Gutachten: Aufträge für Spitex-Leistungen ausschreiben

Spitex-Dienstleistungen – Leistungen der ambulanten Pflege – sind ein wichtiger Faktor bei der Versorgung von Pflegebedürftigen und mindestens ebenso bedeutsam wie stationäre Pflege. Die ASPS ist die Schweizer Interessenvertretung privater Spitex-Anbieter. Sie fordert bereits seit Längerem die Ausschreibung von kommunalen öffentlichen Aufträgen für Spitex-Dienstleistungen.

Im Auftrag der ASPS haben jetzt die Rechtsanwälte Prof. Dr. iur Tomas Poledna und Dr. iur Ralph Trümpler ein Gutachten zu diesem Thema erstellt. Die wesentlichen Argumente des Gutachtens werden nachfolgend wiedergegeben.

Öffentlich oder privat – nicht immer eindeutig

Der Staat benötigt zur Erfüllung seiner Aufgaben verschiedenste Güter und Dienstleistungen. Diese kann er entweder selbst bereitstellen oder auf dem Markt einkaufen. Das gilt auch für Aufträge in der ambulanten Pflege: Entweder lässt er diese durch gemeindeeigene Spitex-Dienstleister erledigen. Oder aber er erwirbt die Leistungen auf dem freien Markt; in diesem Fall ist die Anwendung von Vergaberecht zu prüfen und ggf. eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen.

Die Begriffe „öffentlich/gemeindeeigen“ und „privat“ im Anbieter-Kontext lassen auf dessen nicht-kommerzielle oder kommerzielle Ausrichtung schliessen. Doch diese pauschale Unterscheidung kann irreführend sein. Korrekterweise müsste von Auftrag zu Auftrag entschieden werden, ob ein Anbieter öffentlich/gemeindeeigen oder privat agiert.

Bezug auf konkreten Auftrag statt Pauschalierung

In der heutigen Rechtsauslegung setzt sich vermehrt die Auffassung durch, dass sich die vergaberechtlichen Regeln jeweils auf den konkreten Auftrag beziehen sollten. So reicht der pauschale Hinweis auf die grundsätzliche Gemeinnützigkeit, die ideelle Motivation oder die Rechtsform (Verein, Non-Profit-Organisation etc.) eines Marktteilnehmers nicht, um ihn vom Vergaberecht zu befreien.

Denn es ist gängige Praxis, dass sich sogenannte öffentliche Spitex-Organisationen im Einzelfall auf kommerzieller Basis um ein Vergabegeschäft bewerben, um kostendeckend zu funktionieren oder ihre finanzielle Situation aufzubessern. Im Vergleich dazu befinden sich private Organisationen bisher klar im Nachteil.

Um Wettbewerbsgleichheit zu schaffen, sollte das funktionale Verständnis des öffentlichen Auftrages angewendet werden: Demgemäss wird von Fall zu Fall entschieden bzw. festgelegt, wer wem welchen Auftrag erteilt. Dadurch wird gewährleistet, dass sich das Gemeinwesen wettbewerbsneutral verhält und die Vergabevorschriften nicht durch die Wahl eines spezifischen Konstrukts umgangen werden (z. B. Konzession oder Beleihung anstelle von öffentlicher Vergabe). Dieses funktionale Verständnis findet sich auch in der Revision des Beschaffungsrechts des Bundes, so die Gutachter.

Kein Grund für Ausschreibungsverzicht

Das Gutachten kommt zum Schluss, dass der Staat jeweils im konkreten Fall prüfen muss, ob nicht bei funktionaler Betrachtung von der Anwendbarkeit vergaberechtlicher Bestimmungen ausgegangen werden muss. So sollten Gemeinden hinsichtlich zu vergebender KVG-Leistungen unbedingt die Wettbewerbssituation beachten.

Besteht ein funktionierender Wettbewerb bzw. ein Markt für die zu beschaffende Spitex-Dienstleistungen, gibt es keinen Grund, warum es sich bei den zu vergebenden Leistungen nicht um einen öffentlichen, dem Vergaberecht unterliegenden Auftrag handeln soll. Und wenn am Ende derjenige Anbieter mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis den Auftrag bekommt, profitieren sowohl Leistungsbezieher als auch der Staat, indem sie Dienstleistungen günstiger einkaufen können.

 

Artikel von: Association Spitex Privée Suisse ASPS
Artikelbild: Prof. Dr. Tomas Poledna (Poledna RC) (© obs/Association Spitex privée Suisse ASPS/zvg)

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