Berufsanfänger – verkaufen Sie sich nicht zu billig!

Der Arbeitsmarkt ist gut ausgelastet und dennoch immer offen für Berufsanfänger. Die zeichnen sich oftmals durch eine hervorragende berufliche Qualifikation aus, sind hoch motiviert und neugierig auf das, was das Berufsleben für sie zu bieten hat. Allerdings fehlt ihnen vor allem Berufserfahrung und ab und an auch ein wenig menschliche Reife. Überwiegend gute Gründe für so manches Unternehmen, Berufsanfänger zu unterdurchschnittlichen Löhnen einzukaufen.

Die Berufsanfänger selbst sollten sich aber nicht allzu schnell und vor allem nicht zu billig verkaufen. Immerhin sind sie neben den hochdotierten Experten ein wichtiges Unterpfand für die Zukunftsgestaltung in den Unternehmen. Nach einer geglückten Schulausbildung und einer jahrelangen beruflichen Spezialbildung bringen sie alle erforderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine erfolgreiche Berufsausbildung mit. Schon deshalb sind sie in den Unternehmen gefragt und auch deshalb sollte hier der Mut zum Vergleich und zur Lohnverhandlung vorhanden sein.

Einmal zu billig verkauft, immer unterbezahlt

Für viele Unternehmer und Personaler ist eines klar: Neue Arbeitskräfte dürfen nicht zu teuer sein. Immerhin sind Lohnkosten laufende Kosten, die das Betriebsergebnis Monat für Monat belasten. Ein guter Grund dafür, nach möglichst gut qualifizierten, aber eben auch billigen Arbeitskräften zu suchen.


Für viele Unternehmer und Personaler ist eines klar: Neue Arbeitskräfte dürfen nicht zu teuer sein. (Bild: Ollyy / Shutterstock.com)
Für viele Unternehmer und Personaler ist eines klar: Neue Arbeitskräfte dürfen nicht zu teuer sein. (Bild: Ollyy / Shutterstock.com)


Wer sich als Berufsanfänger auf Dumpinglöhne weit unterhalb der durchschnittlichen Entlohnung im jeweiligen Arbeitsgebiet einlässt, gefährdet die Höhe seines Einkommens während der gesamten Lebensarbeitszeit. Denn dann steigen die Bezüge nur langsam und selbst ein Wechsel des Unternehmens kann hier nicht immer für Abhilfe sorgen.

Wer sich frühzeitig zu unterdurchschnittlichen Löhnen an ein Unternehmen bindet, verliert Monat für Monat bares Geld und verschlechtert seine Chancen, jemals angemessen bezahlt zu werden. Immerhin ist auch bei einem Arbeitgeberwechsel nicht nur die Bewertung der vorangegangenen Arbeitgeber interessant, sondern auch die Erwerbsbiografie. Auf deren Grundlage führen nämlich auch neue Arbeitgeber bevorzugt die Lohnverhandlungen.

Was ein Berufsanfänger erwarten kann

Wenn im Unternehmen klare Regelungen für die Minimalentlohnung beispielsweise auf der Grundlage von Gesamtarbeitsverträgen oder Normalarbeitsverträgen bestehen, sind gute Voraussetzungen für die Gehaltsverhandlungen vorhanden. Hier weiss auch der Berufsanfänger, was er zu Beginn seiner beruflichen Karriere als Minimum erwarten kann. Aber damit sollten sich in aller Regel auch Anfänger nicht zufriedenstellen. Mehr geht immer, sofern ein wenig Verhandlungsgeschick und natürlich auch eine gesunde Kompromissfähigkeit auf beiden Seiten vorhanden sind.

Grundsätzlich kann ein Berufsanfänger nicht die gleiche Entlohnung erwarten wie seine erfahrenen Berufskollegen. Es sei denn, es sind besondere Fähigkeiten vorhanden oder der Berufseinsteiger ist bereits als Kader für künftige Führungspositionen vorgesehen. Dann lassen sich durchaus auch bessere Lohnmodelle verhandeln.

Besonders schwierig wird es für überqualifizierte Bewerber. Auch wenn die Qualifikation in den meisten Unternehmen ein wichtiges Lohnmerkmal ist, wird doch meist entsprechend der konkreten beruflichen Tätigkeit und nicht nach der vorhandenen (Über-)Qualifikation bezahlt. Das sollte vor allem Absolventen der Universitäten klar sein, wenn sie sich auf Jobs hin bewerben, die eigentlich unter ihrem Qualifikationsniveau liegen.

Studien haben gezeigt, dass unterbezahlte Überqualifizierte in ihrer gesamten Erwerbsbiografie durchschnittlich 5 % Einbussen gegenüber ihren niemals überqualifizierten Berufskollegen hinnehmen. Das sind über die Jahre gesehen mehrere Tausend Franken, die verloren gehen.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet …

… ob sich nicht was Bess’res findet! Diese Weisheit gilt nicht nur für die Eheschliessung. Wer mit einem Unternehmen eine berufliche Ehe eingehen will, sollte hier genauso sorgfältig prüfen und vor allem vergleichen. Dabei erweisen sich die Vergleichsmöglichkeiten in der Schweiz doch als recht eng begrenzt. Die Lohngeheimhaltung geht hier so weit, dass Löhne und Gehälter nicht nur eine private Sache, sondern fast schon eine intime Angelegenheit sind. „Über Geld spricht man nicht!“, diese Haltung ist in der Schweiz noch deutlicher ausgeprägt als in anderen europäischen Ländern. Das liegt auch daran, dass Unternehmen die Lohnstrukturen kaum oder nur sehr zögerlich offenlegen.

Wer die zu erwartenden Löhne als Berufsanfänger vergleichen will, muss sich dafür auf etwas umständlichere Verfahren einstellen. Eine dieser Möglichkeiten kann heissen, sich bei vielen Unternehmen gleichzeitig zu bewerben und hier vor allem klare Antworten auf die Lohnfrage einzufordern. Unternehmen, die auch mit Berufsanfängern fair umgehen, nehmen hier kein Blatt vor den Mund und unterbreiten einen konkreten Vorschlag. Der wird erfahrungsgemäss niedrig angesetzt sein, zeigt aber, ob und wie viel Luft nach oben in den einzelnen Unternehmen vorhanden sein kann. In aller Regel lässt sich ein vom Unternehmen vorgeschlagener Stundenlohn während der ersten Gehaltsverhandlungen durchaus um 10 bis 20 % nach oben verhandeln. Allerdings nur mit dem entsprechenden Verhandlungsgeschick.

Regelmässig Lohnsteigerungen prüfen

Auch als Berufsanfänger lohnt es sich, immer wieder Gelegenheiten für eine Lohnsteigerung zu erkennen und natürlich auch zu nutzen. Das kann beispielsweise dann Sinn ergeben, wenn mehr Verantwortung übertragen wird, die Arbeitsaufgaben steigen oder höhere Anforderungen im Allgemeinen gestellt werden. Und natürlich lohnt sich die Gehaltsverhandlung immer dann, wenn ein Aufstieg auf der Karriereleiter ansteht. Vermeiden sollten Berufsanfänger einen zu niedrigen Einstiegslohn, da sich ein solcher, wie bereits festgestellt, auf das gesamte Erwerbsleben negativ auswirken kann.

 

Oberstes Bild: © Brt – Shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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