Schweizer Nationalrat weigert sich, die Regeln zur Geldwäsche internationalen Standards anzupassen

Der Bundesrat der Schweiz hatte eine Vorlage eingereicht, welche die derzeit gültigen internationalen Standards bei den Regeln zur Geldwäsche berücksichtigt. Da will der Nationalrat der Schweiz nicht mitspielen. Die Vorlage des Bundesrates soll durch den Nationalrat massiv aufgeweicht werden. Das hätte unmittelbar zur Folge, dass die Schweiz international auf der sogenannten „Schwarzen Liste“ landen würde. Mit unabsehbaren Folgen.

Die Vorgabe des Bundesrates wird unter der Bezeichnung GAFI-Vorlage geführt. Am Mittwoch, dem 18. Juni 2014, wurde seitens des Nationalrates mit den Beratungen zur Vorlage begonnen. Diese wurden am Ende mit 83 zu 54 Stimmen durchgewinkt – bei 48 Enthaltungen. Letztere entstanden durch die SP und die Grünen, die sich verweigert hatten. Die Enthaltungen wurden damit begründet, dass die eigentliche Vorlage im Nationalrat zu stark verwässert worden sei. Der ursprüngliche Vorschlag, so SP und Grüne, sei nicht mehr erkennbar gewesen.

Der Nationalrat verstümmelt die Vorlage des Bundesrates

Unter dem Strich blieb so gut wie nichts mehr davon übrig, was der Bundesrat dem Nationalrat als Vorlage geliefert hatte. Nun hat der Ständerat zu entscheiden, und der hatte die neuen Regelungen bisher ohne grosse Änderungen gutgeheissen. Dabei warnt bereits die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf davor, dass der Schweiz ein Platz auf der internationalen „Schwarzen Liste“ sicher sei, würde sich der Nationalrat mit seinem Entwurf durchsetzen.
So hatte dieser beispielsweise zuletzt darüber zu entscheiden, wie der Begriff der „politisch exponierten Personen“ (PEP) auszulegen sei. Gerade bei diesen lautet die Vorgabe, dass die Banken der Schweiz eine deutlich erhöhte Sorgfaltspflicht an den Tag zu legen hätten. Die Vorgabe wurde dahin gehend abgefasst, dass auch die Personen zu dem Kreis hinzugezählt werden sollten, die in der Schweiz in führender Funktion aktiv sind. Dem wusste der Nationalrat einen Riegel vorzuschieben, auch wenn er sich grundsätzlich damit einverstanden erklärte. Bei der geschaffenen Ausnahme kam dann das eigene Interesse stark zum Tragen: So sollen zukünftig Mitglieder des Nationalrates und des Ständerates nicht als „politisch exponierte Personen“ (PEP) gelten. Im Rat wurde diese Ausnahme mit einer Mehrheit von 103 zu 84 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen angenommen.


Erhöhte Sorgfaltspflicht für Schweizer Banken. (Bild: Polina Shestakova / Shutterstock.com)
Erhöhte Sorgfaltspflicht für Schweizer Banken. (Bild: Polina Shestakova / Shutterstock.com)


Wer soll noch als PEP gelten, wenn nicht Mitglieder von Nationalrat und Ständerat?

Im Zuge der Abstimmung hatte Widmer-Schlumpf mit Nachdruck dazu aufgerufen, keine solche Ausnahmeregelung zu schaffen. Sie führte dabei nachvollziehbar an, wenn schon die Mitglieder von Nationalrat und Ständerat nicht als Politiker von hohem Rang gelten sollten, für wen diese Kategorie dann überhaupt greifen würde. Wer, wenn nicht die Mitglieder des Parlaments, sei überhaupt als hochrangig anzusehen? Würde das Parlament dem nicht folgen, so stünde fest, dass man in absehbarer Zeit wieder darüber zurate sitzen müsste, um dann neu zu befinden. Dem Aufruf „Wer, wenn nicht Sie?“ folgten die SP und die Grünen, wie auch BDP und GLP. Sie waren geschlossen gegen die Schaffung dieser Ausnahme.

Die Seite der Befürworter der Ausnahme – die SVP, die FDP und die CVP – argumentierten, in der Schweiz gäbe es im Grunde kein Berufsparlament. Die Schweizer Parlamentarier würden sich durch die Bank auch beispielsweise als Unternehmer selbst finanzieren. Von daher sei es nicht annehmbar, dass ein Unternehmer, der zugleich auch Parlamentarier ist, sich bei Vertragsabschlüssen, die er mit Firmen aus dem Ausland tätigt, durch die Regelung des PEP schlechterstellen würde und sich damit selbst sehenden Auges benachteilige, meinte Gabi Huber von der FDP.

Der Nationalrat auf Konfrontationskurs mit dem Bundesrat

Bereits am Mittwoch wurden vom Nationalrat andere wichtige Punkte entschieden. Dabei wurde stets gegen das Interesse des Bundesrates votiert. So lehnte es der Nationalrat kategorisch ab, Bargeldzahlungen von mehr als 100’000 Franken qua Verbot zu unterbinden. Die Befürworter des Verbotes argumentierten, niemand habe einen rationalen Grund, Bargeldzahlungen in dieser Grössenordnung zu tätigen – ausser es ginge darum, dass man Gelder waschen wolle. Und auch bei den Inhaberaktien verweigerte sich der Nationalrat dem Bundesrat, was zulasten der vollen Transparenz geht. So sollen nur die grossen Unternehmen der Meldepflicht unterliegen. Ebenso wich man im Bereich der Steuerdelikte, die als sogenannte Vortat zur Geldwäsche angesehen werden sollten, von der Linie ab, welche sich der Bundesrat wünschte.

Der Bundesrat plante, die Regeln anzuziehen und sich dabei an den Empfehlungen der „Groupe d’action financière“ (GAFI) auszurichten. Diese versteht sich als Expertengruppe der OECD, welche die Geldwäsche bekämpft. Bereits im Jahr 2015 steht ein Länderexamen der Schweiz durch die GAFI an, doch den Nationalrat beeindruckt das nicht sonderlich. Vielmehr wurde – hier schwerpunktmässig durch die SVP – argumentiert, dass sich auch andere Länder nicht an den Regularien der GAFI orientieren würden. Unterstützung fand die SVP im Lager der bürgerlichen Parteien, die zwar generell mit der Linie der GAFI konform gehen, aber nicht wollen, dass man in der Schweiz mehr gesetzlich beschliesst, als eigentlich beschlossen werden muss.

 

Oberstes Bild: © Lestertair – Shutterstock.com

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