Betriebliches Gesundheitsmanagement, Teil 1: Versteckte Personalkosten mit Sparpotenzial

Die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens hängt zu einem grossen Teil von seiner Kostenstruktur ab. Im Dienstleistungssektor fallen vor allem die Personalkosten stark ins Gewicht. Die Gesundheit der Mitarbeitenden ist in der Vergangenheit oft als Kostenfaktor vernachlässigt worden. Erst grössere Firmen haben erkannt, dass sich ein betriebliches Gesundheitsmanagement in mehrerer Hinsicht lohnt. In diesem Bericht gewinnen Sie einen Einblick in bis anhin wenig bekannte Personalkosten.


Dies ist ein Bericht in zwei Teilen:

Teil 1: Versteckte Personalkosten mit Sparpotenzial

Teil 2: Versteckte Personalkosten mit Sparpotenzial


Welcher Teil der betrieblichen Gesundheitskosten gehören zu den Absentismuskosten?

Nur ein Teil der Absentismuskosten sind im Rechnungswesen in der Kontengruppe 5 des Personalaufwandes enthalten. Einerseits bei den Konti „Unfallversicherung“, „Krankentaggeldversicherung“, „Löhne“ (80%-100% Lohnfortzahlung bis zum Eintreten der Versicherungsleistungen und Überstundenauszahlungen). Andererseits im Konto „Temporäre Arbeitnehmer“, sobald bei längeren krankheitsbedingten Absenzen Ersatzpersonal eingesetzt wird.

Die effektiven Absentismuskosten können nur anhand der Absenzkontrolle erhoben werden. Der Verlauf der Absenztage über mehrere Jahre gibt Aufschluss über den Gesundheitszustand der Mitarbeitenden. Um die Absentismuskosten effizient erheben und um Unfallmeldungen elektronisch übermitteln zu können, bieten die Suva und weitere Unfallversicherer eine kostenlose Software an.

Ende Jahr können so auf Knopfdruck die effektiven Absentismuskosten berechnet werden. Jedoch sind die Kosten von beispielsweise entgangenen Aufträgen oder unzufriedenen Kunden sind darin nicht enthalten und schwer zu quantifizieren.

Krankschreibung (Bild: Thorben Wengert / pixelio.de)


Was sind Präsentismuskosten?

Die Mitarbeitenden kommen zur Arbeit, obwohl sie schon oder noch krank sind oder auch mit chronischen Beschwerden arbeiten. Dies kann eine nicht auskurierte Grippe sein oder es können immer wieder auftretende Rückenschmerzen sein. Die Leistungsfähigkeit solcher Mitarbeitenden ist somit eingeschränkt. Aufgrund von Untersuchungen weiss man heute, dass dies bei jedem vierten bis fünften Mitarbeitenden der Fall ist. Diese versteckten Präsentismuskosten werden bis anhin nicht erhoben und sind darum im Rechnungswesen auch nicht ausgewiesen.

Wie hoch sind die Präsentismuskosten?

Dies wollte das Versicherungsunternehmen „Nationale Suisse“ wissen: Zusammen mit der Firma Makora AG und der Unterstützung von zwei Fachhochschulen wurde ein Team zusammengesetzt, welches wissenschaftlich erhob, wie hoch die gesamten betrieblichen Gesundheitskosten sind. Die Studie ging ebenfalls der Frage nach, ob sich Investitionen in ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) für das Unternehmen finanziell lohnt. Zudem wurde untersucht, mit welchen Gesundheitsmassnahmen der grösste Nutzen erzielt werden kann. Mehr als 650 Mitarbeitende beteiligten sich von 2008 bis 2009 an der Studie. Neu war, dass neben den Absentismuskosten auch die Präsentismuskosten erhoben wurden. Mittels vertraulichen Internetbefragungen der Mitarbeitenden und der anonymisierten Daten konnten konkrete Massnahmen umgesetzt werden.

Die wichtigsten Kostentreiber bei Nationale Suisse waren Führung, Stress und Rückenbeschwerden. Dadurch wurden gezielte Investitionen in die Führungsschulung, Prozessoptimierungen zur Stressverminderung und in ergonomisch bessere Arbeitsplätze getätigt.

Die gesamten betrieblichen Gesundheitskosten (Absentismus- und Präsentismuskosten) haben bei der Nationale Suisse rund 12 Mio. Franken betragen, was 5 Prozent der gesamten Personalkosten entsprach. Unerwartet war, dass die Präsentismuskosten über 60 Prozent betrugen und damit deutlich höher sind als die bis anhin bekannten Absentismuskosten. Durch die getroffen Massnahmen, welche rund 0.5 Mio. Franken gekostet haben, konnte die Nationale Suisse bereits im ersten Jahr 10 Prozent respektive 1.3 Mio. Franken an den gesamten Gesundheitskosten einsparen.

Das entspricht einem Return on Investment (ROI) von Fr. 2.50 für jeden in die Massnahmen investierten Franken. entspricht. Durch die Umsetzung von nachhaltigen Massnahmen kann auch in den weiteren Jahren mit Einsparungen gerechnet werden, wodurch sich der ROI noch steigert.



Können sich KMU betriebliches Gesundheitsmanagement überhaupt leisten?

Die Frage müsste eher umgekehrt lauten: Welcher Betrieb kann es sich im heutigen wirtschaftlichen Umfeld noch leisten, kein betriebliches Gesundheitsmanagement zu betreiben und mit kleinen Investitionen hohe Kosteneinzusparen? Gerade ein KMU mit nur wenigen Mitarbeitenden ist bei einem Arbeitsausfall und bei verminderter Leistungsfähigkeit einzelner Mitarbeiter stärker betroffen als ein Grossbetrieb. Ein Grund für das fehlende Bewusstsein ist möglicherweise, weil das Buchhaltungskonto „Präsentismuskosten“ fehlt.

Welches sind die häufigsten Gesundheitsbeschwerden?

Die häufigsten chronischen Gesundheitsbeschwerden betreffen unseren Bewegungsapparat. Laut regelmässiger Gesundheitserhebungen des Seco haben sich allein die Rückenbeschwerden der arbeitenden Bevölkerung innert 20 Jahren von 13% auf 41% verdreifacht. Der harte und flache Alltagsboden und der zunehmende Arbeitsdruck haben mitunter zu dieser Verschlechterung beigesteuert. Systematisches BGM trägt dazu bei, dass die Arbeitsfähigkeit von älteren und erfahrenen Mitarbeitenden auf hohem Niveau erhalten bleibt.

Artikel von: artax Fide Consult AG / Mitglied von Morison International / www.artax.ch / Gastbeitrag von Franz Amann, MBT Shop Basel AG

 

Oberstes Bild: Rückenschmerzen – eine der häufigsten Gesundheitsbeschwerden (Bild: © Picture-Factory – Fotolia.com)

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