Auf der Suche nach einem neuen Job an der Grenze zwischen Technologie und Marketing? Wie wäre es mit CDO?

Wirklich neue Positionen sind in den Organigrammen von Konzernen seit Jahren nicht mehr aufgetaucht. Umso faszinierender war es, als die neue Jobbeschreibung „Chief Digital Officer“, kurz CDO, in den USA zum ersten Mal die Runde machte.

Insbesondere in den Jahren 2012 bis 2013 haben sich diverse Unternehmen im deutschsprachigen Raum einen eigenen CDO geleistet. In den USA wird derweil prognostiziert, dass bis zum Jahre 2015 etwa 25 Prozent aller Firmen eine entsprechende Position einrichten werden.

Noch gibt es keine Ausbildung für diesen „Beruf“. Dies mag aber vielleicht eher ein Symptom für die Tatsache sein, dass Ausbildungen in Zukunft sowieso tendenziell durch Kompetenzen abgelöst werden – und dass Sie als CDO mehr als in den meisten Jobs auf Ihre selbstbestimmte „Lifelong Learning“-Mentalität angewiesen sind, um konkurrenzfähig zu bleiben. Ob CDO genau das richtige für Sie wäre, das beleuchtet dieser Beitrag. 


Momentan brauchen Unternehmen CDOs hauptsächlich dann, wenn der eCommerce- und Online Marketing-Anteil am Gesamtumsatz entscheidend ist. (Bild: Tim Reckmann / pixelio.de)


Momentan brauchen Unternehmen CDOs hauptsächlich dann, wenn der eCommerce- und Online Marketing-Anteil am Gesamtumsatz entscheidend ist und eine zentrale Rolle bei der weiteren Geschäftsentwicklungsstrategie spielt. Momentan nehmen die meisten CDOs noch eine Brückenposition zwischen dem Chief Information Officer (CIO) und dem Chief Marketing Officer (CMO) ein. Diese Vermittlerrolle bezieht der CDO aus der Tatsache, dass CIO und CMO sich nicht immer einig sind. Sie stehen dabei emblematisch für die oft aneinander vorbei operierenden IT- und Marketingabteilungen. Häufig beschwert sich das Marketing, die IT-Abteilung nehme ihre Belange nicht ernst genug, um sich priorisiert darum zu kümmern. Die IT beschwert sich, dass das Marketing sich nicht intensiv genug über technologische Entwicklungen auf dem Laufenden halte und sich für kreative Lösungen an externe Agenturen wende, statt intern mit der IT zusammen zu arbeiten. Der CDO ist dafür verantwortlich, diese möglicherweise gefährliche Schere zu schliessen.

Dies ist aber lediglich die Beschreibung des Status Quo, die in nicht allzuferner Zukunft nur noch von historischem Interesse sein wird. Tatsächlich ist der CDO nämlich ein Kind der Zukunft. Mit dem offensichtlich nicht enden wollenden Wachstum der Relevanz der Sozialen Medien für die Kundenbeziehungspflege und Neukundengewinnung sowie der zunehmenden Nachfrage nach Mobile Marketing wird der Technologieaspekt für Marketingabteilungen zu einem immer zentraler werdenden Thema. Dieser Anspruch ist in seiner radikalen Ausprägung für die meisten Marketingfachleute völlig neu, selbst wenn sie bereits aus einer SEO- und Facebook-infizierten Generation stammen.

Geschäftsführung und Markt verlangen Ihnen technologische Kompetenzen und Strategien ab, auf die sie schlicht nicht vorbereitet sind. Dieser Anspruch kann vom Aufbau einer integrierten Social Media Kampagne bis zur Umstellung des Kerngeschäftes auf eCommerce reichen. Es ist dieses Kompetenzvakuum, das den CDO generiert hat. Denn was CMOs zur Bewältigung ihrer neuen Aufgaben brauchen, sind keine Techniker; um Serverkapazitäten, Cloud-Outsourcing oder BigData-Management mussten sie sich noch nie kümmern.

