Den Personalvorsorgeausweis verstehen

Jeweils zu Jahresbeginn sowie bei unterjährigen Einkommensänderungen erhält man einen neuen Vorsorgeausweis seiner Pensionskasse. Dieser enthält viele Fremdwörter und noch viel mehr Zahlen. Dieser Artikel soll Ihnen dabei helfen, deren Aussagen zu verstehen. Der Vorsorgeausweis ist nicht standardisiert, daher sieht er je nach Pensionskasse unterschiedlich aus.

Die Vorsorge der Schweiz besteht  aus drei Säulen (staatlich, beruflich und privat). Die erste Säule ist die AHV, eine staatliche Vorsorge nach dem Umlageverfahren. Die eingezahlten Beträge werden im individuellen Konto erfasst, und begründen den Anspruch auf zukünftige Renten. Dafür gibt es keinen Vorsorgeausweis. Der Staat muss  auch kein Kapital für die Rentenverpflichtungen ansparen, diese werden einfach aus zukünftigen Beiträgen bezahlt. Ansonsten wären die Bundesschulden etwa dreimal so hoch wie jetzt ausgewiesen.

Die zweite Säule ist die berufliche Vorsorge. Hier werden einbezahlte Beiträge erfasst und Vorsorgekapital angespart. Alles was einbezahlt wurde ist als Kapital vorhanden, weshalb man auch vom Kapitaldeckungsverfahren spricht. Die Rechnungslegung der Vorsorgeträger und die Summe der individuellen Personalvorsorgeausweise stehen in Übereinstimmung. Ein grosser Teil des Volksvermögens ist in der beruflichen Vorsorge investiert.

Werfen wir einen Blick in den Vorsorgeausweis:

Alle Arbeitnehmer ab einem gewissen Einkommen sind obligatorisch in der zweiten Säule, der beruflichen Vorsorge, versichert. Selbstständig Erwerbende können sich freiwillig anschliessen.

Koordinationsabzug

Die meisten Pensionskassen versichern erst ab dem Obligatorium, zurzeit CHF 21’150 p.a. bis max. CHF 84‘600 p.a. Nur dieser Lohnbestandteil ist zwingend nach BVG zu versichern. Der Rest ist freiwillig.

Inwiefern unterscheiden sich Leistungsprimat und Beitragsprimat?

Das Beitragsprimat definiert die Ansprüche nach den erbrachten Beitragsleistungen. Es findet mehrheitlich und zunehmend mehr Anwendung. Das Leistungsprimat definiert bestimmte Rentenhöhen und die dafür nötigen Beiträge werden daraus ermittelt. Dies war sehr beliebt bei staatlichen Pensionskassen und grossen Konzernen, wegen der hohen Kosten für den Arbeitgeber wechseln aber auch diese vermehrt zum Beitragsprimat.

Bestimmend sind die Kosten für den Arbeitgeber. Das Beitragsprimat ist am berechenbarsten, weil nur effektiv gezahlte Prämien in die Leistungen einfliessen.

Aufteilung der Beiträge

Die Prämie setzt sich aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberprämie zusammen. Diese Aufteilung ist oft paritätisch, bei Grosskonzernen und beim Staat zahlt der Arbeitgeber aber oft mehr (z.B. 2/3 zu 1/3).

Die jährlich zu zahlende Prämie setzt sich zur Hauptsache aus dem Sparbeitrag zusammen. Dieser Beitrag wird einbezahlt und die Summe der Beiträge plus Zins und Zuschüsse entspricht dem vorhandenen aktuellen Sparkapital.

Der Risikobeitrag ist der Beitrag für die Versicherung. Die Risiken Invalidität und Todesfall werden über eine Versicherungsprämie abgedeckt. Zusätzlich zum Risikobeitrag fallen meistens Administrationsgebühren an.

