Professionelles Risikomanagement – Schlüssel zum Erfolg!
VON Robert Brettschneider Organisation
Die Entwicklung gezielter Strategien zur Vermeidung von Schäden und Störungen erhöht unbestreitbar die Erfolgschancen jedes Projekts. Dabei ist es von wesentlicher Bedeutung, dass das Vorhandensein von Risiken bewusst wahrgenommen und offen angesprochen wird. Hinweise auf mögliche Risiken dürfen keinesfalls als „Pessimismus“ gebrandmarkt werden. Es ist auch nicht zu empfehlen, scheinbar unbedeutende Risiken in ihren Auswirkungen zu verharmlosen. Derartige „Bagatell-Risiken“ werden zwar das Projekt kaum zum Absturz bringen, sie können allerdings ordentlich Sand ins Getriebe streuen und das Gleichgewicht der drei Dimensionen „Qualität-Termine-Kosten“ empfindlich stören.
Kultureller Hintergrund des Risikomanagements
Der Begriff „Risiko“ hat in Kontinentaleuropa eine weitgehend andere Konnotierung als etwa im angloamerikanischen Raum. Während in Europa das Wort Risiko mit Gefahr, Unsicherheit, Schädigung, Verschlechterung, Abstieg, Verlust etc. in Verbindung gebracht wird, bedeutet Risikomanagement in den angloamerikanischen Ländern zugleich auch Chancenmanagement. Man ist der Auffassung, dass jedes Schadensereignis nicht nur einen Lernprozess in Gang setzt, sondern auch die Chance zur Veränderung in sich birgt. Manager in diesen Ländern sind daher generell risikoaffiner als ihre Kollegen hierzulande.
Aufbau des Risikomanagements
Professionelles Risikomanagement setzt sich aus folgenden Schritten zusammen:
- Risikoidentifizierung (welche Risiken bestehen?)
- Risikobewertung (wie gross wäre der Schaden?)
- Risikobewältigung (was kann gegen Risiken unternommen werden?)
- Risikomonitoring (wie entwickeln sich Risiken während des Projektablaufs?).
Risikoidentifizierung
Sämtliche sach- und personenbezogenen Aspekte des Vorhabens sind eingehend und möglichst objektiv in ihrer Gesamtheit zu analysieren, um potenziell drohende Risiken zu erkennen. Dabei ist es wichtig, mehrere unterschiedliche Szenarien nach dem „Was wäre, wenn“-Prinzip gedanklich durchzuspielen und auf mögliche Risikofaktoren zu durchsuchen. Dies findet am besten in einer ungezwungenen Brainstorming-Atmosphäre statt. Auch hat es sich bewährt, Personen, die in das Projekt bzw. in das Vorhaben in keiner Weise involviert sind, zu diesem Risikofindungsprozess einzuladen. Deren scheuklappenfreie Sichtweise kann neue Perspektiven eröffnen, was bisher ungeahnte Risiken – aber auch Chancen – zu erkennen hilft. Empfehlenswert ist in jedem Fall das Erstellen einer Checkliste, in der die einzelnen Risiken nach Gruppen (Risikoursache, Entstehungsart, Auswirkungen etc.) gegliedert sind.
Risikobewertung
Auf der Grundlage der erkannten potenziellen Risiken erfolgt nun die Einschätzung, in welchem Ausmass die einzelnen Risiken für die Durchführung des Vorhabens tatsächlich eine Bedrohung darstellen. Dabei wird zunächst die theoretische Wahrscheinlichkeit ermittelt, mit der das schädigende Ereignis voraussichtlich eintritt. Zur Ermittlung dieser Eintrittswahrscheinlichkeit können Erfahrungen vorangegangener Projekte oder auch branchenbezogene Statistiken herangezogen werden. Sodann wird das individuelle Schädigungspotenzial für jedes Ereignis eingeschätzt. Auch hier können Erfahrungswerte, statistisches Material, aber auch Vergleichswerte anderer Unternehmen den Berechnungen zugrunde gelegt werden.
Nun sind die einzelnen Risikofaktoren zu gewichten und samt ihren Auswirkungen bildhaft darzustellen. Wird das Vorhaben als gering risikobehaftet eingestuft, genügt im Regelfall das Erstellen einer sogenannten „Risk Map“, in der das drohende Risikoszenario in Matrixform visualisiert wird.
Bei risikoreichen oder sehr komplexen Projekten sollte eine aussagekräftigere Form der Darstellung gewählt werden. Hier wird die konkrete Wahrscheinlichkeit einer Bedrohung dadurch ermittelt, dass sowohl der Eintrittswahrscheinlichkeit als auch dem Schädigungspotenzial je Risiko ein angemessener Gewichtungsfaktor (z. B. auf einer Skala von eins bis zehn) zugewiesen wird. Durch Multiplikation beider Werte erhält man die Priorität, mit der aufgrund der Schwere des Ereignisses entsprechend wirksame Präventivmassnahmen ausgearbeitet werden müssen. Die erhaltenen Werte können zusätzlich anhand einer Tabelle auf eine verbale Bewertung umgeschlüsselt werden.
Beispiel:
Risiko: Erkrankung eines Mitarbeiters
Eintrittswahrscheinlichkeit: 7 (ein Mitarbeiter kann jederzeit erkranken)
Schädigungspotenzial: 1 (da ausreichender qualifizierter Ersatz bereitsteht)
Priorität: 7 (7 x 1)
Bewertung: geringer Einfluss auf das Endziel
Risikobewältigungsplanung
Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit der Erstellung eines Massnahmenkatalogs zur Vermeidung möglicher Risiken sowie der Errichtung eines Notfallmanagements. Grundlage dafür sind jeweils die Ergebnisse der Risikobewertung.
Massnahmen zur Risikovermeidung können etwa sein:
- Abschluss einer Versicherung
- Einsatz entsprechend qualifizierter Mitarbeiter
- ausreichende Reserven bei Terminen und Ressourcen
- Verrechnung eines Risikozuschlags bei Kundenprojekten
- zusätzliche Reviews und Meetings.
Merke: Es gilt stets der Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Die Kosten, welche zur Vermeidung eines schädigenden Ereignisses aufzuwenden sind, dürfen niemals höher sein als der maximale Schaden, der durch dessen Eintreten angerichtet werden kann.
Risikoüberwachung
Die Wirksamkeit der eingesetzten Massnahmen zur Vermeidung von Risiken ist während des gesamten Vorhabens zu überwachen. Darüber hinaus sind sämtliche projektrelevanten Risiken stets im Auge zu behalten, da sich Art, Eintrittswahrscheinlichkeit und Schädigungspotenzial von Risiken mitunter ändern. Bei grösseren Projekten erreicht man dies am effektivsten durch die Installation eines definierten Risiko-Überwachungsprozesses innerhalb des projektbegleitenden Monitorings.
Idealerweise sorgt innerhalb des Projektteams ein eigener „Risk-Manager“ dafür, dass das Risikoszenario unter Kontrolle bleibt und schädigende Faktoren bereits im Ansatz eliminiert werden.
Oberstes Bild: © Andrey_Popov – Shutterstock.com