Stattdessen brauchen Marketingabteilungen nun Unterstützung bei der technischen Frage, wohin Daten gelenkt werden sollen und wie sie dort genutzt werden können. Hier kommt der CDO ins Spiel: Er kümmert sich darum, wie die digitalen Landepunkte gestaltet werden, auf denen Umsatzgenerierung möglich wird, wie die Logistik und der Service in eine exzellente, weiterempfehlenswerte Customer-Journey eingebunden werden kann. Er hat die komplette technische Architektur vor Augen, die dem Kunden eine angenehme, digitale Kommunikations- und Konversionserfahrung überhaupt erst ermöglicht.

Doch das ist erst der Anfang. Viele Unternehmen beginnen zu realisieren, dass die oben beschriebene Brückenfunktion des CDO nur die Ouvertüre für ein viel umfassenderes Aufgabenportfolio sein wird. Allerdings gibt es auf dem Markt noch extrem wenige Individuen, die simultan mit technischem Verständnis, Online-Marketingerfahrung, Markenentwicklungs-Bewusstsein und einem intuitiven Verständnis für Kundenbedürfnisse und Verhalten ausgestattet sind. Die meisten CDO-Bewerber gehen davon aus, dass es bei dem Job lediglich um digitalisiertes Marketing und PR geht. Stattdessen sind Unternehmen auf der Suche nach strategischen Entwicklern mit einem detaillierten Verständnis für die technologisch-funktionale Implementierung von Markenentwicklungsschritten und einer erlebbaren 360-Grad-Kundenerfahrung in einer digitalen Infrastruktur.

Was bedeutet das für Ihr Persönlichkeitsprofil? Abgesehen von einem soliden IT-Durchblick müssen Sie ein tendenzieller Freigeist sein mit der Bereitschaft zu experimentieren und der Geduld für iterative Prozesse. Sie müssen datenbasierte Experimente lieben, schnell neue, marktrelevante Entwicklungen vorausahnen können und extrem kommunikations- und teamfähig sein. Digitale Integration aller Marketingprozesse bedarf eines mühelosen Navigierens zwischen Mitarbeitern, Kunden, allen Medienpartnern und dem Unternehmensportfolio selbst. Sie müssen komplexe technologische Prozesse verständlich kommunizieren können und ausserdem überzeugend, flexibel und visionär sein. Aufgrund des innovativen Charakters Ihres Jobs können die strukturellen Veränderungen, die Sie vorschlagen, einer monate-, wenn nicht jahrelangen Umsetzung bedürfen und auf erheblichen innerbetrieblichen Innovationswiderstand stossen. Hierfür müssen Sie die nötige (auch emotionale) Resilienz mitbringen.

Denn als Aufgabe kommt auf Sie nicht weniger als die (Weiter-)Entwicklung einer digitalen Strategie zu, die den kompletten IT-, Marketing und Handelsbedarf des Unternehmens integriert. Diese muss einerseits die digitale Transformation des Unternehmens derart umfassend entwerfen, dass es zukunftsorientiert und wettbewerbsfähig auf alle Herausforderungen der neuen WWW-Entwicklungen wie Mobile Marketing, virtuelle Netzwerke, neue Mitbewerber etc. reagieren kann. Andererseits muss sie die komplette digitale Kundenerfahrung an allen Kontaktpunkten mit dem Unternehmen so gestalten, dass das ganze Networking- und eCommerce-Potenzial des Internet unternehmensoptimal ausgenutzt wird.

 

Oberstes Bild: © apops – Fotolia.com

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Mehr zu Caroline Brunner

Caroline Brunner ist freiberufliche Online-Journalistin mit Fokus auf Arbeitspsychologie, Entrepreneurship, Kommunikation, Karriereplanung, Nachhaltigkeit und Verbraucherthemen.

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