Die Einsamkeit der Manager

Manager sind vielgefragte und vielbeschäftigte Leute. Ständig das Handy am Ohr, immer entscheidungsfreudig und stets unterwegs treffen die Führungsspitzen der Wirtschaft auf Menschen aller Couleur. Während die einen sonst eher im Hintergrund agieren, sitzen andere gern auch in Talkshows, geben Interviews und hetzen von einem Meeting zum anderen.

So haben wir den Eindruck, dass unsere Manager Zeitgenossen sind, die praktisch immer unter Menschen und niemals einsam sind. Dass eine grosse Zahl der Top-Führungskräfte nicht nur oftmals einsame Entscheidungen trifft, sondern auch zunehmend sozial vereinsamt, bleibt den meisten unbekannt und fremd. Und doch sind Manager im Grunde oftmals allein.

An der Spitze bist du nur allein

Es kann nur einer gewinnen. Eine Weisheit aus dem Sport, die sich ohne Weiteres auch in das Wirtschaftsleben transferieren lässt. Tatsächlich sind es sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik Einzelpersonen, die die Spitze bilden. Selbst bei den angesagten und modern erscheinenden „Doppelspitzen“ hat einer davon die Zügel in der Hand. Offiziell oder inoffiziell. Die Einsamkeit an der Spitze resultiert aus unterschiedlichen Faktoren. Zum einen müssen sich Gewinner vom Rest der Konkurrenz abheben, andererseits gilt eine Abgrenzung nach unten, um in der Führungsrolle unangreifbar zu sein.

Das erfordert neben der interpersonellen Fähigkeiten und Fertigkeiten auch einer Menge Arbeit. Allein dieses oftmals deutlich erhöhte Mass an Anstrengung schränkt die Spitzen in der Freizeitgestaltung und Beziehungspflege deutlich ein. Ein grosser Teil der Zeit, die beispielsweise Manager in der Freizeit verbringen, gilt der Kontakt- und Netzwerkpflege. Das Treffen auf dem Golfplatz, das Essen im teuren Restaurant oder der Besuch hochkarätiger Events findet selten im Kreise der Familie statt. Meist sind es hier Geschäftspartner oder enge politische Freunde, mit denen die Zeit geteilt wird. Letztlich sind das aber keine tragfähigen Beziehungen, die für den Spitzenmann oder für die Spitzenfrau persönlich wirklich relevant sind.

Macht macht einsam

Wer Macht ausübt, hat selten wirkliche Freunde. Macht beschränkt sich hier nicht nur auf die Weisungsbefugnis, sondern oftmals wirkt sie auch direkt auf das persönliche Leben der Unterstellten. Manager haben damit eine Macht, die oftmals über das Wohl und Wehe von anderen Menschen entscheidet. Das führt dazu, dass von unten nur wenig Wahrheit und Offenheit an die Führungsspitzen herangetragen wird. Andererseits offenbaren sich Manager auch nur in den seltensten Fällen ihren Unterstellten gegenüber. Das würde als vermeintliche Schwäche verstanden und trägt selten dazu bei, die Position an der Spitze zu zementieren. Aus diesem Grund bleiben die Grossen der Wirtschaft und Politik auch oftmals unter sich oder ganz allein.

Die Konkurrenz ist immer präsent

Egal ob im Sport, in der Politik oder in der Wirtschaft – für die Erstplatzierten ist die Konkurrenz immer präsent. Deshalb gilt es, stets Spitzenleistungen zu erbringen und sich auf die eine oder andere Weise unangreifbar zu machen. Wer einmal ganz oben steht, spürt ständig den Druck von unten. Hier fällt es auch schwer, Freund und Feind voneinander zu unterscheiden. So ist es meist unabdingbar, abgegrenzt zu bleiben.

Damit werden die Kontakte erschwert und teils unmöglich gemacht. Die Beziehungen, die wirklich bestehen, sind meist nur darauf ausgerichtet, den eigenen Machterhalt zu sichern. Wie schnell scheinbar beliebte Manager allein sind zeigt sich dann, wenn sie ihre Führungsposition freiwillig aufgeben oder gezwungenermassen abgeben müssen. Dann verschwinden die ehemaligen Spitzenmanager oftmals in der Versenkung und treten kaum noch in Erscheinung.

Auch privat läuft selten alles rund

Geld und Macht sind sexy, meist aber kaum dazu geeignet, feste Beziehungen dauerhaft aufrecht zu erhalten. Menschen die im Rampenlicht der Führungsposition glänzen, wirken anziehend. Nicht nur wegen Geld und Macht, sondern meist auch wegen der ganz individuellen Ausstrahlung. Eine gute Portion Selbstbewusstsein mischt sich hier mit einer ausdrucksstarken Aura und der grossen Präsenz. Allerdings haben Geld und Macht auch ihren Preis. Der wird meist in harter, überlanger Arbeit bezahlt.


Wenig Zeit für Partner und Familie. (Bild: Robert Hoetink / shutterstock.com)


Wenig Zeit für Partner und Familie, ein ganz eigenes Selbstverständnis und das ewige Tänzeln an der Grenze zur Erschöpfung machen die Beziehungen zu nahestehenden Personen auf die Dauer schwierig und manchmal sogar unmöglich. Hier findet sich auch ein Grund dafür, warum erfolgreiche Manager in vielen Fällen mehrfach verheiratet sind oder gar keine feste Beziehung pflegen. Das Leben im Umfeld der Spitzenleute ist kein einfaches und erfordert von den Partnern oftmals eine grosse Zurücknahme der eigenen Person bis hin zur Selbstaufgabe.

Freundschaften gesucht

Nicht wenige Manager suchen verzweifelt nach echten Freunden. Oftmals wird danach schon in der eigenen Firma Ausschau gehalten. Hier misslingt die Jagd nach Freundschaften regelmässig aufgrund des Standesunterschiedes. Aber auch im sonstigen Leben wird es schwer, echte Freunde zu finden. Entweder ist das Geld des Managers wichtiger als der Mensch, der dahinter steht oder die Zeit reicht einfach nicht aus, um Freundschaften auch sinnvoll und nachhaltig zu pflegen. So kommt es meist nur zu oberflächlichen Bekanntschaften, die aufgrund fehlender Substanz den Status einer wahren Freundschaft selten erreichen.

Die Einsamkeit der Manager ist ein Faktum, das aus der öffentlichen Sicht gern ausgeblendet wird. Dabei liegen die Gründe dieses Alleinseins auch darin, das Manager oft einsame Entscheidungen treffen, die dann aber nachhaltig auf andere Menschen wirken. Änderung kaum in Aussicht. 

 

Oberstes Bild: © ollyy studio – shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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