Zum Ausgleich der Teuerung bei den Risikorenten besteht ein Fonds, Anpassungen erfolgen periodisch. Bei den Altersrenten sind Anpassungen an die Teuerung freiwillig. Aufgrund der aktuellen volkswirtschaftlichen Daten ist dieser  Teil weniger aktuell. Da die Kaufkraft des Geldes zunimmt und viele Produkte laufend günstiger werden, könnte man sich auch eine Rentenkürzung vorstellen. Die aktuellen Renditen von 0 – 2% bringen manche Pensionskasse in Probleme. Eine Rentenkürzung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Aufgrund der Entwicklung der Bevölkerung könnte dies aber einmal zum Thema werden.

Manche Firmen kennen mehrere Vorsorgepläne, z. B. Basisversicherung, Zusatzversiche­rung und Kaderversicherung. Aus diesem Grund kann ein Arbeitnehmer einen Vorsorgeausweis erhalten, der verschiedene Systeme umfasst, oder er erhält zwei Vorsorgeausweise. Alle Informationen zusammen geben Auskunft über das vorhandene Kapital, die zukünftigen Leistungen, die Risikoleistungen.


Der Vorsorgeausweis ist nicht standardisiert, daher sieht er je nach Pensionskasse unterschiedlich aus. (Bild: © bikeriderlondon – shutterstock.com)

Leistungen

Bei der Pensionierung kann das Alterskapital bezogen werden, wobei dafür gesetzliche Fristen einzuhalten sind. In diesem Fall kann je nach Reglement das ganze oder ein grosser Teil des Kapitals ausbezahlt werden. Dies setzt aber Finanzwissen voraus, um den Konsum so zu steuern, dass das Geld auch für das Alter ausreicht. Da dies des Öfteren nicht der Fall ist und das Kapital aufgebracht wird, bestehen regulatorische Tendenzen, den Kapitalbezug teilweise einzuschränken oder gar zu verbieten. Dann verbliebe nur die Altersrente. Die Höhe der zukünftig zu erwartenden Altersrente ist auf dem Vorsorgeausweis ersichtlich.

Hat der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Erreichen des Pensionsalters noch Kinder, so werden zusätzlich zur Rente Pensionierten-Kinderrenten bezahlt. Diese gibt es auch bei der AHV.

Sollte es vor dem Erreichen des Pensionsalters eine Invalidität wegen Unfall oder Krankheit geben, wird eine Invalidenrente bezahlt.

Bei Leistungen wie Witwenrente oder Todesfallkapital, lohnt es sich, die genauen Bestimmungen der Pensionskasse anzufragen. Je nach Alterskonstellation lohnt sich unter Umständen ein Pensionskasseneinkauf.

Der Umwandlungssatz gibt an, mit welchem Prozentsatz das Kapital in eine Rente umgewandelt wird. Basis bilden die aktuellen und zukünftigen Renditen. Ein dynamisches Model, welches die Arbeitnehmer an der Performance partizipieren lässt, gibt es nicht. Die Vorgabe ist der Rentensatz und die Differenz zu tatsächlich erzieltem Erfolg ist Gewinn oder Verlust für die Pensionskasse.

Austrittsleistungen respektive Freizügigkeitsleistungen

Für die Angabe der Begriffe im Vorsorgeausweis gibt es kein Standardvokabular. Zusätzlich ist die Vorsorgelösung jedes Arbeitgebers individuell, weshalb ein vollwertiger Vergleich eine vertiefte Analyse benötigt.

Die Freizügigkeitsleistung beinhaltet das Kapital, welches bei einem Wechsel des Arbeitnehmers zu einem anderen Arbeitgeber übertragen wird. In der Regel können alle geleisteten Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge) mitgenommen werden. Teilweise wird dies auch als Austrittsleistung bezeichnet.

