Leistungen der Krankenkasse für Komatrinker möglicherweise bald eingeschränkt

Der exzessive Gebrauch von Alkohol ist auch in der Schweiz keine Seltenheit und wird von Jugendlichen genauso wie von Erwachsenen gepflegt. Die Folge des sprichwörtlichen Trinkens bis zum Umfallen ist eine Nacht in der Ausnüchterungszelle, je nach körperlicher Konstitution ist der Aufenthalt im Spital unvermeidbar.

Und genau hier sieht die Politik ein Kernproblem: Kosten im Gesundheitswesen werden durch ein verantwortungsloses Verhalten der Trinker in die Höhe getrieben. Mit einem aktuellen Gesetzesentwurf soll dieser Entwicklung folglich Einhalt geboten werden. Schon bald muss die Krankenkasse möglicherweise nicht mehr für die Kosten nach dem Alkoholgenuss bis zum Verlust des Bewusstseins aufkommen.

Gesundheitskommission des Nationalrats bringt Entwurf auf den Weg

Bei der Vernehmlassung des Gesetzesvorschlags in der Gesundheitskommission war es zwar zu heftigem Widerstand und deutlicher Kritik verschiedener Seiten gekommen. Das Abstimmungsergebnis wurde hiervon jedoch nicht beeinflusst. Mit 13 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung wurde der Gesetzesentwurf genehmigt, der nun nur noch durch den Rat zu genehmigen ist.

Konkret sieht das Gesetz vor, dass sämtliche Kosten für die Unterbringung in einer Ausnüchterungszelle oder im Spital selbst zu tragen sind, wenn diese auf einen verantwortungslosen Genuss von Alkohol zurückzuführen sind. Die anfallenden Behandlungsmassnahmen seien durchweg selbstverschuldet, weshalb die eigenständige Kostenübernahme gerechtfertigt sei.

Die Regelung sieht Ausnahmen vor, um auf verschiedene Problem- und Behandlungssituation einzugehen. Sollte eine Person nachweisen können, dass sie nicht Schuld am übermässigen Konsum des Alkohols war, werden die Kosten durch die Krankenkasse weiterhin übernommen.

Auch nachgewiesene Alkoholkranke müssen keine stärkere Kostenbelastung fürchten. Zudem werden Kosten für Leistungen weiterhin erstattet, die während der Behandlung unabhängig vom konsumierten Alkohol anfallen. Ab wie viel Promille die Regelung greift und der Betroffene die Kosten selbst tragen muss, wurde durch den Gesetzesentwurf noch nicht benannt. Hier bleibt die Entscheidung des Bundesrates abzuwarten, der im Vorfeld wissenschaftliche Analysen zur Bemessung einer sinnvollen Grenze durchführen dürfte.



Kritiker sehen Solidaritätsprinzip in Gefahr

Kritik am Gesetzesentwurf kamen von Ärzten ebenso wie einzelnen Kantonen sowie Suchtexperten. Auch politisch würde die Genehmigung durch den Rat einigen Zündstoff liefern, da das bislang vertraute Versicherungsprinzip nicht mehr zur Anwendung käme und den Verursacher stärker in den Fokus setzt. Zwar ist dies im Rahmen des aktuellen Gesetzesentwurf nicht vorgesehen, theoretisch sind jedoch weitere Kostenübernahmen im Gesundheitsbereich denkbar, die auf ein Fehlverhalten der Personen zurückzuführen sind. Das Gesetz könnte deshalb das Solidaritätsprinzip der Krankenkassen aushebeln, wodurch vielleicht in einigen Jahren auch Raucher oder Übergewichtige für einzelne ihrer Behandlungsmassnahmen selbst aufkommen müssten.

Ausserdem warnten Kritiker aus dem medizinischen Bereich davor, dass die Feststellung einer Alkoholvergiftung in der Praxis nicht immer eindeutig wäre. Neben Standardbehandlungen nach der Einlieferung könnten deshalb in einzelnen Fällen teure Zusatzmassnahmen notwendig werden, um die Diagnose eindeutig treffen zu können. Genau dies würde zu einer zusätzlichen Belastung der Betroffenen führen, die von den selbst zu tragenden Kosten ohnehin häufig überfordert sein dürften. Nach bisherigen Erfahrungswerten von Kinderspitälern bewegten sich die Kosten aktuell in einem Bereich über 1.500 Franken. Ob und in welcher Form diese Kosten überhaupt von den betroffenen Familien gerade bei Jugendlichen eingetrieben werden könnten, ist im Detail noch nicht geklärt.

Ausbleibende Behandlungen eine drohende Extremsituation

Zum grössten Problem des Gesetzentwurfes könnten Wiederholungstäter werden, die für ihren Alkoholmissbrauch bekannt sind und bei vorherigen Malen nicht zu einer Kostenübernahme in der Lage waren. In diesen Fällen könnte drohen, dass es gar nicht mehr zu einer Einlieferung in die Spitäler kommen würde, da die Bezahlung der medizinisch notwendigen Massnahmen nicht mehr möglich wäre. Was zunächst wie eine Entlastung der Krankenkasse aussieht, könnte in der Folge zu Kosten durch schlimmere Erkrankungen und teurere Behandlungen führen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist ohnehin die Zustimmung des Rates abzuwarten, nach der die Diskussionen über den umstrittenen Gesetzesentwurf nicht verstummen dürften.

 

Oberstes Bild: © alex saberi – shutterstock.com

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