46 Millionen Franken Schadensersatz an „Ölsoldaten“

Die Versicherungsleistungen steigen trotz sinkender Rentenkosten: Die Militärversicherung zahlte 2015 194 Millionen Franken für etwa 40 000 Krankheitsfälle und Unfälle. Die sogenannten Ölsoldaten, die während des Zweiten Weltkriegs aufgrund eines fatalen Versehens durch Kühlöhl in Käseschnitten vergiftet wurden, erhielten kein Geld mehr.

2015 kam die Militärversicherung (MV) für knapp 30 000 Krankheitsfälle und gut 10 000 Unfälle ihrer Versicherten auf, die vor allem Militär-, Zivilschutz- oder Zivildienst leisteten. Das waren etwa gleich viele wie im Vorjahr. Davon waren Milizsoldaten in rund 16 000 Krankheitsfällen und bei knapp 7000 Unfällen betroffen. Dies geht aus der aktuellen Statistik der Militärversicherung hervor.

Insgesamt zahlte die MV 194 Millionen Franken an Versicherungsleistungen, 5 Millionen mehr als im Vorjahr. „Leicht steigende Fallzahlen, teure Einzelfälle und die generell höheren Heilkosten haben zu dieser Zunahme geführt“, sagt Stefan A. Dettwiler, Leiter der MV.

Die Rentenkosten hingegen sind weiter auf aktuell 94 Millionen Franken gesunken, da die Zahl der Rentenbezüger stetig abnimmt. Die Rentenleistungen liegen nicht nur auf dem tiefsten Stand seit 40 Jahren, erstmals seit 60 Jahren sind sie auch tiefer als die Ausgaben für die kurzfristigen Leistungen von 100 Millionen Franken.

Keine Leistungen mehr an „Ölsoldaten“

Ebenfalls zum ersten Mal seit 75 Jahren zahlte die MV im Jahr 2015 keine Leistungen mehr an die sogenannten Ölsoldaten aus. 2014 verstarb der letzte aktenkundige Ölsoldat.

Als Ölsoldaten wurden die knapp 100 Schweizer Wehrmänner bekannt, die 1940 durch Kühlöl für Maschinengewehre vergiftet wurden. In jenem Sommer verwechselte man das Kühlöl mit Speiseöl und bereitete damit Käseschnitten zu. Im Herbst darauf wurde in einer anderen Kompanie das falsche Öl für die Salatsauce verwendet. Die Wehrmänner erlitten Vergiftungen, die zu bleibenden Nervenschäden führten.


Die MV zahlte zwischen 1940 und 2015 insgesamt 46,1 Millionen Franken an die Ölsoldaten. (Bild: Suva)

Furchtbares Versehen

Zur Verwechslung kam es, weil das Kühlöl mangels Original-Behälter in Speiseölkanister abgefüllt wurde. Beim Transport ging eine allfällige Kennzeichnung verloren und das Kühlöl wurde fatalerweise ins Lebensmittellager gebracht. Die Köche erkannten die Verwechslung nicht, da sich das Kühlöl weder geschmacklich noch optisch vom Speiseöl unterschied.

Juristisch gab es keinen Schuldigen, womit das Ereignis als Unfall galt. Einzig der Bataillonsarzt wurde wegen Dienstpflichtverletzung zu 45 Tagen Gefängnis verurteilt. Er hatte die an Übelkeit leidenden Wehrmänner am Abend nach dem verhängnisvollen Mahl auch nach wiederholter Aufforderung nicht aufgesucht. Er hielt ihre Beschwerden für die üblichen Nachwirkungen eines Kompanieabends.

Solidarität in der Bevölkerung

Die MV zahlte zwischen 1940 und 2015 insgesamt 46,1 Millionen Franken an die Ölsoldaten. Gross war auch die Solidarität in der Bevölkerung. 1947 führte das Radiostudio Basel die erste Glückskettenaktion durch.

Die ölvergifteten Wehrmänner erhielten über 170 000 Franken. 1950 gründeten die Ölsoldaten eine Stiftung, die fortan die Interessen der Betroffenen gegenüber der MV, dem Bundesrat und der Öffentlichkeit vertrat. „Ab Mitte der 1960er-Jahre haben auch personelle Wechsel in der MV dazu geführt, dass der mögliche Handlungsspielraum öfter zugunsten der Ölsoldaten genutzt wurde“, sagt Stefan A. Dettwiler, Leiter der MV.

Das Kapitel der Ölsoldaten hat die MV in ihrer diesjährigen Ausgabe der Militärversicherungsstatistik umfassend aufgearbeitet.

Die Militärversicherung der Suva

Die Suva führt die Militärversicherung im Auftrag des Bundes. Versichert sind Personen, die im Rahmen von Sicherheits- und Friedensdiensten Einsätze leisten (namentlich Militär-, Zivilschutz- und Zivildienstleistende; Teilnehmer an friedenserhaltenden Aktionen des Bundes; Angehörige des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe [SKH] sowie die Berufs- und Zeitmilitärs).

Gegenstand der Militärversicherung sind Krankheiten und Unfälle. Versichert sind alle körperlichen, geistigen und psychischen Schädigungen, die während der Dienste und Einsätze auftreten oder auf den Dienst zurückzuführen sind.

Die Militärversicherung wird durch den Bund, über Prämien (aktive und pensionierte Berufsmilitärs und Zeitmilitärs) und Regresseinnahmen finanziert.

Statistik der Militärversicherung

Die Militärversicherung ist ein eigenständiger Zweig des schweizerischen Sozialversi-cherungssystems. Deshalb sind ihre Ergebnisse von öffentlichem Interesse und werden jährlich publiziert. Die „Statistik der Militärversicherung“ liefert umfassende Zahlen zum Versicherungsbestand, zu den Schadenfällen und zu den Leistungen der Militärversicherung.

Die Ausgabe 2016 der Statistik der Militärversicherung ist auf Deutsch und Französisch erhältlich und kann gratis hier bestellt und heruntergeladen werden.

Weitere Informationen: www.militärversicherung.ch

 

Artikel von: Suva
Artikelbild: © Suva

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