Wechselt man also den Arbeitgeber muss die Freizügigkeitsleistung nach Gesetz an die neue Pensionskasse überwiesen werden. Entsprechend bezieht man bei der Pensionierung die Leistung der Pensionskasse des letzten Arbeitgebers als Kapital mit. Die effektive Leistung ergibt sich dann aus der Summe aller je bezahlten Beiträge, plus Zins, plus Zuschüsse, etc. Die Auszahlung vom Vorsorgeträger an den neuen Arbeitgeber, bzw. dessen Vorsorgeträger, erfolgt zeitnah nach dem Austritt. Der Arbeitnehmer erhält eine Abrechnung.

Einkaufsberechnung und Wohneigentumsförderung

Das Guthaben bei der Pensionskasse kann für den Kauf von einem Eigenheim verwendet werden. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste ist, dass das vorhandene Kapital gepfändet wird, womit sich der Finanzierungsbedarf für den Erwerb reduziert. Es wird wirtschaftliches Eigenkapital verwendet. Ausser der Verpfändung passiert nichts und das Vorsorgeverhältnis bleibt so bestehen. Die zweite Möglichkeit ist eine Auszahlung. Hier wird das Alterskapital reduziert und der Bezug muss auch versteuert werden. Danach reduzieren sich die Leistungen. In der Regel wird die Verpfändung gewählt. Eine sorgfältige Beratung ist hier empfehlenswert.

Die Rente definiert sich aus den erbrachten und eingezahlten Leistungen. Die maximale Höhe der Rente richtet sich nach dem Salär. Nach einer Lohnerhöhung ergibt sich eine Beitragslücke (Anzahl Arbeitsjahre multipliziert mit der Lohnerhöhung). Hat man zusätzliches Sparpotential, lohnt sich in aller Regel ein Einkauf da sie steuerlich absetzbar sind. Einbezahltes Kapital bleibt bis zur Pensionierung gebunden.



Wenn man erst später in die Pensionskasse eintritt, nachdem man schon 25 war, zum Beispiel Studierende oder zugezogene Personen, erhält man ein Angebot zum Einkauf. Einkäufe können sich lohnen, sind aber zu planen. Wenn ein 60-jähriger aus dem Ausland in die Schweiz zuzieht mit einem Jahressalär von CHF 100‘000, hat er eine Einkaufmöglichkeit von mehreren hunderttausend Franken.

Allerdings macht eine Volleinzahlung keinen Sinn, da der aktuelle Lohn minus Einkauf ein maximales steuerbares Einkommen von null ergibt, andererseits dann alle Rentenleistungen steuerbares Einkommen sind. In der Schweiz wird die genügende Vorsorge steuerlich stark gefördert – da Kapitalauszahlungen bei Erreichen des Rentenalters relativ frei möglich sind zu tiefen Steuersätzen – ist eine individuelle Beratung sinnvoll, damit man das Rentenalter auch Dank den Steuerersparnissen mit genügender materieller Absicherung geniessen kann.

 

Artikel von: artax Fide Consult AG / Mitglied von Morison International / artax.ch
Artikelbild: © Robert Kneschke – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. iur. Bernhard Madörin + Michael Hasler

Dr. iur. Madörin (Foto) ist seit 2000 Partner und langjähriges Mitglied des Verwaltungsrates der artax Fide Consult AG. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer hat er als Steuer- und Treuhandexperte die Gesamtverantwortung für die Bereiche Steuern, Recht und Unternehmungsberatung inne und kann heute auf rund 30 Jahre Berufserfahrung als Treuhänder und selbständiger Unternehmer zurückblicken.

Michael Hasler ist seit 2003 bei der artax Fide Consult AG als Mandatsverantwortlicher tätig und zuständig für die Einhaltung des Geldwäschereigesetzes, 2012 wurde er Partner. Er ist zugelassener Revisionsexperte RAB und in der artax Ansprechpartner für Steuern (Schwerpunkt internationale Steuern natürlicher Personen und Quellenbesteuerung), Revisionen und Konsolidierungen.

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