Schreibtisch - aufgeräumt oder Zettelchaos?
VON Olaf Hoffmann Allgemein Organisation Selbstmanagement
Hauptsache die Leistung stimmt. Die lässt sich aber fast immer verbessern, wenn der Arbeitsplatz so organisiert wird, dass sinnvoll strukturiertes Arbeiten überhaupt erst möglich ist.
Nüchtern, kahl und wenig inspirierend
Oftmals sind es Unternehmen und Behörden mit stetem Publikumsverkehr, die ihren Mitarbeitern eine strikte Ordnung auf dem Schreibtisch vorschreiben. Der sollte möglichst zu jeder Zeit ausgeräumt sein, persönliche Dinge haben am Arbeitsplatz nichts zu suchen und Schmutz ist sowieso nicht drin. Der Kaffee wird gefälligst im Pausenraum getrunken, Notizzettel gehören in die Ablage und fertig bearbeitete Dokumente in den Aktenschrank. So bleibt der Schreibtisch grundsätzlich nüchtern, unpersönlich aber auch wenig einladend und noch weniger inspirierend.
Wo ist denn Meier?
Meier sitzt an seinem Schreibtisch. Vor ihm häufen sich Berge fertig bearbeiteter oder unbearbeiteter Akten, irgendwo dazwischen wackelt eine halbvolle Kaffeetasse im Takt der Schreibmaschine. Eine opulente Grünpflanze thront neben der Schreibtischlampe. Leicht angestaubt blinzeln die Rahmen der Familienfotos aus scheinbar tausenden Klebezettelchen hervor und irgendwo muss ja auch der Kugelschreiber sein.
Meier liebt sein Chaos, auch wenn er hier ständig irgendetwas suchen, umräumen oder ablegen muss. Das kostet ihm nicht nur Nerven, sondern auch jede Menge Zeit. Aber letztlich fühlt sich Meier wohl hinter seiner Barrikade aus Arbeit, zwischen Dienstlichem und Persönlichem, zwischen Nützlichem und Überflüssigem, zwischen Neuem und Altem. Nur der Chef kann Meier nicht immer gleich entdecken. Und das ist ja vielleicht auch gut so. Oder doch nicht?
Ein gesundes Mass entwickeln
Weder ein Übermass an Aufgeräumtheit noch ein wildes Chaos sind die richtigen Umgebungen für erfolgreiches schöpferisches Arbeiten. Empfehlenswert ist hier sicherlich der Mittelweg, der einen übersichtlich strukturierten Arbeitsplatz mit einer persönlichen Note und einem mehr oder wenigen grossen Quäntchen für das schöpferische Chaos verbindet.
Wieviel „Persönlichkeit“ ein Arbeitsplatz haben darf, liegt sicherlich auch im Ermessen des Chefs. In jedem Fall sollte aber das eine oder andere kleine persönliche Schmuckstück oder ein kleineres Familienbild auf dem Schreibtisch möglich sein. Wichtig für das Arbeiten ist oftmals auch ein Stückchen „Zettelchaos“. Diese Ideen- oder Aufgabensammlung auf Notizzetteln oder Haftnotizen ist nämlich durchaus auch dazu geeignet, Arbeiten zu strukturieren und Wichtiges im Auge zu behalten.
Was mit Sicherheit nicht tagelang auf dem Schreibtisch gesammelt werden muss, ist längst Erledigtes. Dafür finden sich auch andere Ablageflächen, die den Arbeitsplatz nicht auf ein Minimum reduzieren. Wer seine tägliche Arbeit gern als einen Haufen Ordner und Hefter um sich versammelt, sollte dies vielleicht auf einem Beistelltisch tun. So bleibt auf der Arbeitsfläche auch genügend Platz zum wirklichen Arbeiten. Letztlich bewegt sich ein gut organisierter Arbeitsplatz irgendwo zwischen den beiden eingangs geschilderten Extremen. In jedem Fall drücken Ordnung und Struktur auf dem Schreibtisch auch aus, wer mir da in Amtsstuben, Büros und Verwaltungen gegenüber sitzt.
Zeige mir deinen Schreibtisch und ich sage dir wer du bist
Die Abwandlung einer alten Weisheit hat gar nicht so unrecht. Das Mass an Ordnung oder Unordnung auf einem Schreibtisch kann schon viel darüber verraten, was für ein Mensch dahinter sitzt. Akribisch geordnete und eher kühl wirkende Schreibtische sind das beliebte Umfeld für Perfektionisten, die ihr Heil in der absoluten Struktur suchen. Hier ist jeder Bleistift angespitzt, Hefter, Schreibunterlagen und Blöcke sind exakt ausgerichtet und kein Stäubchen verunziert die Oberfläche. Kein Platz für kreative Ideen, sondern eher für statutengetreues Arbeiten praktisch von der Stange weg.
Finden Sie Ihr Gegenüber hinter der Unordnung auf dem Schreibtisch kaum, spricht das nicht unbedingt für einen unordentlichen Menschen, auch wenn diese Vermutung nahe liegt. Vielmehr kann es sein, dass der Arbeitsplatz von einem wahrhaft kreativen Arbeitskünstler oder einem echten Multitalent besetzt wird. Hier kommt es meist weniger auf Form, sondern vielmehr auf das besondere Ergebnis an.
Allerdings ist es meist nicht erstaunlich, dass in solchen Sammlungen von Arbeit, persönlichem Krimskram und liegengebliebener Pausenbrote ein wirklich strukturiertes Arbeiten selten möglich ist. Zücken Sie an einem solchen Platz am besten gleich Ihren eigenen Kugelschreiber, ehe der Kollege anfängt, den seinen zu suchen.
Sehr angenehm ist das Erscheinungsbild eines organisierten und trotzdem persönlich wirkenden Schreibtischs. Die kleinen Souvenirs, Fotos von der Familie oder eine kleinere Grünpflanze lockern die Atmosphäre auf und wirken immer einladend, persönlich aber auch arbeitsbereit. Arbeitsutensilien sind griffbereit und irgendwo findet sich auch ein Eckchen mit Notizen für zu erledigende Arbeiten.
Eine Umgebung also, die durchaus zum Arbeiten einlädt, dabei aber auch Raum für ein wenig Zuhausesein bietet. An einem solchen Schreibtisch arbeitet es sich recht produktiv und organisiert. Hier fühlen sich auch Gäste wohl, die weder gern auf einen Pedanten, noch auf den Schreibtisch-Chaoten treffen wollen.
Und was hier über Schreibtische geschrieben wurde, gilt auch für ganze Büros und natürlich auch für viele andere Arbeitsplätze bis hin zur Werkstatt. Nicht nur in der Schweiz.
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