Die grössten Missverständnisse im Arbeitsrecht

Sobald Sie als Unternehmerin oder Unternehmer Arbeitnehmende beschäftigen, sind Sie in beinahe täglichem Kontakt mit dem Arbeitsrecht und seinen Tücken. Um die geläufigsten Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen, möchten wir mit diesem Bericht einige Missverständnisse, denen wir in der Praxis immer wieder begegnen, richtigstellen:

1. Wir schliessen mit unseren Arbeitnehmern befristete Dreimonatsverträge und verlängern diese dann jeweils, so müssen wir nie kündigen.

Solche „Kettenarbeitsverträge“ sind nur in Ausnahme fällen zulässig. Unzulässig sind sie dann, wenn es für die jeweils befristeten Arbeitseinsätze keinen sachlichen Grund gibt oder dadurch gesetzliche Ansprüche der Arbeitnehmenden vereitelt werden sollen, wie zum Beispiel der Kündigungsschutz. In diesem Fall würde ein Gericht das Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes uminterpretieren.

Auf jeden Fall gilt: Werden mehrere befristete Verträge aneinandergereiht, entsteht nicht jedes Mal ein neues Arbeitsverhältnis. Die Gesamtdauer der Verträge ist zu berücksichtigen, wenn es um die Ansprüche des Arbeitnehmers geht, die von den Dienstjahren abhängen, so etwa die Lohnfortzahlung bei Krankheit.

2. Anlässlich der Beförderung unserer Mitarbeiterin schliessen wir mit ihr einen neuen Vertrag mit einer neuen Probezeit ab.

Eine Probezeit, welche maximal drei Monate dauern darf, gibt es nur zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses. Bei Beförderung oder Versetzung im gleichen Betrieb oder auch bei einem Übergang der Firma auf einen neuen Besitzer gibt es keine neue Probezeit. Rechtlich wird auch kein neuer Vertrag abgeschlossen, sondern der bestehende in gegenseitigem Einvernehmen geändert. Ist die Beförderung mit einer Lohnerhöhung verbunden, kann diese Vertragsänderung sogar stillschweigend erfolgen, da die Situation der Arbeitnehmerin verbessert wird und man bei dieser Ausgangslage von ihrem Einverständnis ausgeht. Eine solche Änderung kann sofort in Kraft treten.

3. Wir haben einen neuen Mitarbeiter eingestellt und entscheiden am Ende seiner Probezeit darüber, ob wir ihn fest anstellen.

Wird ein Mitarbeiter unbefristet angestellt, gilt er ab dem ersten Tag seiner Anstellung als fest angestellt. Die Probezeit wirkt lediglich als verkürzte Kündigungsfrist. Wird nicht explizit gekündigt, läuft die Probezeit ab und das Arbeitsverhältnis läuft weiter. Ist nichts anderes schriftlich vereinbart, gilt der erste Monat eines neuen Arbeitsverhältnisses als Probezeit. Während dieser Zeit gilt für Sie als Arbeitgeber wie für Ihren Arbeitnehmer eine verkürzte Kündigungsfrist von sieben Tagen (auf einen beliebigen Wochentag). Diese Frist gilt auch dann noch, wenn die Kündigung am letzten Tag der Probezeit beim Empfänger eintrifft.


Bei jedem unterzeichneten Arbeitsvertrag entsteht ein neues Arbeitsverhältnis (Bild: Alexander Klaus / pixelio.de)


4. Wir sind der Ansicht, dass nicht bezogene Ferien am Jahresende verfallen. Selber schuld, wenn der Mitarbeiter seine Ferien nicht bezieht.

Die Ferienzuteilung liegt in Ihrer Verantwortung als Arbeitgeber. Somit sind auch Sie verantwortlich, wenn Ihre Mitarbeiter nicht alle Ferientage beziehen. Grundsätzlich gilt: Ferien sind in der Regel im laufenden Dienstjahr zu gewähren. Es trifft aber nicht zu, dass Ferien verfallen, die nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bezogen wurden. Der Ferienanspruch ist ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis, d.h. die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, wobei die ältesten Ansprüche zuerst aufgebraucht werden.

5. Unsere Mitarbeiterin hat den Antrag gestellt, dass ihr die Ferien ausbezahlt werden. Dürfen wir diesem Wunsch nachkommen?

Nein, es ist nicht erlaubt, Ferienguthaben finanziell abzugelten. Nur wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Ferienbezug nicht mehr möglich ist, dürfen die restlichen Urlaubstage ausbezahlt werden. Somit ist die Auszahlung von Ferien während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht zulässig.

Wird gegen das Abgeltungsverbot verstossen, gelten die Ferien als nicht abgegolten. Das heisst, der Arbeitnehmer kann die Ferien nochmals einfordern, oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitgeber die bereits ausbezahlten Ferien ein weiteres Mal bezahlen.

6. Wenn uns einer unserer Mitarbeiter verlässt, darf dieser nach seinem Austritt aus unserem Unternehmen generell während fünf Jahren nicht in derselben Branche arbeiten.

Ein solches Verbot schränkt Arbeitnehmer stark ein und ist nur unter strengen Voraussetzungen gültig; so ist das Konkurrenzverbot nur bei Angestellten mit Einblick in Kundendaten und Fabrikationsgeheimnissen möglich. Zudem ist es in zeitlicher, örtlicher und sachlicher Hinsicht zu begrenzen. Schliesslich muss die Beschränkung angemessen sein und darf das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht verunmöglichen.

Die obengenannte generelle Regel geht in jedem Fall zu weit. Sie riskieren bei einer zu weiten und undifferenzierten Formulierung, dass das Gericht das Verbot begrenzt oder dass das Konkurrenzverbot gänzlich für formungültig erklärt wird. Ein Konkurrenzverbot fällt dahin, wenn der Arbeitgeber kündigt, ohne dass die Arbeitnehmerin dies verschuldet hat oder wenn sie selbst kündigt, aus einem Anlass, den der Arbeitgeber zu vertreten hat.

7. In unserem Betrieb wird keine Zeiterfassung geführt. Somit kann es doch auch keine Überstunden geben, oder?

Die Zeiterfassung entfaltet lediglich eine Beweiskraft. Wird in Ihrem Betrieb keine offizielle Zeiterfassung gepflegt, können eigene Aufzeichnung Ihrer Angestellten nicht widerlegt werden und sind somit glaubwürdig. Somit kann es sein, dass Sie sich bei einem allfälligen Ausscheiden Ihres Mitarbeiters mit happigen Überstundenauszahlungen konfrontiert sehen.

Handlungsbedarf

Sind sie bei einem der obengenannten Beispiele immer noch unsicher oder benötigen Sie in einem anderen Bereich des Arbeitsrechts juristischen Rat, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Das Juristenteam der artax Fide Consult AG steht Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.

Artikel von: artax Fide Consult AG / Mitglied von Morison International / www.artax.ch

 

Oberstes Bild: Arbeitgeber sind im täglichen Kontakt mit dem Arbeitsrecht (Bild: © rcx – Fotolia.com)

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