Ein Unternehmen, zwei Chefs - Chancen und Risiken

In der Regel hat jedes Unternehmen einen Chef. Damit sind die Strukturen zumindest in der Führungsspitze klar umrissen. Entscheidungswege sind meist für jeden Mitarbeiter durchschaubar und am Ende der Entscheidungs- und Verantwortungskette steht immer eine Person – der grosse Chef vom Ganzen.

Schwieriger stellt sich die Situation dann dar, wenn sich beispielsweise zwei Spitzen die Verantwortung und damit auch das Unternehmen teilen. Dann steigen möglicherweise die Chancen für den langfristigen Unternehmenserfolg, aber auch die Risiken.

Wer ist hier der Chef?

Nicht selten finden sich zwei Freunde oder anderweitig gut vertraute Personen zusammen, um gemeinsam ein Unternehmen aus der Taufe zu heben. In vielen Fällen übernimmt dann einer der Partner die Gesamtverantwortung und damit auch die letztliche Entscheidungsbefugnis über alle unternehmensrelevanten Prozesse. Immer öfter wird die Rechtsform der Kollektivgesellschaft gewählt. Hier sind es mindestens zwei Personen, die die Geschäfte führen und die subsidiäre unbeschränkte und solidarische Haftung übernehmen.

Innerhalb der Kollektivgesellschaft haben die Gesellschafter eine grosse Freizügigkeit darüber, wie sie die Tätigkeiten, Verantwortlichkeiten und unternehmerischen Risiken aufteilen. Hier stellt sich oftmals die Frage, wer hier eigentlich der Chef ist. Klar wird das nur dann, wenn ein Geschäftsverteilungsplan die konkreten Befugnisse und Verantwortlichkeiten der einzelnen Gesellschafter feststellt.

Wo sind Kollektivgesellschaften sinnvoll?

Kollektivgesellschaften sind besonders bei kleinen, sehr personenbezogenen Unternehmungen häufig anzutreffen. Oftmals schliessen sich beispielsweise Ärzte gleicher oder fachlich ähnlicher Ausrichtung bei der Gründung einer kleinen Privatklinik zu einer Kollektivgesellschaft zusammen und führen dann gemeinsam die Geschäfte. Dabei bleibt jeder der Spezialist in seinem Bereich, Gewinne und Risiken werden geteilt. Auch viele kleine Handwerksbetriebe wählen die Rechtsform der Kollektivgesellschaft und erbringen auf dieser rechtlichen Basis ihre Leistungen.

Kollektivgesellschaften sind immer dann sinnvoll, wenn ohne Einlagekapital mit mindestens zwei Personen ein kleines Unternehmen gegründet werden soll. Für grössere Einheiten lohnt sich dann schon eher die Form der GmbH, die in der Schweiz die bevorzugte und am meisten vertretene Rechtsform von Unternehmen ist.


Der Zusammenschluss von zwei oder mehreren Personen zu einer Kollektivgesellschaft bietet die Bündelung mehrerer Kompetenzen in einem kleinen Unternehmen. (Bild: grmarc / Shutterstock.com)


Kollektivgesellschaften funktionieren meist reibungslos

Der Zusammenschluss von zwei oder mehreren Personen zu einer Kollektivgesellschaft bietet die Bündelung mehrerer Kompetenzen in einem kleinen Unternehmen. Das ist neben der recht freizügigen Verteilung von Tätigkeiten und Verantwortungen ein entscheidender Vorteil im Vergleich zu Einmannunternehmen. Die Leistungsfähigkeit wird verbessert, das Leistungsportfolio erweitert und letztlich auch der unternehmerische Erfolg auf eine breitere Basis gestellt.

In der Folge werden viele Kollektivgesellschaften irgendwann einmal auch in eine GmbH umgewandelt und vergrössern dann ihre geschäftlichen Aktivitäten. Eine klare Teilung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sorgt in den meisten Kollektivgesellschaften dafür, dass hier alle Prozesse reibungslos laufen, sofern jede beteiligte Person ihren Verpflichtungen nachkommt. So funktionieren die meisten Kollektivgesellschaften über Jahre hinweg reibungslos und erfolgreich.

Was, wenn es schief geht?

Leider ist die Rechtsform der Kollektivgesellschaft, wie übrigens jede andere Unternehmensform auch, nicht frei von Risiken. Hier besteht das eigentliche Risiko vor allem im Verhalten der einzelnen Gesellschafter. Gefährlich wird das dann, wenn beispielsweise ein Gesellschafter seinen Verpflichtungen nicht nachkommt und möglicherweise Steuern oder andere Gelder hinterzieht. Automatisch gerät dann der andere Gesellschafter in die Mithaftung und muss sich für das Versagen seines Partners mit verantworten.

Die solidarische Haftung ist eines der grössten Risiken in der Kollektivgesellschaft. Versagt einer der Partner, hat das auch Folgen für den oder die anderen Beteiligten. Das geht hin bis zu strafrechtlichen Aspekten. Der Gesetzgeber und die Judikative unterscheiden hier nicht danach, wer den Schaden eigentlich herbeigeführt hat. Im unternehmerischen Bereich haften alle Gesellschafter in der Kollektivgesellschaft solidarisch und subsidiär unbeschränkt.

Sollte das Unternehmen also wegen des Fehlverhaltens und oder wegen der Fehlleistungen eines Gesellschafters in Schieflage geraten, dann sind auch die anderen Gesellschafter betroffen. Diese wechselseitige Wirkung und Verantwortlichkeit lässt sich nicht umgehen oder gar ausschliessen.

Klare Regelung von Entscheidungskompetenzen erforderlich

Um die Verantwortlichkeiten im Unternehmen einer Kollektivgesellschaft von Beginn an klar zu regeln, kommen die Gesellschafter an einer klaren Feststellung von Entscheidungskompetenzen nicht vorbei. Auch die beste und innigste Freundschaft ist kein Garant dafür, dass in der Kollektivgesellschaft von selbst alles rund läuft. Für jeden unternehmerischen Bereich muss klargestellt werden, wer welche Entscheidungen allein trifft, welche Entscheidungen grundsätzlich nur im Einvernehmen getroffen werden können und wer für welche Inhalte und Prozesse die sachliche Verantwortung trägt. Dabei muss jeder Gesellschafter Einblicke in die Bereiche haben, die auch seinen Teil des kollektiven Unternehmens beeinflussen.

Beispiel Steuern: Steuern müssen gezahlt werden. Auch von Kollektivgesellschaften. Wird die Steuererklärung im Unternehmen selbst erstellt, kann das letztlich nur einer tun. Dieser ist aber unverzichtbar auf die richtigen und zutreffenden sowie vollständigen Angaben des anderen Partners angewiesen. Darüber hinaus sind natürlich auch entsprechende Gelder zu bewegen, die mit der Steuerzahlung einhergehen. Werden hier Steuern nicht richtig deklariert oder nicht oder nur teilweise bezahlt, richtet sich die fiskalische Verantwortlichkeit und Haftung letztlich an alle Gesellschafter der Kollektivgesellschaft. Hier geht es also nicht einfach nur um Vertrauen, sondern um wechselseitige Kontrolle.

Fazit

Kollektivgesellschaften sind für kleine, personenbezogene Unternehmen ohne Stammkapital eine gute, aber nicht risikofreie Lösung bei der Wahl der Rechtsform. Empfohlen wird hier eine Trennung der Entscheidungsbefugnisse und Verantwortlichkeiten genauso wie eine vertrauensvolle, aber auch strikte wechselseitige Kontrolle.

 

Oberstes Bild: © holbox – Shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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