampagne noch stärker Rechnung tragen.

 

Artikel von: Kleinbauern-Vereinigung
Artikelbild: Symbolbild © YuriFineart – shutterstock.com

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